Im Rhythmus der Leidneschaft
weshalb es ihn nicht begeisterte zu sehen, wie die heiße Braut in dem sexy Strandkleid mit diesem Dreckskerl plauderte. Er durfte den Drogendealer nicht aus den Augen verlieren.
„Ich könnte mal rübergehen“, erbot sich sein Kumpel. Enrique Soto stammte aus Puerto Rico, hatte allerdings zusammen mit ihm die Coast Guard Academy in Connecticut besucht. Enrique gehörte zu seiner Einheit, sie waren beide auf Borinquen stationiert. Er war ein großer, starker Kerl, und sein grell gemustertes Hawaiihemd entsprach seiner Persönlichkeit. Enrique gehörte zu der Sorte Menschen, die einem auffielen und in Erinnerung blieben. Umso leichter war es für Damon, unauffällig im Hintergrund zu bleiben.
Meistens wurde er gar nicht bemerkt, solange Enrique in der Nähe war. Sein Kollege war immer in Aktion, imitierte gern Elvis oder sprang auch schon mal über den Tresen, um von dort zu demonstrieren, wie man seinen Lieblingsdrink mixte.
Es war ziemlich laut in der Bar. Die Band spielte einen Mix aus Reggae und Pop, und die Gläser im Regal hinter dem Tresen vibrierten.
„Und was soll das bringen?“ Damon stellte sein leeres Glas ab. Den nächsten Drink würde er so schnell nicht ordern, auch wenn er nicht offiziell im Dienst war. Wenn das nicht zu auffällig gewesen wäre, hätte er überhaupt keinen Alkohol getrunken.
Zum Glück trank Enrique genug für sie beide.
„Ich lasse meinen Charme spielen und bringe die Hübsche dazu, sich zu verziehen, damit du deinen Mann wieder für dich allein hast. Ich meine, es ist dein Mann. Ich bin schließlich nicht im Dienst heute Abend.“ Enrique nahm Damons Glas, schwenkte es herum und pfiff nach der Kellnerin. „Ach“, tat er dann überrascht, „stimmt ja, du auch nicht. Du hast nur vergessen, wie das geht, auch nur fünf Minuten nicht im Dienst zu sein.“
„Wie kommst du darauf, dass ich nicht hier bin, um eine Braut abzuschleppen? Die da kommt gerade richtig.“
Damon bezahlte die nächste Runde und richtete den Blick wieder auf die junge Frau und deren Flirtpartner. Die beiden schienen eine Meinungsverschiedenheit zu haben. Leider war ihm teilweise die Sicht versperrt, da vier Typen in ihrer Nähe standen und die Beine der Frau begutachteten. Jedenfalls wirkte sie plötzlich sehr angespannt.
Nach acht Jahren Dienst bei der Coast Guard war Damon in die D.O.G. – Deployable Operations Group – befördert worden. Ihm machte die Arbeit in dieser Einheit Spaß. Sie war sehr abwechslungsreich, denn er wurde an ständig wechselnden Orten innerhalb der USA eingesetzt, je nachdem, wo es gerade einen erhöhten Bedarf an Sicherheitskräften gab. Die Verfolgung von Nicholas Castine war für ihn jedoch mehr als nur ein Job. Hier bot sich die Möglichkeit, persönlich Rache zu nehmen an einem Mann, der mit seinem kriminellen Netzwerk sogar bis in sein Privatleben eingedrungen war. Ein Jahr zuvor war seine Freundin ein Opfer von Castines Drogen geworden.
„Wie ich darauf komme?“, fragte sein Partner. „Weil du vor einem Jahr den Frauen abgeschworen hast.“ Enrique folgte Damons Blick. „Vor allem solchen überheblichen Großstadtzicken, die sich für was Besseres halten.“ Er grinste breit. „Ich würde sagen, der steile Zahn dort mit der Laptoptasche passt genau in dieses Schema.“
Damon nahm nur am Rande wahr, was sein Kollege sagte. Gebannt blickte er auf die junge Frau, die sich gegen Castines Zudringlichkeit zu wehren schien. War sie eine Geschäftspartnerin Castines oder eine neue Freundin? Sie könnte auch eine Kundin sein, eine, die Drogen für den eigenen Verbrauch kaufte. Castine hatte mit seinen fleischigen Händen ihre Taille umfasst, um sie an sich zu ziehen, und sie schien ziemlich viel Kraft aufzuwenden, um das zu verhindern. Man konnte sehen, wie sich die Muskeln an ihren Armen anspannten.
Damon seufzte. Dieser Abend drohte zu einem Desaster zu werden. Er hoffte, Castine eines Tages persönlich zu verhaften. Der Bastard versorgte die Hälfte der amerikanischen Bevölkerung mit Ketamin und Rohypnol, den sogenannten Partydrogen, die die Leute dazu verführten, ihr Lebensglück in zweifelhaften Clubs oder in den Betten völlig fremder Menschen zu suchen. Die Erinnerung an den Absturz seiner Freundin tat noch immer weh. Im Grunde war es nicht überraschend, dass die Kriminalität, die er bekämpfte, sich irgendwann auch auf sein Privatleben auswirkte. Schließlich war er im Verlauf seiner Karriere schon an vielen Brennpunkten der internationalen Drogen-
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