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Im Rausch der Freiheit

Im Rausch der Freiheit

Titel: Im Rausch der Freiheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Edward Rutherfurd
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zog mein Hemd wieder an, verneigte mich vor ihr und ging.
    *
    Und so kam es, dass ich 1705, im Alter von ungefähr fünfundfünfzig Jahren, endlich die Freiheit erlangte. Alles lief, wie ich es mir erhofft hatte. Jan war freundlich zu mir und half mir, auf der Queen Street, in einem guten Viertel, ein Ladenlokal zu mieten, und er zeigte mir, wie ich die besten Waren kaufen konnte; und Juffrouw Clara schickte mir so viele Kundinnen, dass ich alle Hände voll zu tun hatte. Ich beschäftigte nicht nur die kleine Rose, bald hatte ich auch zwei weitere Mädchen in ihrem Alter. Da sie jung waren, brauchte ich ihnen nicht viel zu zahlen, aber sie waren froh über die regelmäßige Arbeit, und schon bald verdiente ich gutes Geld.
    Und daraus – und aus alldem, was zuvor geschehen war – lernte ich, dass es sich vielfach auszahlen kann, den Menschen das zu geben, was sie brauchten.
    Im Jahr darauf starb Lady Katherine Cornbury, was mir sehr leidtat. Und im folgenden Jahr verlor die Partei Seiner Lordschaft in London die Macht. Sobald sie davon erfahren hatten, schickten alle Feinde Seiner Lordschaft in New York dringende Botschaften nach London mit der Bitte, Seine Lordschaft aufgrund seiner vielen Schulden seines Amtes zu entheben. Sie erzählten außerdem, er gehe in Frauenkleidern, denn auch diese Gerüchte wurden immer lauter – obwohl ich nie ein Wort darüber fallen ließ. Sie warfen Seine Lordschaft sogar ins Schuldgefängnis.
    Zu seinem Glück starb sein Vater, und er wurde Earl von Clarendon, womit er, als Peer von England, nach englischem Recht nicht strafrechtlich verfolgt werden konnte – was, wie ich finde, ein ziemlich geschickter Trick ist. Inzwischen ist er wohlbehalten wieder nach England zurückgekehrt.
    Jan und Juffrouw Clara fuhren fort mir zu helfen, ließen es mich wissen, wenn Ladungen von Seidenstoffen im Hafen eintrafen, und halfen mir, einzelne Waren zum Selbstkostenpreis zu beziehen. Deswegen überraschte es mich nicht, als ich, kurz nach der Abreise Seiner Lordschaft nach England, die Nachricht erhielt, Jan habe etwas für mich, wenn ich noch am selben Tag zu ihm nach Haus käme.
    Als ich eintraf, war Juffrouw Clara zufällig ebenfalls da, und wir gingen in die Stube.
    »Ich habe etwas gekauft, was dich interessieren könnte, Quash«, sagte Jan. »Und Clara glaubt ebenfalls, dass es dir gefallen könnte.«
    Ich wusste, dass sie ein gutes Auge hatte, deswegen war ich neugierig zu sehen, um was es sich handelte.
    »Bitte schön, da ist es«, sagte er. Und ich hörte, wie sich die Stubentür öffnete, und drehte mich um. Und da kam mein Sohn Hudson hereinspaziert.
    »Der Kapitän eines von Mr Masters Kaperschiffen hat ihn unten in Jamaika von einem Schiff losgekauft«, erklärte Jan. »Willst du ihn haben?«
    Hudson sah unglaublich gut und stark aus, und er lächelte. Und ich glaube, Juffrouw Clara lächelte ebenfalls, oder vielleicht weinte sie auch; aber ich bin mir nicht sicher, denn plötzlich waren meine Augen voller Tränen, und da konnte ich nicht mehr so gut sehen.
    Erst nachdem wir uns umarmt hatten, musste ich mich vergewissern, dass ich richtig verstanden hatte.
    »Dann gehört Hudson jetzt also …?«
    »Hudson ist frei«, sagte Juffrouw Clara. »Wir haben ihn gekauft, und jetzt schenken wir ihn dir.«
    »Er ist also frei«, sagte ich, und ein, zwei Sekunden lang brachte ich kein Wort heraus.
    Doch dann – ich weiß nicht, warum – wurde mir bewusst, dass ich nicht zufrieden war. Ich wusste, dass sie es mit mir und Hudson gut meinten. Ich wusste ebenso durch alles, was ich selbst erlebt hatte, dass dieser Handel mit Menschen, mit dem sich Mr Master befasste, eine entsetzliche Sache war. Tief in meinem Herzen war ich der Überzeugung, dass weder er noch sonst ein Mensch Eigentümer eines anderen sein sollte – und wenn er auch nur einen einzigen Sklaven aus der Hand gab, umso besser. Und ich wusste, dass ich mir Hudsons Freiheit noch sehnlicher wünschte, als ich mir je meine eigene gewünscht hatte. Doch trotz all dieser Überlegungen merkte ich, dass ich mit dieser Transaktion nicht zufrieden war.
    »Ich danke Ihnen für Ihre Güte«, sagte ich zu Mr Master. »Aber ich bin sein Vater, und ich würde meinen Sohn gern freikaufen.«
    Ich sah, wie Jan Juffrouw Clara einen Blick zuwarf.
    »Er hat mich fünf Pfund gekostet«, sagte er. Ich war mir sicher, dass das ein viel zu niedriger Betrag war, doch ich sagte, die solle er haben, und noch an demselben Abend gab ich ihm den ersten Teil

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