Im Rhythmus der Leidneschaft
Sie hatte eine rege Fantasie und sich dadurch oft selbst in Schwierigkeiten gebracht, aber mit ihrem Urteil über Männer hatte sie immer richtig gelegen.
Susannah blinzelte, als ihr klar wurde, dass Delia und Ellie sie immer noch abwartend ansahen.
„Alles okay mit dir?“, fragte Delia besorgt nach.
„Alles bestens.“ Susannah wusste, dass sie Delia nur beruhigen konnte, indem sie einen gesunden Appetit vortäuschte. „Ich hab’s mir anders überlegt. Bring mir das Übliche, und zwar eine große Portion.“
Wie alle Frauen der Südstaaten kannte Delia viele köstliche Rezepte und kochte so gut, dass sie ihr eigenes Restaurant eröffnen konnte. Seit Jahren schon flehte Susannah sie an, ihr das Rezept für ihre Erdbeer-Rhabarber-Torte zu verraten, doch Delia hatte es bislang immer abgelehnt und gesagt, die Zutaten seien geheim.
„Zum Nachtisch nehme ich meine Lieblingstorte.“
Ein Frühstück mit Nachtisch, das war in Delias Augen der Beweis für seelische Stabilität, und so nickte sie beruhigt und nahm auch Ellies Bestellung auf. „Lass dir niemals von deinem nichtsnutzigen Ehemann den Appetit verderben, Kleines.“ Sie hielt Daumen und Zeigefinger hoch, um anzudeuten, wie winzig es um J. D.s Männlichkeit bestellt war. „Johnsons winziger Johnny“, rief sie Susannah noch über die Schulter zu, während sie an den Tresen schlenderte, für den Fall, dass die die Geste nicht begriffen haben sollte.
Susannah wünschte fast, das würde stimmen, aber leider war J. D. alles andere als spärlich bestückt, und im Umgang mit seiner Ausstattung war er ein Meister. Sonst hätte sie sich vielleicht schon längst scheiden lassen.
Sobald Delia außer Hörweite war, beugte Ellie sich vor und sagte: „Du siehst aus, als hättest du ein Gespenst gesehen.“
„Das stimmt auch in gewisser Weise. Dieses Gespenst ist mein eigener Ehemann. Jeder weiß, dass er sich keiner Regel fügt. Deshalb habe ich mich ja damals in ihn verliebt, so ungern ich das auch zugebe. Irgendwie hat er mich dadurch an meine Mama erinnert. Weißt du noch, wie sie im roten Cabrio durch die Stadt gefahren ist? Immer passierte in ihrem Leben irgendwas Dramatisches. Und bei J. D. …“ Sie seufzte und senkte den Kopf. „Er hat wieder eine seiner wilden Partys veranstaltet.“
„Das ist doch nichts Neues.“
„Stimmt.“ Banner Manor war Susannahs Welt. Dort lebte sie gemeinsam mit J. D. und träumte davon, dem Anwesen eines Tages den früheren Glanz zurückzugeben. Ihre Schwester und sie waren auf dem herrschaftlichen Anwesen aufgewachsen. June hatte geheiratet und war ausgezogen. Sie war auch nach dem Tod ihrer Eltern dortgeblieben. Zu der Zeit hatte June bereits mit ihrem Ehemann Clive und den zwei Kindern in der Stadt gelebt.
Es war Susannah ganz natürlich erschienen, dass J. D. nach der Hochzeit bei ihr auf Banner Manor einzog. Sie hatten darüber gar nicht weiter diskutiert, genauso wenig, wie sie über Kinder oder ein gemeinsames Konto gesprochen hatten. Sie waren achtzehn und zweiundzwanzig, und Leidenschaft war das Wichtigste für sie beide.
„Und?“ Auffordernd sah Ellie sie an. „Hat irgendein Gitarrist wieder mit seiner Zigarette ein Loch ins Sofapolster gebrannt?“
Susannah dachte an die Flecken auf dem Lieblingssofa ihrer Mutter. So einfach war es diesmal leider nicht. Sie holte tief Luft. „Erinnerst du dich, dass du mir von diesem zweitägigen Seminar für Unternehmensgründer in Bayou Blair erzählt hast?“ Da sie keinen Sinn darin sah, Banner Manor zu renovieren, während J. D.s Freunde es gleichzeitig verwüsteten, und sie auch keine Kinder von einem Mann bekommen wollte, der sich selbst noch wie ein unreifes Kind aufführte, spielte Susannah mit dem Gedanken, ein Geschäft zu eröffnen. Sie wusste nur noch nicht, was für ein Unternehmen das sein sollte.
„Bist du hingefahren?“
„Ja. Heute früh kam ich zurück. Ich wollte vor unserem Treffen noch mein Gepäck ausladen und J. D. begrüßen. Schließlich war ich zwei Tage weg.“ So lange war sie seit der Highschool nicht mehr von zu Hause fort gewesen.
„Das Haus war voller Leute, stimmt’s?“
„Du wusstest das?“
„Du hast Sheriff Kemp nur knapp verpasst. Er hat allen hier erzählt, dass er mehrmals wegen Ruhestörung angerufen wurde.“
„Sheriff Kemp? Hat er wieder mit Delia geflirtet?“
„Ja, aber er hat sie noch immer nicht gefragt, ob sie mit ihm ausgeht.“
Susannah richtete sich auf. „Wie kann sich überhaupt jemand
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