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Im Schatten der Drachen (MYTHENLAND - Band 1 bis 5 komplett) (German Edition)

Im Schatten der Drachen (MYTHENLAND - Band 1 bis 5 komplett) (German Edition)

Titel: Im Schatten der Drachen (MYTHENLAND - Band 1 bis 5 komplett) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Volker Ferkau
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es. Erneut blinzelte er, denn seine Augen brannten wie Feuer. Was tat er hier? Warum lief er wie ein Heimatloser durch die Gegend auf dem Weg zum Schrein? Wenn er sich je hierher bequemt hatte, waren konspirative Treffen der Grund. Balger betete nicht. Hatte nie gebetet. Niemand wartete auf ihn. Er rieb seine Augen und das Brennen verging. Sein Blick verschleierte sich und erstaunt nahm er wahr, dass er weinte. Verlegen blickte er sich um. Hoffentlich beobachtete das niemand. Er war alleine. Die steile Treppe mit den flachen Stufen war eingerahmt mit blühenden Herbstastern. Er mochte die klare Form dieser Blüte.
    Schnell nahm er die letzten Stufen.
    Er war alleine. Niemand war hier.
    Vorsichtig trat er durch den säuberlich geschnittenen Heckeneingang und trat auf feine Kiesel. Im Hintergrund warfen sechs Kerzen lange Schatten. Drei Schreine, einer für jede Gottheit. Der Inquister wischte sich das Gesicht ab, doch der Tränenstrom ließ sich nicht stoppen.
    Ein Schluchzen quälte sich durch seinen Körper und als es über seine Lippen kam, schlug er die Hand vor den Mund.
    Sie weiß nichts davon, somit ist sie mein Werkzeug!
    Er nahm den Ärmel seiner Kutte und wischte sich Rotz von der Nase. Es schüttelte ihn, brach aus ihm hervor und ohne es zu wollen, sank er vor den Schreinen auf die Knie. Er beugte sich vornüber und stützte sich auf den Handflächen ab. Tränen tropften aus seinem Gesicht, ein steter Fluss, der nicht versiegte.
    Sein Kopf war völlig leer.
    So sehr er nach etwas suchte, an dem er sich festhalten konnte, fand er nichts. Nichts, außer Trauer, Trostlosigkeit und Kummer. Das Gefühl, eine herrische Hand drücke sein Kinn an die Brust, wurde stärker. Seine Oberarmmuskeln zitterten, schließlich ließ er sich fallen. Alle Viere von sich gestreckt, lag er bäuchlings auf den Kieseln und sein ganzer Körper bebte.
    Du warst einer von Zwanzig!, wisperte eine sanfte Stimme. Du lebst, alle anderen sind tot!
    »Ja, ja - sie alle sind tot«, schluchzte Balger.
    Warum lebst du noch?, wollte die Stimme wissen.
    »Warum ich? Ich weiß es nicht!«, stieß Balger hervor und Speichel lief aus seinem Mund. »Wer spricht mit mir?«
    Sie starben schrecklich. Erinnere dich an den General . Er starrte dich an, während sein Körper zerdückt wurde und seine Azugen aus den Höhlen platzten wie reife Tomaten.
    »Schweig!«, ächzte Balger. »Schweig! Ich will es nicht wissen.« Die Stimme lauerte in seinem Kopf.
    Schaue hin!
    »Nein, das will ich nicht!«
    Auf das Gesicht des Pferdes und das deines Freundes im Geiste!
    »Warum ich?«
    Es waren gute Männer dabei. Junge Männer mit Familien und Kinder, die nun ohne Vater sind. Auch jener, der vor dir ritt und sich den Schädel einstieß, hatte Kinder, zwei. Und eine hübsche Frau. Er starb, weil er deinem Befehl folgte.
    Balger stemmte sich hoch und sein verschleierter Blick traf auf die Kerzen, die von einer eisblauen Korona umgeben waren. »Ich ritt hinter ihm. Ich war der zweite. Dennoch überlebte ich.«
    Die Stimme schwieg und Balger dachte, sie vertrieben zu haben. Erleichterung machte sich breit und seine Tränen versiegten. Bei den Göttern, was war los mit ihm? Seit wann weinte er? Er konnte sich nicht daran erinnern, je geweint zu haben. Er stemmte sich hoch und fuhr sich mit der Hand über den Kopf.
    Hinter ihm knirschte es. Jemand näherte sich. Hastig raffte der Inquister sich auf und klopfte den Staub von seiner Robe. Er richtete den Gürtel und schnäuzte sich ein weiteres Mal in den Ärmel. So durfte ihn niemand sehen. Man würde den Respekt vor ihm verlieren. Es wäre um seinen Ruf geschehen.
    Findest du gerecht, was geschah?
    Die wispernde Stimme harrte seiner und Balger war kurz davor, sich vor Schreck zu krümmen. Die Stimme lauerte hinter seinen Augen und wartete. Sie hatte sich dort eingerichtet und beobachtete. Er spürte ihre Präsenz, ihr hartes Lächeln und ihre Widerborstigkeit. Wie ein Skarabäus, der durch seine Tränen in seinen Schädel geschwommen war, unauffällig und schmerzlos. Er hielt den Atem an und streckte sich. Es drückte gegen seine Augäpfel und der Käfer machte es sich bequem und wartete.
     
     
    Balger drehte sich herum. »Ist da jemand?«, flüsterte er mit rauer Stimme. Hoffentlich war er nicht beobachtet worden.
    »Verzeiht, ich wollte nicht stören.« Eine sanfte Frauenstimme.
    »Ihr stört nicht«, sagte Balger, raffte seine Schöße und wollte sich davon machen. Er würde darüber nachdenken müssen, was soeben

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