Im Reich des Vampirs
mystisches Relikt, das man Armreif des Cruce nannte, angeboten â als Geste des guten Willens, wie er behauptet hatte. Als Gegenleistung sollte ich seiner Herrscherin Aoibheal, der erhabenen Königin der Seelie, helfen, das Sinsar Dubh aufzuspüren. Nach Vâlanes Aussage schützte der Armreif den Träger angeblich gegen verschiedene hässliche Wesen, die Schatten eingeschlossen.
Mein Gastgeber und Mentor hatte mich darauf hingewiesen, dass es bei Abmachungen mit Feenwesen, lichten oder dunklen, immer einen Haken gab, und von absoluter Offenheit hielten sie sowieso nicht viel. Genau genommen gar nichts. Würden wir einem Pferd unsere Absichten enthüllen, bevor wir es reiten, oder einer Kuh, ehe wir sie schlachten?
Möglicherweise würde mich der Reif retten. Vielleicht machte er mich aber auch zur Sklavin.
Oder er tötete mich.
Bei unserer letzten Begegnung hatte Vâlane versucht, mich mitten auf einem öffentlichen Platz zu vergewaltigen â nicht, dass eine Vergewaltigung in einem abgeschiedenen Winkel besser wäre, aber in diesem Fall käme noch die unbeschreibliche Scham zu all den Verletzungen hinzu. Ich konnte damals die Kontrolle über mich zurückgewinnen, als ich merkte, dass ich fast nackt mitten unter einer Menge voyeuristischer Blödmänner stand. Eine schmerzliche, grässliche Erinnerung. In letzter Zeit hatte ich viele davon angesammelt.
Mom hatte mich besser erzogen, das möchte ich für dieNachwelt festhalten: Rainey Lane ist eine noble, aufrichtige Frau.
Ich erzählte Vâlane mit blumigen Worten und in allen Einzelheiten, was ich bei erstbester Gelegenheit mit ihm machen und in welchen Körperteil ich meinen Feenspeer â die rasiermesserscharfe Spitze â bohren würde. Ich schmückte meine Schilderung mit aussagekräftigen Adjektiven. Ich vermochte nicht gut zu fluchen, aber als Barmädchen lernt man, genau zu definieren, was man wollte und was nicht.
Ich hatte noch vierzehn Streichhölzer und zündete wieder eins an.
Hinter dem Schatten stand, eingerahmt vom Fenster, Vâlane â die golden schimmernde Haut, die Augen in der Farbe von flüssigem Bernstein und seine unmenschliche Schönheit hoben sich von dem schwarzen Nachthimmel ab. Ich glaube, er schwebte in der Luft. Er schleuderte sein Haar, eine goldene, mit metallischem Schimmer durchsetzte Kaskade, über die Schultern; sein Körper war von solch männlicher, sinnlicher Perfektion und sinnlicher Verführung, dass sich Satan ganz bestimmt am Tag seiner Erschaffung ins Fäustchen gelacht hatte â und sein Lachen musste so ähnlich geklungen haben wie das von Vâlane jetzt. Als das Gelächter verebbte, raunte er: »Und du warst ein so süÃes Ding, als du hierherkamst.«
»Woher willst du wissen, wie ich damals war?«, fragte ich. »Wie lange beobachtest du mich schon?«
Der Feenprinz hob eine Augenbraue und schwieg.
Ich hob auch eine Augenbraue. Er war Pan, Bacchus und Luzifer in einer Person, gemalt in tausend Schattierungen, für die man sterben würde. Buchstäblich. »Warum kommst du nicht herein?«, erkundigte ich mich zuckersüÃ. Ich hatte einen Verdacht und wollte ihn bestätigt wissen.
Vâlanes Mund verzog sich und jetzt hatte ich Grund zulachen. Barrons war wirklich erstaunlich. »Du kannst den Zauberbann nicht überwinden, stimmtâs? Deshalb bin ich noch nicht splitternackt.« Ich lieà das Streichholz fallen, kurz bevor ich mir die Finger verbrannte, und zündete das nächste an. »Verkleinert der Bann deine Macht  â¦Â«
Ich konnte den Satz nicht einmal vollenden, ehe mich eine einem Waldbrand ähnliche sexuelle Gier erfasste â ich begehre dich, sterbe ohne dich, bitte gib mir, was ich will, was ich brauche. Die Luft in meiner Lunge brannte lichterloh, setzte das Gehirn in Flammen und versengte mein Rückgrat.
Ich brach auf dem Boden zusammen â ein Häuflein menschlicher Asche.
So plötzlich und unerwartet, wie das sexuelle Inferno jede Zelle meines Körpers durchdrungen hatte, verschwand es wieder und lieà mich kalt und für einen Augenblick mit quälenden Schmerzen zurück, ausgehungert und gierig nach den Freuden eines Festmahls, das nicht für Menschen gedacht war. Nach einer verbotenen Frucht. Nach einer vergifteten Frucht. Nach einer Frucht, für die Frauen ihre Seele verkaufen und
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