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Im Schatten der Akazie

Im Schatten der Akazie

Titel: Im Schatten der Akazie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christian Jacq
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Verkörperung der unverrückbaren, jenseits von Zeit und Raum entstandenen göttlichen Ordnung betrachten konnte, das wahre Geheimnis des Pharaonentums.
    Schließlich erreichte Raia das Tor der Handwerker. Der Wachsoldat kannte ihn. Sie wechselten ein paar harmlose Sätze über die Schönheit der Hauptstadt, der Kaufmann klagte über den Geiz mancher Kunden, dann wurde ihm gestattet, den Teil des Tempels zu betreten, der den Goldschmieden vorbehalten war. Als Kenner kostbarer Vasen pflegte Raia mit vielen von ihnen Umgang, und er versäumte es nie, den einen nach seiner Familie und den anderen nach seiner Gesundheit zu fragen.
    »Du willst uns ja nur unsere Geheimnisse entlocken«, brummte ein alter Goldschmied, der gerade Barren des edlen 68

    Metalls aus einem Schrein holte.
    »Das habe ich schon aufgegeben«, gestand Raia. »Euch arbeiten zu sehen reicht mir zu meinem Glück.«
    »Aber du kommst doch nicht hierher, um dich auszuruhen?«
    »Ich möchte gern ein, zwei schöne Stücke erwerben.«
    »Um sie dann dreimal so teuer weiterzuverkaufen.«
    »So ist das nun einmal im Handel, mein Freund.«
    Der alte Goldschmied kehrte Raia den Rücken, doch der Syrer war an solch barsche Behandlung gewöhnt. Unauffällig, kaum wahrnehmbar, beobachtete er die Lehrlinge. Sie trugen die Barren zu den Gesellen, die sie unter der Aufsicht besonders geschulter Schreiber abwogen. Dann wurde das kostbare Metall in ein verschließbares Gefäß gesteckt und über offenem Feuer erhitzt, das einige Gehilfen schürten, indem sie durch Schilfrohre Luft in die Flammen bliesen. Sobald das Metall geschmolzen war, gossen andere Gehilfen es in verschieden geformte Behälter und übergaben es den Goldschmieden, die es auf einem Amboß mit steinernen Hämmern bearbeiteten und daraus Halsketten, Armreife, Vasen oder Verzierungen für Tempeltüren und Statuen anfertigten.
    Die Geheimnisse des Berufes wurden in zuweilen jahrelanger Unterweisung vom Meister an den Schüler weitergegeben.
    »Das ist prachtvoll«, sagte Raia zu einem Goldschmied, der gerade ein Pektoral fertiggestellt hatte.
    »Es wird die Statue eines Gottes zieren«, erklärte der Handwerker.
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    Der Kaufmann senkte die Stimme.
    »Kann ich mit dir reden?«
    »Es ist laut genug hier. Niemand wird uns belauschen.«
    »Ich habe gehört, deine beiden Söhne wollen heiraten.«
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    »Kann schon sein.«
    »Würde es dich nicht freuen, wenn sie von mir einige Möbel bekämen?«
    »Um welchen Preis?«
    »Für eine schlichte Auskunft.«
    »Erwarte nicht von mir, daß ich dir etwas über unser Verfahren erzähle.«
    »Nein, um derlei bitte ich dich nicht!«
    »Was willst du wissen?«
    »In Ägypten haben sich etliche Syrer niedergelassen, und ich möchte ihnen gerne dabei helfen, sich hier besser einzuleben.
    Hast du nicht ein oder zwei in deiner Werkstatt aufgenommen?«
    »Doch, einer arbeitet bei mir.«
    »Ist er mit seinem Los zufrieden?«
    »Mehr oder weniger.«
    »Wenn du bereit bist, mir seinen Namen zu nennen, dann spreche ich einmal mit ihm.«
    »Ist das alles, was du willst, Raia?«
    »Allmählich werde ich alt, ich habe keine Kinder, besitze aber einige Güter und möchte einen unterstützen, der aus demselben Land stammt wie ich.«
    »Ägypten hat dich also gelehrt, weniger eigennützig zu sein
    … Um so besser! Beim Totengericht wird der große Gott deine Hochherzigkeit zu würdigen wissen. Dein Syrer ist einer der Luftbläser, der dicke, der mit den abstehenden Ohren.«
    »Ich hoffe, meine Geschenke werden zum Glück deiner Söhne beitragen.«
    Raia wartete das Ende der Arbeitszeit ab, um sich mit seinem Landsmann zu unterhalten. Nach zwei Fehlschlägen bei einem Zimmermann und einem Maurer, die beide mit ihrer Lage 70

    zufrieden waren, erzielte er hier vollen Erfolg.
    Der syrische Luftbläser, ein ehemaliger Gefangener aus der Schlacht bei Kadesch, weigerte sich, die Niederlage der Hethiter einzugestehen und wünschte sich sehnlichst das Ende des Friedens herbei. Verbittert, nachtragend und rachsüchtig, war er genau die Art Mann, die Uriteschup und Raia brauchten.
    Obendrein hatte er noch einige Freunde, die seine Ansichten teilten.
    Es kostete Raia kaum Mühe, ihn zu überreden, für ihn zu arbeiten und in eine Widerstandsgruppe einzutreten, deren Aufgabe es sein sollte, lebenswichtige Bereiche Ägyptens anzugreifen.

    Uriteschup biß seiner Geliebten in den Hals und drang ungestüm in sie ein. Tanit seufzte vor Wohlbehagen. Endlich erlebte sie echte Leidenschaft, diese

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