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Im Schatten der Akazie

Im Schatten der Akazie

Titel: Im Schatten der Akazie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christian Jacq
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Nordwesten der Pyramide anstieg.
    Eine Kapelle mit hohen Säulen, deren Sockel von Stelen geschmückt wurden, die Große des Landes den Göttern gewidmet hatten, bildete den Eingang in ein unterirdisches Gewölbe, vor dem Priester mit Fackeln standen.
    »Am Zeremonialschurz des Pharaos ist doch ein Stierschwanz befestigt«, rief Kha seinem Vater in Erinnerung.
    »Er symbolisiert die machtvolle Kraft an sich. Und diese Kraft ist die des Stieres Apis, die es dem Herrn der Beiden Länder gestattet, alle Hindernisse zu überwinden. Denn es war Apis, der auf seinem Rücken den Leichnam des Osiris trug, um ihn durch seinen Lauf über den Himmel wiederzuerwecken. Ich habe mir geschworen, für die Apis-Stiere ein Heiligtum zu errichten, das der Erhabenheit ihrer Dynastie gerecht wird.
    Dieses Werk ist vollendet.«
    Den Fackelträgern folgend, betraten der Herrscher und sein erstgeborener Sohn den unterirdischen Tempel zu Ehren der heiligen Stiere. Im Laufe der Generationen war die Seele des Gottes von einem Tier auf das nächste übergegangen, ohne daß die Weitergabe seiner übernatürlichen Kraft je unterbrochen worden wäre. Jedes ruhte in einem riesigen Sarkophag.
    Einbalsamiert wie Menschen, waren die Apis-Stiere mit den Schätzen ihrer Herrschaft beigesetzt worden, mit Schmuck, kostbaren Gefäßen und sogar kleinen, stierhäuptigen Figuren, die sich auf magische Weise im Jenseits beleben würden, um ihnen jedwede Anstrengung abzunehmen. Gewaltige Stollen 328

    verbanden die Kapellen miteinander, in denen die einbalsamierten Stiere in friedlichem Schlummer ruhten.
    »Tag für Tag«, so erklärte Kha, »bringen eigens dazu ausersehene Priester in jeder Kapelle Opfer dar, auf daß die große Seele des Apis dem Pharao die Kraft verleihe, deren er bedarf. Darüber hinaus habe ich ein Siechenhaus bauen lassen, in dem die Kranken in Gemächern mit weißgetünchten Wänden untergebracht werden und heilenden Schlaf finden können. Wird die Oberste Heilkundige, Neferet, nicht davon entzückt sein?«
    »Dein Werk ist prächtig, mein Sohn, es wird die Jahrhunderte überdauern.«
    »Apis kommt dir entgegen, Majestät.«
    Aus der Dunkelheit trat ein riesiger schwarzer Stier heraus und ging so gemessenen Schrittes wie ein friedfertiger Herrscher auf den Pharao zu. Da entsann sich Ramses des furchterregenden Augenblicks, als sein Vater Sethos ihn dem wilden Stier gegenübergestellt hatte. So viele Jahre waren verstrichen seit diesem für den Sohn des Lichts und sein Schicksal entscheidenden Ereignis.
    Der Stier näherte sich, während Ramses reglos stehenblieb.
    »Komme in Frieden zu mir, mein Bruder.«
    Ramses griff nach einem Horn des Stiers, der mit seiner rauhen Zunge dem Herrscher die Hand leckte.
    Die hohen Beamten, denen die Pflege der Beziehungen zu den Fremdländern oblag, hatten unter vielen Lobpreisungen das Vorhaben des Pharaos begrüßt und ihn zu seinem aufsehenerregenden Entschluß beglückwünscht, den auch alle unter ägyptischem und hethitischem Schutz stehenden Fürstentümer zu würdigen wußten. Niemand ließ auch nur die leiseste Spur von Kritik verlauten oder unternahm gar den Versuch, ihm davon abzuraten. Wurde das Denken Ramses’
    des Großen nicht von den Göttern geleitet?
    329

    Als Ameni das Arbeitszimmer des Herrschers betrat, spürte er sogleich, daß ihm etwas zu schaffen machte.
    »Soll ich nach Neferet schicken, Majestät?«
    »Ich leide an einem Übel, das auch sie nicht heilen kann.«
    »Laß mich raten: Du erträgst die Schmeichelei nicht mehr.«
    »Schon bald blicke ich auf neununddreißig Jahre Herrschaft zurück, umgeben von willenlosen und heuchlerischen Höflingen, von Würdenträgern, die mich beweihräuchern, anstatt selbst zu denken, von sogenannten Verantwortlichen, die sich nur auf meine Entscheidungen verlassen … Soll ich mich darüber vielleicht freuen?«
    »Mußtest du mehr als sechzig Jahre alt werden, um die wahre Natur von Höflingen zu entdecken? Dieser Augenblick der Schwäche paßt nicht zu dir, Majestät. Und was ist mit mir, wofür hältst du mich? Die Götter haben mir weder deine Erhabenheit noch deinen Weitblick verliehen, dennoch sage ich, was ich denke.«
    Ramses lächelte.
    »Und du billigst meine Reise nach Phönizien nicht.«
    »Serramanna zufolge könntest du einem Mordanschlag zum Opfer fallen.«
    »Das ist eine Gefahr, die immer besteht, wenn man sich in dieser Region bewegt. Aber was habe ich schon zu befürchten, solange meine Magie wirksam ist?«
    »Da du

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