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Im Schatten der Akazie

Im Schatten der Akazie

Titel: Im Schatten der Akazie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christian Jacq
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worden sein, der genau die verlangten Merkmale aufwies.
    »Ich mache mich sogleich auf den Weg«, kündigte Uriteschup an.
    337

    ACHTUNDVIERZIG
    s WAR EIN sonniger Nachmittag, und das ganze Dorf d
    E öste vor sich hin. In der Nähe des Brunnens, unter einigen Palmen, spielten zwei kleine Mädchen mit Puppen.
    Nicht weit von ihnen entfernt besserte ihre Mutter Weidenkörbe aus.
    Als Uriteschups Pferd jählings in diese stille Welt eindrang, flüchteten sich die zwei Mädchen erschrocken zu ihrer Mutter, die wegen des gewalttätigen Eindrucks, den dieser Reiter mit dem langen Haar erweckte, ebenfalls von Entsetzen erfaßt wurde.
    »He, du Frau, sage mir, wo ich den Mann finde, dem ein kräftiger schwarzer Stier gehört!«
    Sie wich zurück und drückte ihre Kinder an sich.
    »Rede, oder du lernst meine Fäuste kennen!«
    »Am südlichen Ende des Dorfes, ein Gehöft, mit einer eingezäunten Weide …«
    Das Pferd preschte in die angegebene Richtung davon. Noch ein kurzer Galopp, dann erblickte Uriteschup die Weide.
    Ein prächtiger Stier mit schwarzem Fell und weißen Flecken stand wiederkäuend, aber sonst reglos da.
    Der Hethiter sprang von seinem Reittier und sah ihn sich genauer an. Er trug in der Tat alle Merkmale, die einen Apis kennzeichneten.
    Uriteschup lief zum Hauptgebäude des Gehöftes, wo Arbeiter damit beschäftigt waren, Futtermittel einzulagern.
    »Wo ist euer Herr?«
    »Im Laubengang.«
    Also stand er kurz vor dem Ziel. Er würde den geforderten 338

    Preis zahlen, ohne zu feilschen.
    Auf einer Matte lag der Herr des Hauses und schlug gerade die Augen auf.
    »Hast du eine angenehme Reise gehabt?«
    Der Hethiter erstarrte.
    »Du …«
    Gemächlich erhob sich Serramanna und richtete seinen massigen Körper zu voller Höhe auf.
    »Wendest du dich jetzt der Viehzucht zu, Uriteschup? Das ist eine ausgezeichnete Idee! Sie ist von jeher eine der Stärken Ägyptens.«
    »Du bist doch nicht …«
    »Der Besitzer dieses Gehöftes? Aber sicher! Ein schönes Anwesen, das ich mir dank der Freigebigkeit von Ramses leisten konnte. Hier werde ich ein geruhsames Alter verbringen. Aber wolltest du nicht meinen schönsten Stier kaufen?«
    »Nein, das ist ein Irrtum, ich …«
    »Als Ameni und ich festgestellt haben, was dich umtreibt, da ist der Oberste Schreiber des Königs auf den unterhaltsamen Einfall gekommen, das Fell dieses Tieres mit den Kennzeichen des Apis-Stieres zu bemalen. Dieser kleine Scherz bleibt doch unter uns, nicht wahr?«

    Die Trauerzeit ging allmählich zu Ende, und die Ritualpriester begannen unruhig zu werden: Weshalb begab sich der König nicht auf die Suche nach dem neuen Apis? Wiederholte Male hatte er dem unterirdischen Tempel der einbalsamierten Stiere einen Besuch abgestattet und ganze Tage lang an jenem Ritual gearbeitet, das es seit der ersten Dynastie den Apis-Stieren gestattete, zu neuem Leben zu erwachen. Nun unterhielt er sich mit seinem Sohn, dem Oberpriester des Ptah, darüber, wie der 339

    Schutzgott der Baumeister unablässig am Werk war, in den himmlischen Gefilden ebenso wie in den Bienenstöcken oder im Inneren der Berge. Das schöpferische Wort des Ptah offenbarte sich im Herzen und kam durch die Sprache zum Ausdruck, denn jeder lebendige Gedanke mußte seine klare und schöne Form finden.
    Eine Woche vor dem schicksalhaften Tag verhehlte selbst Kha seine Unruhe nicht mehr.
    »Majestät, die Trauerzeit …«
    »Ich weiß, mein Sohn. Der Nachfolger des verstorbenen Apis ist geboren, sei ohne Sorge.«
    »Falls er sich weit entfernt von hier befindet, dauert die Reise lange.«
    »In dieser Nacht werde ich im unterirdischen Tempel schlafen und sowohl die Götter als auch Nefertari bitten, mich zu leiten.«
    Bei Einbruch der Dunkelheit blieb der König allein mit den Apis-Stieren. Er kannte jeden bei seinem Namen und rief die einzigartige Seele, die sie miteinander verband, um Beistand an. Auf dem Ruhebett einer Priesterzelle liegend, befahl Ramses seinen Geist dem Schlaf, nicht nur der schlichten Erholung des Leibes und der Sinne, sondern dem Traum, in dem er sich gleich einem unermüdlichen Vogel fortzubewegen vermochte. Als wären ihm unversehens Flügel gewachsen, erhob sich der König von der Erde, stieg in den Himmel empor und schaute.
    Er sah Ober- und Unterägypten, die Provinzen, die Städte und Dörfer, die großen Tempel und die kleinen Heiligtümer, den Nil und die Bewässerungskanäle, die Wüste und das Fruchtland.
    Ein kräftiger Nordwind trieb das Boot mit den

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