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Im Reich der Löwin

Im Reich der Löwin

Titel: Im Reich der Löwin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Silvia Stolzenburg
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zugebracht, da sie sich an der Seite ihres Gemahls, dem geächteten Robin Hood, stets auf der Flucht vor den Schergen John Lacklands befunden hatte. »Ich weiß«, erwiderte sie. »Der Haushalt allein ist nicht gerade die Erfüllung«, setzte sie scherzend hinzu. »Die meiste Arbeit werden dir ohnehin der Steward und die Köchin abnehmen.« Ein unwilliger Aufschrei der kleinen Aliénor lenkte sie einen Augenblick ab. William hatte dem kleinen Mädchen in den Finger gebissen, den er allerdings sofort tröstend in den Mund stopfte, um sie zum Schweigen zu bringen.
    »Die Kinder werden dich auf Trab halten«, schmunzelte Marian. »Wie gesagt, du wirst genug um die Ohren haben.« Eine Zeit lang schwiegen die beiden jungen Frauen – vertieft in den Anblick der Zwillinge, die dazu übergegangen waren, sich gegenseitig die Haare zu raufen. »Es ist beinahe so, als stünde das Leben still, wenn Harold nicht da ist«, stellte Catherine schließlich fest und steckte eine der dunkelblonden Locken hinter ihr rechtes Ohr, die sich allerdings kurz darauf erneut widerspenstig hervorkräuselte. Marian lachte. »Das Gefühl kenne ich«, erwiderte sie. »Die Zeit, als Robin ohne mich im Sherwood Forest war …« Ihr Blick schweifte gedankenverloren in die Ferne. »Aber dieses Mal ist es anders«, sagte sie schließlich. »Dieses Mal ist es eine ganze Armee. Ich bin sicher, Philipp von Frankreich kapituliert, sobald er unsere Männer sieht!« Catherine verzog den Mund. Das hoffe ich!, dachte sie. Je schneller, desto besser!

Deutschland, Speyer, April 1194
     
    »Was glaubst du, wie lange wir noch hier bleiben müssen?« Mit einem gelangweilten Achselzucken spielte der neunzehnjährige welfische Prinz Otto mit dem abgebrochenen Kopf des geschlagenen schwarzen Springers und versetzte nach einem Blick auf seinen Bruder Wilhelm gleichgültig: »Das kommt ganz darauf an, wann Kaiser Heinrich endlich zu dem geplanten Feldzug nach Sizilien aufbricht.« Behutsam stellte er die kostbar geschnitzte Figur, deren Hals er unachtsamerweise zerbrochen hatte, auf den Tisch neben das Schachbrett und erwiderte den Angriff des Jüngeren mit einem gekonnten Zug gegen dessen Dame. Versonnen strichen die blauen Augen über das schwarz-weiß gemusterte Brett, auf dem lediglich noch eine Handvoll Figuren um ihr Überleben kämpften. Die dichten blonden Brauen und das tiefe Grübchen, das sein Kinn teilte, verliehen dem hochgewachsenen jungen Mann ein verwegenes Aussehen. »Es ist stinklangweilig hier!«, beklagte sich Wilhelm mit einem ärgerlichen Blick auf die aussichtlose Situation, in die er sich manövriert hatte, ehe er seinen König gereizt umwarf und sich erhob, um die klammen Hände am Kamin zu wärmen. Otto seufzte, schob das Spiel von sich und streckte gähnend die Beine aus. Nachdem er den schmalen Rücken seines Bruders einige Augenblicke lang schweigend betrachtet hatte, rückte auch er gemächlich den Schemel zurück und trat zu Wilhelm, um ihm die Hand auf den knochigen Rücken zu legen. »Das Lösegeld für uns ist auf dem Weg«, bemerkte er beschwichtigend. »Du brauchst dir keine Sorgen zu machen.«
    Das Ganze war ohnehin nur eine Farce, derer sich der deutsche Kaiser bediente, um den Vater der beiden Welfen, Heinrich den Löwen, sowie deren Onkel, Richard Löwenherz, zu demütigen. Zornig runzelte Otto die Stirn, als er sich an die Schadenfreude auf Kaiser Heinrichs Miene erinnerte, mit der dieser die beiden Welfenprinzen bei ihrer unfreiwilligen Ankunft in Speyer begrüßt hatte. Noch lange war der Groll nicht begraben, der ihren Vater und das Staufergeschlecht entzweit hatte. Dem rachsüchtigen Stauferkaiser war es gerade recht gekommen, dass die beiden jungen Männer durch ihre Mutter, Richards Schwester Mathilde, mit dem englischen König verwandt waren. So hatte er ihre Namen ganz oben auf die Liste der zu stellenden Geiseln setzen können, die Richard den Weg in die lang ersehnte Freiheit geebnet und den noch ausstehenden Teil des wahrlich königlichen Lösegeldes garantiert hatten. »William Longchamp ist mit dem Silber bereits in Deutschland«, informierte Otto den niedergeschlagenen Wilhelm. »Und sobald der Kaiser sein Heer ausgerüstet hat, wird er nach Messina aufbrechen.« Er zögerte einen kaum wahrnehmbaren Augenblick, bevor er hinzufügte. »Dann hat er sein Ziel erreicht und keine Verwendung mehr für uns.« Jedenfalls hoffte er das!

England, Winchester, 16. April 1194
     
    »Ich hatte schon befürchtet, wir würden

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