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Im Schatten der Akazie

Im Schatten der Akazie

Titel: Im Schatten der Akazie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christian Jacq
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dir ja nun gestehen, daß ich sehr beunruhigt bin.«
    »Weshalb?«
    »Gestern abend, als ich mich mit Lotos der Liebe hingab, fuhr sie plötzlich hoch und schrie: ‹Da ist ein Ungeheuer!› Sie meinte aber weder unsere zwei Kobras, die zu Füßen des Bettes Wache hielten, noch die hethitische Armee, über die 74

    Ramses, wenn es sein muß, ein zweites Mal siegen wird.«
    »Hast du herausgefunden, wer dieses Ungeheuer ist?«
    »Für mich besteht kein Zweifel: Es handelt sich um diesen hethitischen Rohling Uriteschup.«
    »Wir können ihm nichts zur Last legen.«
    »Hast du dafür gesorgt, daß Serramanna ihn im Auge behält?«
    »Selbstverständlich.«
    »Und was meint er?«
    »Er verabscheut Uriteschup ebenso wie du, und er hält seine Freilassung für einen Fehler, doch der Hethiter hat keine Untat begangen. Für mich ist dieser geschlagene Krieger ein abgehalfterter Prinz. Was sollen wir von ihm schon zu befürchten haben?«

    Sobald die ersten Sonnenstrahlen sein Schlafgemach erhellten, schlug Serramanna die Augen auf. Zu seiner Linken schlummerte eine junge Nubierin, zu seiner Rechten eine noch jüngere Libyerin. Ihre Namen hatte der sardische Riese bereits vergessen.
    »Aufstehen, ihr Hübschen!«
    Da er seine Kraft schlecht bemaß, fiel der Klaps auf die zarten Hinterteile der beiden Gespielinnen für eine Nacht weniger sanft aus, als er es beabsichtigt hatte. Vor Schreck schrien sie so laut auf, daß er davon Kopfschmerzen bekam.
    »Zieht euch an, und schert euch hier raus!«
    Serramanna sprang in das Wasserbecken, das den Großteil seines Gartens einnahm, und schwamm beinahe eine halbe Stunde lang. Er kannte kein geeigneteres Mittel, um die Nachwirkungen von zuviel Wein und Liebe abklingen zu lassen.
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    Wieder in besserer Verfassung, schickte er sich an, frisches Brot, Zwiebeln, Speck und gedörrtes Rindfleisch zu verspeisen, als ihm sein Diener den Besuch eines Untergebenen meldete.
    »Es gibt etwas Neues, Kommandant. Wir haben Uriteschup wiedergefunden.«
    »Hoffentlich tot!«
    »Nein, sehr lebendig und – verheiratet.«
    »Mit wem?«
    »Mit einer reichen Witwe, der Phönizierin Tanit.«
    »Der gehört eines der größten Vermögen von Pi-Ramses. Du mußt dich irren.«
    »Überzeuge dich selbst davon, Kommandant!«
    »Also, los!«
    Mit einem riesigen Stück gedörrtem Fleisch zwischen den Zähnen sprang Serramanna auf sein Pferd.

    Der Wachposten an Tanits Villa hätte von dem sardischen Hünen ein amtliches Schriftstück verlangen müssen, das ihn dazu ermächtigte, die Besitzerin des Anwesens zu verhören, doch Serramannas grimmiger Blick hielt ihn davon ab. Er rief den Gärtner und bat ihn, den Vorsteher der Leibwache des Königs zur Dame des Hauses zu geleiten.
    In einem Gewand aus hauchdünnem Leinen, das ihre üppigen Reize kaum verhüllte, saß Tanit auf einer schattigen Terrasse beim Frühstück, in Gesellschaft von Uriteschup, der ausschließlich mit seinem roten Brusthaar bekleidet war.
    »Der berühmte Serramanna!« rief der Hethiter, sichtbar erfreut über diesen Besuch. »Laden wir ihn ein, mit uns zu speisen, meine Liebe?«
    Der Sarde blieb vor der Phönizierin stehen, die sich an Uriteschup schmiegte.
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    »Weißt du, wer dieser Mann ist, Herrin Tanit?«
    »Ja, das weiß ich.«
    »Drücke dich genauer aus.«
    »Es ist Uriteschup, ein Prinz aus Hatti, der Sohn des verstorbenen Königs.«
    »Er war auch Oberbefehlshaber der hethitischen Armee und so barbarisch wie kein anderer darauf aus, Ägypten zu zerstören.«
    »Das ist ferne Vergangenheit«, beteuerte Uriteschup spöttisch. »Ramses und Hattuschili haben einen schönen Vertrag geschlossen, der Pharao hat mir die Freiheit geschenkt, und wir leben alle glücklich und in Frieden. Bist du etwa anderer Meinung, Serramanna?«
    Der Sarde bemerkte, daß der Hals der Phönizierin Bißspuren aufwies.
    »Dieser Hethiter hat die Nacht unter deinem Dach zugebracht und ist anscheinend entschlossen, fortan hier zu wohnen …
    Weißt du, was das bedeutet, Herrin Tanit?«
    »Natürlich.«
    »Er zwingt dich, ihn zu heiraten, und droht, dir sonst etwas anzutun, nicht wahr?«
    »Antworte ihm, Liebling«, befahl Uriteschup. »Sage ihm, daß du als Frau ebenso frei bist wie jede Ägypterin und daß du deine Entscheidungen selbst triffst.«
    Die Phönizierin schlug einen scharfen Ton an.
    »Ich liebe Uriteschup und habe ihn als Gemahl erwählt. Das kann mir kein Gesetz verwehren.«
    »Überlege dir genau, was du sagst, Herrin Tanit. Wenn du zugibst,

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