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Im Schatten der Akazie

Im Schatten der Akazie

Titel: Im Schatten der Akazie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christian Jacq
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Kurzschwertes übten und der Statthalter eilends die Unterkünfte der Sendboten und Späher aufsuchte: Die Matten waren leer.
    Völlig verblüfft fragte er sich, welche Ursachen diese Absonderlichkeit wohl haben mochte. Keine Berichte, keine Boten, die sie hätten bringen sollen … Was war der Grund für diesen unglaublichen Verstoß gegen die Regeln?
    Der Statthalter staunte mit offenem Mund, als plötzlich außer Rand und Band geratene Libyer, die eine Feder im Haar stecken hatten, mit einem Stoßbalken das Tor der Festung einrammten.
    Mit ihren Äxten erschlugen sie den Mann, der den Hof kehrte, und die zwei Fußsoldaten, ehe sie den Schädel des Statthalters spalteten, der so starr vor Entsetzen war, daß er nicht einmal zu fliehen versucht hatte. Uriteschup bespuckte seinen Leichnam.
    379

    »Die Oase Siwa ist nicht angegriffen worden«, berichtete der hohe Offizier. »Wir sind einer Falschmeldung aufgesessen.«
    »Hat es keine Opfer gegeben?« fragte Merenptah.
    »Weder Opfer noch Aufruhr. Ich bin für nichts und wieder nichts dort gewesen.«
    Als Merenptah allein war, erfaßte ihn Angst. Hatte man seine Aufmerksamkeit nicht auf diese Weise abgelenkt, um andernorts besser zuschlagen zu können?
    Nur Ramses würde das Ausmaß der Gefahr richtig einzuschätzen wissen.
    Gerade als der Oberbefehlshaber der Armee auf seinen Wagen stieg, kam sein Adjutant angelaufen.
    »General, ein Bote aus einer Garnison nahe der Grenze zu den Libyern … Es hat schwere Angriffe auf unsere Festungen gegeben! Die meisten sind schon gefallen, und der Statthalter ist angeblich getötet worden.«
    Noch nie hatte Merenptah seine Pferde zu so schnellem Galopp angetrieben. Bevor sie richtig standen, sprang er schon vom Wagen und stürmte im Laufschritt die Treppe zum Palast empor. Mit Serramannas Hilfe unterbrach er die Audienz, die der Pharao soeben einigen Provinzvorstehern gewährte.
    Ein Blick auf Merenptahs verzerrtes Gesicht reichte Ramses, um zu begreifen, daß sich etwas sehr Schlimmes zugetragen haben mußte. Deshalb verabschiedete der König seine Gäste, indem er ihnen eine baldige erneute Unterredung versprach.
    »Majestät«, erklärte der Oberbefehlshaber, »die Libyer sind wahrscheinlich im Nordwesten des Deltas eingefallen. Das Ausmaß der Verheerung ist mir noch nicht bekannt.«
    »Uriteschup und Malfi!« rief Serramanna aus.
    »Der Hethiter wird in dem wirren Bericht, den ich erhalten habe, tatsächlich erwähnt. Und Malfi ist es gelungen, die 380

    libyschen Stämme zu einen, die sich früher gegenseitig bekämpft haben. Dagegen müssen wir schnell und hart vorgehen … Falls es sich nicht um eine neue Falle handelt, wie bei Siwa.«
    Wenn der Großteil der Truppen damit in den Nordwesten des Deltas gelockt wurde, könnte Malfi auf der Höhe von Theben angreifen und würde kaum auf Widerstand stoßen. Dann hinderte ihn nichts daran, die heilige Stadt des Gottes Amun in Schutt und Asche zu legen.
    Von Ramses’ Entscheidung hing die Zukunft Ägyptens ab.
    »Majestät«, sagte Serramanna zaghaft, »du hast mir versprochen …«
    »Ich habe es nicht vergessen: Du kommst mit mir.«

    Mit seinen schwarzen, grimmig blickenden Augen und dem kantigen Gesicht wurde Malfi von seinen Männern für die Verkörperung eines Wüstendämons gehalten, der imstande war, auch zu sehen, was hinter ihm geschah, und der mit bloßen Fingern, die so gefährlich wie Klingen waren, jedweden Feind in Stücke reißen konnte. Nahezu alle libyschen Stämme hatten sich seinem Befehl unterstellt, weil es ihm im Laufe langer Palaver gelungen war, ihren alten Haß gegen Ägypten zu schüren. Angesichts der Grausamkeit der libyschen Krieger würden die vom langen Frieden geschwächten Ägypter die Flucht ergreifen. Und die Anwesenheit des Hethiters Uriteschup, dessen Tapferkeit landauf, landab bekannt war, feuerte die Eroberer zusätzlich an.
    »Da drüben, kaum zwei Stunden Fußmarsch entfernt«, erklärte Uriteschup mit ausgestrecktem Arm, »da liegen die ersten Dörfer des Deltas. Die nehmen wir schon bald in Besitz.
    Dann zerstören wir Pi-Ramses, dessen Verteidigungsanlagen auf das Allernötigste beschränkt sind. Du wirst zum Pharao ausgerufen, Malfi, und das, was von der ägyptischen Armee 381

    noch übrig ist, wird sich deiner Herrschaft beugen.«
    »Ist dein Plan wirklich unfehlbar, Uriteschup?«
    »Das ist er, denn ich kenne Ramses gut. Die Irreführung mit Siwa hat ihn bestimmt verunsichert und davon überzeugt, daß wir beschlossen haben,

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