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Im Reich der Löwin

Im Reich der Löwin

Titel: Im Reich der Löwin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Silvia Stolzenburg
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furchtbar zu bestrafen, wenn er nicht von mir ablässt«, gestand sie mit bebender Stimme, während Tränen in ihre Augen traten. »Aber ich weiß nicht, wie ich ohne ihn leben soll!« Nur mit Mühe gelang es ihr, die Fassung zu bewahren, da sich in diesem Moment Aliénor von Aquitanien zu ihnen umwandte und ungehalten rief: »Wo bleibt Ihr denn?«

Die Normandie, Louviers, 13. Januar 1196
     
    »Alle Hafenstädte sowie die gesamte Normandie mit Ausnahme des Vexins gehören zukünftig wieder dem Machtbereich des englischen Königs, Richard Löwenherz, an. Das Berry und die Grafschaft Auvergne bleiben im Besitz des englischen Königs. Die bestehenden Machtverhältnisse werden mit diesem Friedensvertrag zwischen Philipp II. von Frankreich und Richard Coeur de Lion bis zur Erneuerung des Friedens im Juni des Jahres AD 1196 festgeschrieben. Zudem wird mit diesem Vertrag die Thronfolge auf Arthur Plantagenet festgeschrieben.«
     
    Mit steinerner Miene unterzeichnete Philipp von Frankreich das ihm vorliegende Dokument, um es daraufhin dem Ritter der englischen Krone auszuhändigen, der es seinem Lehnsherrn ebenfalls zur Unterschrift vorlegte. Obwohl er einen erheblichen Gebietsverlust zu verschmerzen hatte, erfüllte ihn die zwischen den Zeilen lesbare Implikation des unwiderruflichen Verzichtes Richards auf das normannische Vexin – dem eine Schlüsselstellung in der Verteidigung des Landes zukam – mit Zufriedenheit. Denn der Wert dieses Streifens wog den der anderen Gebiete mehr als auf. Auch ließ ihn ein Blick auf den mit eingezogenen Schultern in zweiter Reihe stehenden John Lackland innerlich frohlocken. Der offenbar nicht beizulegende Geschwisterzwist zwischen den beiden Sprösslingen Henrys II. ließ ihn hoffen, dass die Kampfhähne ihm mit ihren gegeneinander gerichteten Intrigen einen Großteil der Arbeit und Kosten abnehmen würden. Wie er den englischen Prinzen kannte, würde er sich nicht so einfach von einem seiner beiden Neffen verdrängen lassen. Weshalb Philipp darauf bestanden hatte, die Klausel der Thronfolge mit in den Vertrag aufzunehmen. Warum nicht die Gelegenheit beim Schopfe packen und noch mehr Zwietracht im englischen Lager säen? Löwenherz so gut als möglich ignorierend, erhob er sich schließlich aus dem Lehnsessel in der Halle der Festung von Louviers, nachdem er die ihm zustehende Abschrift des Dokumentes einem seiner Männer übergeben hatte. Mit einem knappen Kopfnicken verabschiedete er sich von den Anwesenden, bedachte im Hinausgehen den Erzbischof Walter von Rouen mit einem schwer zu deutenden Blick und schritt die breiten Stufen in den Hof hinab, um den Fuß in den von seinem Knappen gehaltenen Steigbügel zu setzen. Mit einem stolzen Zurückwerfen des Kopfes folgte sein Rapphengst dem Druck der Fersen seines Herrn und – an der Spitze seines imposanten Gefolges – preschte der französische König durch die schwer bewachten Tore in Richtung Paris davon.
    Wenngleich er sich vor der Begegnung mit Löwenherz gescheut hatte, war sie weniger demütigend verlaufen als befürchtet, da der widerspenstige Bischof von Rouen dafür gesorgt hatte, dass der Zorn der beiden Herrscher kurzfristig in eine neue Richtung gelenkt worden war. Mit hochrotem Kopf hatte der streitsüchtige Kirchenmann den beiden Königen damit gedroht, ihre Ländereien mit dem Interdikt zu belegen, wenn sie es in Zukunft nicht unterließen, seine Kirchen und Klöster zu zerstören und die Ernten seiner Bauern zu vernichten. Zwar hatte Richard ihm eine Zahlung von 2 000 Silbermark angeboten, um den Schaden zu begleichen. Doch der Bischof hatte mit der Forderung abgelehnt, dass eine Klausel in den Friedensvertrag aufgenommen werden müsse, die beiden Monarchen untersage, sich an der strategisch günstig gelegenen, für ihn jedoch höchst profitablen Zollstation von Les Andelys zu vergreifen. Da er an dieser – lediglich 20 Meilen von seiner Hauptfestung Gisors entfernten – Klippe in der Mitte des Seine-Knies nicht im Geringsten interessiert war, hatte Philipp nicht gezögert, der Forderung zuzustimmen. Diese schien allerdings seinem Gegner Kopfschmerzen zu bereiten, was man deutlich an Richards Miene hatte ablesen können. Philipp konnte es nur recht sein, wenn dieser Teil der Seine unantastbar war für den Engländer, da es ihm so noch schwerer fallen würde, Gisors zurückzuerobern. Mit einem energischen Hieb seines Zügels trieb er seinen Hengst zu mehr Eile an. Immerhin hatte er vor, noch vor Einbruch der Nacht

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