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Im Saal der Toten

Im Saal der Toten

Titel: Im Saal der Toten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Linda Fairstein
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erklärt, anschließend im Leichenschauhaus mit uns zu sprechen.
    Um fünf vor halb acht schaltete Mike zu Jeopardy! um.
    Trebek verkündete gerade das Thema der letzten Antwort: »Benjamin Franklins Pioniertaten.«
    »Mit zwanzig bin ich dabei«, sagte ich.
    »Ich kenne mich bei den Gründervätern nur mit den Soldaten aus, nicht mit den Staatsmännern.«
    »Raus mit den Moneten, Mike. Mercer?«
    Er zog einen Schein aus seiner Brieftasche und legte ihn auf den Tisch. »Du nimmst meinem Baby das Essen weg, Alex. Blitzableiter, Bifokalbrille, Leihbüchereien. Ich kenne nur die Erfindungen, über die man schon in der Grundschule etwas lernt.«
    Trebek las von der Wand ab: »Franklins Druckerpresse veröffentlichte diesen Roman, den allerersten überhaupt in Amerika, im Jahr 1744.«
    Mike zerknüllte ein Stück Papier und warf es auf den Bildschirm. »Wenn das nicht irreführend war! Wie sagst du immer so schön, Blondie? Das ist Literatur unter dem Deckmantel von Geschichte. Niemand hat damals Romane geschrieben. Sie hätten alle die Revolution planen oder gegen die Franzosen und Indianer kämpfen sollen.«
    »Her mit den Kröten!«
    »Nächsten Freitag ist Zahltag. Willst du raten, Mercer?«
    Mercer zeigte auf den Bildschirm. Zwei der Kandidaten hatten die Stelle, wo ihre Frage stehen sollte, frei gelassen. »Ich habe genauso wenig Ahnung wie die beiden.«
    »Leider falsch, Josh«, sagte Trebek dem Hundeschulenbesitzer aus Wichita.
    »Du musst eine miserable Pokerspielerin sein, Coop. Du hast dieses Euch-zeig-ich’s-ich-hab-in-Wellesley-Literatur-studiert-Grinsen im Gesicht«, sagte Mike und ging zur Tür. »Subtilität war noch nie deine Stärke. Also, was war –«
    » Pamela . Von Samuel Richardson. Ursprünglich 1740 in England veröffentlicht und von Franklin neu aufgelegt. Der Untertitel lautet Die belohnte Tugend , weil es darin um eine junge Frau geht, die sich den Annäherungsversuchen ihres Arbeitgebers widersetzt.« Ich faltete Mercers Schein und steckte ihn ein.
    »Schreib die zwanzig Dollar auf meine Rechnung. Los, auf geht’s. Lass uns mehr über Emily Upshaw herausfinden. Wenn du deine Nase weniger oft in die Bücher gesteckt und stattdessen deine zwischenmenschlichen Fähigkeiten geübt hättest, würde vielleicht mal ein Kerl bei dir bleiben, der es überhaupt bis in dein Schlafzimmer schafft.«
    »Du meinst also, dass es daran liegt?«
    »Woran sonst, Blondie? Du musst da etwas falsch machen.«
    Mercer legte mir den Arm um die Schulter, während Mike vor uns den dunklen Flur hinunterging.
    »Anscheinend brauche ich einen Profi wie dich, der es mir beibringt, Mike. Learning by doing. Komisch, dass ich erst jetzt darauf komme! Wie wär’s mit einer Unterrichtsstunde heute Abend?«
    Mike blieb wie angewurzelt stehen. Dann drehte er sich um und fuhr sich durch seinen schwarzen Haarschopf. Trotz der schwachen Beleuchtung hätte ich schwören können, dass er rot geworden war.
    »Mercer, hast du das auch gehört?«
    »Ja, und es klingt, als ob dich die Frau Staatsanwältin beim Wort nehmen will.«
    »Das sieht dir mal wieder ähnlich, Coop. Du wartest, bis ich eine Freundin habe, und kaum verlässt sie die Stadt, willst du mich in Versuchung führen. Das wird dir aber nicht gelingen.«
    »Was treibst du da mit deinen Haaren? Mache ich dich etwa nervös?«
    Er steckte die Hände in die Hosentaschen und ging zum Aufzug. »Eigentlich kann’s mir gar nicht besser gehen. Von unseren Kollegen glaubt ohnehin jeder, dass wir schon miteinander geschlafen haben – was meinem Ruf nützt oder schadet, je nachdem, welche Meinung man von dir hat. Aber das heißt auch, dass ich nicht herausfinden muss, ob du wirklich messerscharfe Zähnchen im Höschen –«
    »Du hast eine schmutzige Fantasie, Chapman«, sagte Mercer.
    »Lass die Frau los, Mercer. Da macht sie mich an – und du versuchst sie zurückzuhalten.«
    »Was mich angeht, kommst du entweder heute Abend mit zu mir, oder du hörst auf, dich über mein Sexleben lustig zu machen.«
    »Ich mache mir nur Sorgen wegen des Valentinstags. Du wirst einsam sein und dich bei niemandem aufwärmen können.«
    »Ich bin verabredet. Also entspann dich!«
    »Mit wem? Welcher ahnungslose Knülch ist dieses Mal in die Falle getappt?«
    »Lass ihn einfach reden, Alex«, sagte Mercer.
    Mike zog mich im Aufzug und im Auto weiter auf. Erst als wir im Leichenschauhaus ankamen, gelang es mir, das Gespräch wieder auf Emily Upshaws Tod zu lenken.
    Man brachte uns in das Büro von

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