Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Im Schatten der Akazie

Im Schatten der Akazie

Titel: Im Schatten der Akazie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christian Jacq
Vom Netzwerk:
Unglücksfälle in großer Zahl ereignen sich im ganzen Land, aber Ramses wird seine Pflicht nicht versäumen.«
    »Davon sind wir fest überzeugt.«
    Uriteschup und Tanit entfernten sich.
    »Falls es dieses Tier gibt«, sagte der Hethiter, »müssen wir es vor Ramses aufspüren und töten.«
    334

    Amenis Gesicht sah besorgt und müde aus. Wie hätte er auch nicht müde sein sollen? Selbst Ramses hatte seinen Freund trotz dessen vielfältiger Beschwerden nie dazu bewegen können, seinen Arbeitsrhythmus zu verlangsamen.
    »Es gibt viele gute Neuigkeiten, Majestät! Zum Beispiel …«
    »Beginne mit der schlechten, Ameni.«
    »Wer hat dich davon in Kenntnis gesetzt?«
    »Du hast deine Gefühle noch nie gut zu verhehlen gewußt.«
    »Wie du willst … König Hattuschili hat dir geschrieben.«
    »Unsere Gesandten tauschen regelmäßig Sendschreiben aus; was ist daran ungewöhnlich?«
    »Er wendet sich an dich, seinen Bruder, weil Maat-Hor sich über das Los beklagt, das du ihr zugedacht hast. Hattuschili ist darüber erstaunt und verlangt Erklärungen.«
    Ramses’ Augen funkelten.
    »Wahrscheinlich hat diese Frau dich verleumdet, um den Zorn ihres Vaters zu wecken und aufs neue Zwietracht zwischen unseren Völkern zu säen.«
    »Antworten wir, wie es meinem Bruder Hattuschili angemessen ist.«
    »Ich habe mich von Briefen anregen lassen, die Acha aufgesetzt hat, und schlage dir eine Erwiderung vor, die den König von Hatti durchaus besänftigen dürfte.«
    Ameni zeigte dem König seinen Entwurf auf einer hölzernen, vom vielen Abkratzen und Glätten der Gipsschicht schon recht mitgenommenen Schreibtafel.
    »Welch beschönigende, geschliffene Ausdrucksweise!«
    befand Ramses. »Du wirst immer besser.«
    »Kann ich die endgültige Fassung einem Schreiber mit unfehlbarer Hand anvertrauen?«
    335

    »Nein, Ameni.«
    »Aber … weshalb nicht?«
    »Weil ich ihm selbst antworten werde.«
    »Vergib mir, Majestät, aber ich befürchte …«
    »Fürchtest du dich etwa vor der Wahrheit? Ich werde Hattuschili einfach erklären, daß seine Tochter unfähig ist, die Aufgaben einer Großen Königsgemahlin zu erfüllen, und fortan ein ruhiges Leben in vergoldeter Zurückgezogenheit führt, indes Merit-Amun bei öffentlichen Zeremonien an meiner Seite sein wird.«
    Ameni war bleich geworden.
    »Hattuschili mag ja dein Bruder sein, aber er ist ein sehr empfindlicher Herrscher … Eine so schonungslose Antwort droht eine ebensolche Wirkung auszulösen.«
    »Niemand darf an der Wahrheit Anstoß nehmen.«
    »Majestät …«
    »Kehre zu deinen dringenden Angelegenheiten zurück, Ameni. Meinen Brief werde ich gleich morgen nach Hatti schicken.«

    Uriteschup hatte mit seiner Gemahlin eine gute Wahl getroffen: schön, sinnlich, verliebt, in der vornehmen Gesellschaft anerkannt und reich, sehr reich. Dank des Vermögens der Herrin Tanit hatte der Hethiter eine beachtliche Anzahl von Kundschaftern aussenden können, die für ihn in Erfahrung bringen sollten, wo es erwachsene Stiere mit schwarzem Fell und weißen Flecken gab. Da Ramses die Suche noch nicht aufgenommen hatte, hoffte Uriteschup, ihm zuvorzukommen.
    Angeblich wollte sich die Phönizierin an die Viehzucht wagen und gedachte, kräftige Bullen zu erwerben, ehe sie die Kuhherden einkaufte. Zunächst ließ er nur in der Umgebung von Pi-Ramses suchen, dann auch in den Provinzen, die 336

    zwischen der Hauptstadt und Memphis lagen.
    »Was macht Ramses?« fragte Uriteschup, als Tanit aus dem Palast zurückkehrte, wo sie mit Beamten der Beiden Weißen Häuser gesprochen hatte, denen es oblag, die königlichen Anordnungen zur Fortentwicklung von Handel und Wandel in die Tat umzusetzen.
    »Er verbringt die meiste Zeit mit Kha. Vater und Sohn sind dabei, den Wortlaut des sehr alten Rituals für die feierliche Einsetzung des künftigen Apis neu zu fassen.«
    »Ist denn dieser verdammte Stier schon gefunden worden?«
    »Das ist die Aufgabe des Pharaos, und nur des Pharaos.«
    »Und weshalb unternimmt er noch immer nichts?«
    »Die vorgeschriebene Trauerzeit ist noch nicht vorüber.«
    »Wenn wir den Kadaver des neuen Apis vor den Eingang des unterirdischen Tempels legen könnten … Dann wäre doch der Ruf von Ramses zerstört!«
    »Der Verwalter meines Hauses hat mir eine Nachricht für dich gegeben.«
    »Zeig her, schnell!«
    Uriteschup riß Tanit den beschriebenen Kalkstein aus den Händen. Einem Kundschafter zufolge sollte in einem kleinen Dorf im Norden von Memphis ein Stier gesichtet

Weitere Kostenlose Bücher