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Im Saal der Toten

Im Saal der Toten

Titel: Im Saal der Toten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Linda Fairstein
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den Zuständigkeitsbereich der Vereinigten Staaten fiel. Sie verfügte über ihre eigene Polizei und Post, ihre eigenen Regeln und Vorschriften.
    Nachdem wir verschiedene Sicherheitsschranken passiert hatten, stellten wir uns vierzig Minuten später dem stellvertretenden Assistenten des Protokollchefs der US-amerikanischen UNO-Vertretung vor, der an diesem ruhigen Sonntagmorgen Dienst hatte.
    Ralph Barcher wollte mehr über unser Anliegen wissen. Mercer sagte ihm nur, dass wir uns im Anfangsstadium einer vertraulichen Ermittlung befänden, die unter Umständen einen Angestellten oder Angehörigen eines Mitarbeiters der Weltfriedensorganisation involvierte. Barcher sträubte sich bei dem Gedanken, uns irgendwelche Informationen zu geben, ohne vorher die Erlaubnis des Protokollchefs eingeholt zu haben.
    »Rufen Sie ihn doch an«, sagte ich. »Ich erkläre ihm gern, was wir brauchen.«
    Er sah auf die Uhr. »Wie Sie wissen, finden Sie auf unserer Website die Anschriften der Vertretungen aller Mitgliedsstaaten«, sagte Barcher sichtlich nervös.
    »Ich hätte aber gerne die Privatadressen und -telefonnummern der Diplomaten.«
    »Verstehen Sie denn nicht die Sicherheitsprobleme, was die Herausgabe dieser privaten Angaben betrifft, Miss Cooper?«
    »Dem werden wir natürlich Rechnung tragen. Mr Wallace und ich vertreten die beiden wichtigsten Strafverfolgungsbehörden der Stadt. Wir sind keine Terroristen. Wer ist Ihr Chef?«
    »Waxon. Darren Waxon.«
    »Dann muss er erst vor kurzem befördert worden sein. Als ich vor sechs Monaten mit ihm zu tun hatte, war er noch der stellvertretende Protokollchef«, sagte ich. »Ich bin mir sicher, dass er uns gern helfen wird.«
    Meine Abteilung wurde häufig um Hilfe gebeten, wenn es darum ging, die Bediensteten ausländischer Vertretungen zu schulen, deren kulturelle Wertvorstellungen sich in vielerlei Hinsicht von den unseren unterschieden. Wir hatten in der Vergangenheit bereits einen Stammesführer angeklagt, der den schrecklichen Brauch der weiblichen Genitalbeschneidung aus dem subsaharischen Afrika in die 112. Straße West verpflanzt hatte, berieten Frauen, die im Balkankrieg vergewaltigt worden waren, fingen Jugendliche ab, die als Sexsklaven aus Südostasien hierher verschleppt worden waren, und kümmerten uns um Fälle häuslicher Gewalt, wenn Frauen noch immer wie Besitz behandelt wurden, obwohl ihre Ehemänner Geschäftsleute und keine Kameltreiber waren.
    »Ich befürchte, dass Mr Waxon auch nichts für Sie tun kann, wenn Sie mir nicht sagen, was Sie mit diesen Namen vorhaben.«
    »Hören Sie, ich kann Ihnen nicht im Detail sagen, um was es hier geht, aber Sie können anhand unserer Visitenkarten sehen, dass wir beide mit höchst sensiblen Sachen betraut sind. Wir wollen niemanden in eine peinliche Lage bringen.«
    Barcher sah noch einmal auf die Karten, die wir ihm gegeben hatten.
    »Miss Cooper«, sagte er tonlos, »das Konzept der diplomatischen Immunität ist Ihnen hoffentlich ein Begriff.«
    »Sie sind zu voreilig. Ehrlich gesagt habe ich so weit noch gar nicht gedacht. Ich verlange nicht, dass Sie uns einen Tatverdächtigen auf dem silbernen Tablett präsentieren. Wir möchten nur sicherstellen, dass wir keine Möglichkeit außer Acht lassen.«
    Mercer sprang mir bei. »Vielleicht hat sich Ms Cooper nicht deutlich genug ausgedrückt. Wir haben es nicht auf einen der Botschafter abgesehen. Mit unserer Vorgehensweise können wir eventuell sogar ausschließen, Ihre Leute in die Ermittlungen zu verwickeln.«
    »Was wissen Sie über diplomatische Immunität, Detective Wallace?«
    »Nicht viel.«
    »Es handelt sich dabei um ein altes Prinzip des Völkerrechts, Sir. Es geht zurück auf die alten Griechen, die Boten und Gesandte unbehelligt durch Nachbarländer reisen ließen, damit sie nicht bestraft wurden, wenn sie schlechte Nachrichten überbrachten.«
    »Das ist lange her«, sagte Mercer.
    Ich lächelte bei dem Gedanken daran, welche Antwort Mike wohl parat gehabt hätte. Wahrscheinlich hätte er Mr Barcher erzählt, dass uns die Griechen noch so manch andere interessante Gepflogenheiten hinterlassen hatten.
    »Es hat auch heute noch Gültigkeit. Vertreter ausländischer Regierungen sind von der Rechtssprechung ortsansässiger Gerichte und Behörden ausgenommen. Sie unterstehen der Rechtssprechung ihres Heimatlandes.«
    »Betrifft das auch ihre Familien?«, fragte Mercer.
    Barcher wurde ungehalten. »Diplomatische Vertreter sowie ihre unmittelbaren Angehörigen sind

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