Im Rausch der Freiheit
Gründen ein Feuer ausgebrochen, und das Fort war bis auf die Grundmauern niedergebrannt. Niemand wusste, wer das Feuer gelegt hatte. Genau eine Woche später brach ein weiterer Brand aus. Sieben Tage darauf ging van Zants Lagerhaus in Flammen auf.
Es war eindeutig Brandstiftung. Aber was wurde damit bezweckt? Es hatte auch Diebstähle gegeben. Legten die Einbrecherbanden in der Stadt Brände, um von ihren Aktivitäten abzulenken? Oder konnten die Papisten dahinterstecken? England führte wieder einmal Krieg gegen das katholische Spanien, und der größte Teil der im Fort stehenden Garnison war ausgeschickt worden, das spanische Kuba anzugreifen. Stifteten spanische Jesuiten gezielt Unruhe in den britischen Kolonien? Die Brände mehrten sich.
Und dann wurde ein schwarzer Sklave namens Cuffee aufgegriffen, wie er von einem brennenden Gebäude wegrannte.
Ein Sklavenaufstand: der Albtraum jedes Sklavenhalters in den Kolonien. Die Stadt hatte 1712 einen erlebt – der zwar schnell niedergeschlagen worden war, aber solange er dauerte, für Entsetzen gesorgt hatte. In jüngerer Vergangenheit hatte es Revolten auf den westindischen Plantagen und in Carolina gegeben, und erst vergangenes Jahr versuchten Horden von Schwarzen, Charleston niederzubrennen.
Als also der Kriminalrichter die Untersuchung übernahm, hatte sich sein Verdacht schon bald auf die Neger gerichtet. Und es dauerte nicht lange, bis eine verwahrloste Schenke seine Aufmerksamkeit erregte, die von einem Iren, der nebenbei als Hehler arbeitete, geführt und von Negern frequentiert wurde.
Schon bald zeigte sich die Kneipenhure gesprächig. Man bot Geld für Zeugenaussagen an, und die ließen nicht lange auf sich warten.
Es gab eine einfache Methode, Sklaven zu einem Geständnis zu bewegen: an einem öffentlichen Platz Reisigbündel aufschichten, den Neger daraufstellen, den Reisighaufen anzünden und Fragen stellen. Schon bald wurden Sklaven angeschuldigt und – selbst die Sklaven achtbarer Bürger – nach dieser Methode vernommen. Zwei Sklaven, von denen einer dem Schlachter John Roosevelt gehörte, lieferten auf dem brennenden Scheiterhaufen die erwünschten Geständnisse und begannen in der Hoffnung, doch noch ungeschoren davonzukommen, weitere angebliche Aufrührer zu nennen. Auf diese Weise kamen im Handumdrehen fünfzig Namen zusammen; der Kriminalrichter wollte sie eigentlich zum Dank für so wertvolle Zeugenaussagen verschonen; aber die Volksmenge, von ihren verirrten Leidenschaften hingerissen, drohte selbst zu revoltieren, sollte ihr der Anblick bratender Schwarzer versagt werden.
Inzwischen war also das Werk der Gerechtigkeit in vollem Gange. Anschuldigungen kamen in rascher Folge und zuhauf. Jeder Schwarze, der etwas auch nur annähernd Verdächtiges tat, wurde ins Gefängnis geworfen. Gegen Ende Mai saß bereits fast die Hälfte der männlichen Neger der Stadt hinter Gittern und wartete darauf, wegen was auch immer angeklagt zu werden.
*
John Master sah den indianischen Gürtel nachdenklich an. Er hatte diesen Gürtel immer schon – seit seiner Kindheit – gemocht. »Es war der letzte Wunsch meines Großvaters van Dyck, dass ich diesen Gürtel bekommen sollte«, hatte sein Vater ihm oft erzählt. »Er hat ihm viel bedeutet.« Als also sein Vater ihn ihm zu seinem einundzwanzigsten Geburtstag mit den Worten schenkte: »Möge er dir Glück bringen«, war John gerührt und bewahrte ihn seitdem in seinem großen eichenen Kleiderschrank auf. Manchmal holte er ihn hervor und betrachtete die hübschen Muster aus Wampum-Schnecken, doch dass er ihn anlegte, kam nur selten vor. Dieser Abend war allerdings ein besonderer Anlass. Und er hoffte, der Gürtel würde ihm Glück bringen.
Heute würde er Mercy Brewster bitten, seine Frau zu werden.
In den vergangenen fünf Jahren hatte der junge John Master eine bemerkenswerte Wandlung durchlaufen. Ohne etwas von seiner Schönheit einzubüßen, war er in die Breite gegangen und hatte eine imposante, stämmige Gestalt angenommen und er hielt sich nicht mehr für wertlos. Der Besuch seines Bostoner Cousins hatte sich als ein Wendepunkt erwiesen. Am Morgen nach dem beschämenden Zwischenfall mit Kate hatte er seinen Vater zum ersten und einzigen Mal wirklich wütend erlebt, und das war eine heilsame Erfahrung gewesen, die ihn so sehr mitnahm, dass er von da an versuchte, sich zusammenzureißen. Mit neu erwachter Entschlossenheit hatte er sich der einzigen Sache verschrieben, für die er Talent zu haben
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