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Im Reich des Vampirs

Im Reich des Vampirs

Titel: Im Reich des Vampirs Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karen Marie Moning
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zu viel erlebt. Später erfuhr ich, dass ich siebenundzwanzig Stunden durchgehalten hatte. Erst die Begegnung mit dem Jäger, dann die Entdeckung, dass mein Gespenst nicht nur real, sondern eine größere Bedrohung als die teuflischen Unseelie war. Der Kerker, die Folter und die Nähe des Todes und schließlich die Rettung; die grausige lebendige Mahlzeit, durch die ich Superkräfte und Macht erhalten hatte, der Kampf mit einem Vampir, die Auseinandersetzung mit Barrons, die zum Schluss eine gefährliche Wendung genommen hatte; der Verlust eines mächtigen dunklen Heiligtums an den Mörder meiner Schwester und, noch schlimmer, die absolute Willenlosigkeit in seiner Gegenwart. Wäre Barrons nicht wieder einmal zur Stelle gewesen und hätte mich davor bewahrt, dann wäre ich meinem Erzfeind in der roten Robe gefolgt wie eines der Kinder dem Rattenfänger von Hameln.
    Und gerade als ich dachte, dass mich nichts mehr erschüttern oder überraschen konnte, hatte der Lord Master einen langen Blick auf Barrons geworfen – und war abgezogen.
    Das beunruhigte mich. Sehr sogar. Wenn sich der Lord Master Barrons geschlagen gab, in welcher Gefahr schwebte ich dann tagtäglich?
    Bis zu den letzten Minuten in der Höhle hatte ich mich unbesiegbar gefühlt. Bis mir ein Mann mit bloßen Worten jede Willenskraft geraubt und ihn der andere Mann durch wer weiß was so eingeschüchtert hatte, dass er den Rückzug antrat. Schlimm und schlimmer.
    Ich warf dem Schlimmeren einen Seitenblick zu und öffnete den Mund. Er sah mich an und ich machte den Mund wieder zu.
    Keine Ahnung, wie er überhaupt fahren konnte, denn wir starrten uns eine ganze Weile an. Die nächtliche Landschaft zischte an uns vorbei; all die unausgesprochenen Dinge lasteten schwer zwischen uns. Wir hatten nicht einmal eine unserer wortlosen Konversationen – keiner von uns war bereit, auch nur einen einzigen Gedanken oder seine Empfindungen zu verraten.
    Wir sahen uns an wie zwei Fremde, die nach einem One- Night-Stand aufwachten und nicht wussten, was sie sagen sollten, und deshalb schwiegen und getrennte Wege gingen, nachdem sie sich natürlich versprochen hatten, sich wieder zu melden. Und in den nächsten Tagen weckte jeder Blick aufs Telefon das Unbehagen und die Scham, weil man sich vor einem Fremden ausgezogen hatte, aber der Anruf kam nie.
    Barrons und ich hatten heute Nacht die Seelen entblößt und zu viele Geheimnisse preisgegeben, ohne die wirklich wichtigen auch nur anzurühren.
    Ich war drauf und dran, mich abzuwenden, als er die Hand ausstreckte und mit seinen langen, kräftigen, schönen Fingern meine Wange liebkoste.
    Eine liebevolle Berührung von Jericho Barrons gab einemdas Gefühl, der wertvollste Mensch der Welt zu sein. Es ist, als käme der größte, gefährlichste Löwe der Steppe auf einen zu, legte sich schnurrend neben einen und leckte einem die Hand.
    Ich drehte mich weg.
    Und Barrons richtete seine Aufmerksamkeit wieder auf die Straße.
    Den Rest der Fahrt legten wir in absolutem Schweigen zurück.
    Â»Halten Sie das«, sagte Barrons, als er sich daranmachte, das Tor zur Garage abzuschließen. Er hatte ein Alarmsystem installiert und tippte einige Ziffern in das Tastenfeld.
    Es war kurz vor Tagesanbruch. Aus dem Augenwinkel nahm ich die Schatten am Rand der Dunklen Zone wahr – sie zappelten rastlos und verzweifelt wie Fliegen auf einem Fliegenfänger.
    Ich nahm die zarte Glaskugel in die Hand. Das Glas war dünn wie eine Eierschale und zerbrechlich, die Farbe changierte wie V’lanes Robe am Strand an dem Tag im Reich der Feen. Ich ging vorsichtig mit der Kugel um, weil ich mir meiner frisch gewonnenen Kraft durchaus bewusst war. Ich hatte die Tür des Maybach verbogen, als ich sie zu heftig zugeschlagen hatte. Barrons war richtig sauer deswegen. Kein Mensch mag Leute, die Autotüren zuschlugen, hatte er gemurrt.
    Â»Was ist das?«, fragte ich.
    Â»Das D’Jai Orb. Ein Relikt aus dem Seelie-Königshaus.«
    Â»Das kann nicht sein. Es ist kein Feenobjekt«, erwiderte ich.
    Er sah mich an. »Doch, es ist eines.«
    Â»Nein, bestimmt nicht«, behauptete ich. »Ich erkenne das, schon vergessen?«
    Â»Doch, es ist eines«, wiederholte er.
    Â»Nein.«
    Für einen Moment dachte ich, es würde immer so weitergehen – »Doch – Nein.«
    Dann weiteten sich seine Augen, als ginge

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