Im Reich der Löwin
unter ihnen brachen, bevor er mit einem unverständlichen Fluch auf den Lippen auf dem Absatz kehrtmachte und den Zinnen den Rücken zuwandte. Eine eisige Bö fuhr dem beklommenen Guillaume in den Nacken, und er fröstelte. Mit zitternden Fingern zog er den schweren Umhang enger um die Schultern und folgte dem leise vor sich hin schimpfenden John ins Innere des auf eine angenehme Temperatur aufgeheizten Gemäuers, über dessen Zinnen das Banner des Prinzen im Sturm flatterte. Vor zehn Tagen war Richard Löwenherz in England gelandet, wo nur noch drei Festungen John die Treue hielten. Was würde geschehen, wenn diese fielen? Wenn er an die Folgen dachte, die für ihn und Lackland daraus entstehen konnten, lief ihm ein Schauer der Furcht über den Rücken.
England, Leicester, 23. März 1194
Ermattet ließ sich Harold of Leicester in die strohgestopften Kissen fallen und wartete darauf, dass sich sein hämmernder Herzschlag beruhigte. Leise lachend kuschelte sich seine junge Gemahlin Catherine an seine Schulter und schlang mit einem Funkeln in den Augen die Arme um ihn. Ihre durch die Schwangerschaft schwerer gewordenen Brüste ruhten warm und weich an seiner Seite. Und als sie eine ihrer dunkelblonden Locken ergriff und begann, ihn damit am Hals zu kitzeln, drehte er sich mit einem breiten Grinsen um und wälzte sich gespielt ungestüm auf sie. Ihr köstlicher Schmollmund, der ihn vom ersten Augenblick an verzaubert hatte, öffnete sich zu einem schelmischen Lächeln und gab den Blick frei auf zwei Reihen kleiner, makellos weißer Zähne. »Du denkst doch nicht etwa, dass ich dich so leicht davonkommen lasse?«, neckte sie und küsste ihn sanft auf den energischen Mund. Während die Zungen der beiden Liebenden einen beinahe trunkenen Tanz vollführten, stahl sich ihre Hand an seiner Seite hinab und legte sich heiß auf eine seiner Hinterbacken. Dann fuhr sie die Vertiefung an seiner Flanke entlang, ließ die Fingerspitzen über seinen Lendenbereich gleiten und schob sie zwischen ihre beiden Körper, um seine bereits wieder zum Leben erwachte Männlichkeit fest zu umschließen.
»Oh, Catherine«, murmelte Harold, der sich ein wenig zur Seite rollte, um sie zu liebkosen. »Ich liebe dich so sehr!« Langsam, beinahe genüsslich wanderte er mit der Linken weiter nach unten und fand, wonach er gesucht hatte. Als Catherine den Kopf zurücklegte, grub er sanft die Zähne in ihre Kehle, zupfte mit den Lippen an der zarten Haut und setzte den Weg fort bis hin zu ihrer Brust, die er mit der Zunge umfuhr, bis sie ihre Lust nicht mehr zügeln konnte und ihn voller Ungeduld in sich hinein dirigierte. Während die Morgendämmerung die ersten Schatten auf die Wände ihres Gemaches zeichnete, gaben sie sich ein weiteres Mal dem Liebesspiel hin, bis Harold schließlich mit einem bedauernden Seufzen die Laken zurückschlug und die nackten Füße auf den Boden setzte. »Ich wünschte, du müsstest nicht schon wieder fort«, stellte Catherine niedergedrückt fest, schlang die dünne Decke um sich und trat auf eine der beiden Waschschüsseln zu, die eine gewissenhafte Bedienstete am vergangenen Abend mit duftendem Rosenwasser gefüllt hatte. »Ich kann mich gar nicht an den Gedanken gewöhnen, länger als nur ein paar Tage von dir getrennt zu sein.« Ihre meergrünen Augen glänzten feucht im Licht der Kerze, die Harold an der immer noch leise glimmenden Glut im Kamin entzündet hatte. Vor beinahe drei Jahren war sie im Gefolge Berengaria von Navarras, der spanischen Gemahlin von Richard Löwenherz, in Messina zu dem Kreuzfahrerheer gestoßen, dem auch Harold of Huntingdon angehört hatte. Seither hatte das Paar den ungewöhnlichen Luxus genossen, trotz des Krieges die meiste Zeit Seite an Seite verbringen zu können. »Es wird nicht lange dauern«, versuchte Harold, sie zu trösten. » Nottingham Castle ist keine zwei Tagesritte von hier entfernt. Und wenn die Besatzung der Garnison Richard in voller Rüstung zu Gesicht bekommt, wird sie sicherlich kampflos die Waffen strecken und sich ergeben.« Wenigstens war das die Annahme der königlichen Truppen, die derzeit auf Huntingdon weilten.
Ohne Unterlass war der erst vor Kurzem aus der Geiselhaft in Deutschland freigekaufte englische König mit einer stetig anwachsenden Streitmacht zu Harold nach Huntingdon geeilt, um seinen jüngsten Earl um Männer und Waffen zu bitten. Natürlich hatte Harold seinem Lehnsherrn die gewünschte Unterstützung mit freudiger Begeisterung zugesichert.
Weitere Kostenlose Bücher