Im Schatten der Drachen (MYTHENLAND - Band 1 bis 5 komplett) (German Edition)

mir war, doch er hasste den Sklavenhandel. Wir legten ab und gerieten in einen Sturm. Dieser brachte uns in Richtung Westen vom Kurs ab. Zwei Tage später überfiel uns ein Piratenschiff. Die Freibeuter kaperten uns und töteten, was das Zeug hielt. Fast noch schlimmer als die Piraten war ein gigantischer Margoulus, ein Meeresdämon, der sich in den Kampf einmischte und beide Schiffe zerstörte. Etwas traf meinen Kopf und als ich erwachte, war ich an eine Holzplanke geklammert. Ich trieb drei Tage im Meer, bis die Insel Fuure auftauchte. Dort strandete ich, nur wenige Stunden, nachdem die Drachen das Dorf der Barbs angegriffen hatten. So lernte ich Bob und Bama kennen. Seitdem sind wir zusammen.« Als sei er froh, endlich enden zu können, reckte er sich und grinste schief. »Tja, und nun bin hier!«
    Darius setzte den Wasserkrug auf den Tisch.
    Niemand wollte das erste Wort ergreifen. Zu sehr hatte Connors Bericht sie ergriffen. Frethmar fasste sich als erster. »Und nun? Wirst du in die Nordlande zurückkehren und dich rächen?«
    Connor runzelte die Stirn. »Nein. Welchen Sinn würde das machen? Korgath, mein Vater, ist ein harter Mann. Heute würde ich ihn besiegen, keine Frage, aber letztendlich ist und bleibt er mein Vater und der Clansführer. Es gab viele Nächte, in denen ich mich fragte, welcher Wahnsinn mich geritten haben musste, als ihn herausforderte. Den eigenen Vater zu einem Kampf auf Leben und tot. Ich war zornig und eitel. Ich war eifersüchtig und jung.«
    »Du hast eine Tochter«, sagte Lysa.
    »Und ich werde sie wiedersehen«, gab Connor zurück. »Doch nicht um den Preis des Blutes. Es muss andere Möglichkeiten geben.«
    »Mmpf«, sagte Bob.
    Connor schmunzelte. »Es mag euch merkwürdig vorkommen, doch ich weiß, dass meine Erinnerungen noch nicht komplett sind. Es gibt da etwas, ein Geheimnis, dass ich nicht greifen konnte. Ich bin mir sicher, ich werde bald dahinter kommen. Noch ist es nicht so weit. Nun muss ich erstmal mit dem klarkommen, was sich ergeben hat. Wisst ihr – vieles von dem, was ich auf unserer Reise sah, kam mir bekannt vor. Nicht viel war wirklich neu für mich. Genauso wie ich wusste, dass die Eiswelt nicht in Mythenland war. Wie Lysa zu sagen pflegt: Andauernd weiß ich etwas, aber nicht, warum! Ich hatte die Vision eines Mannes, der mich rief. Der sagte, vor mir liege eine wichtige Aufgabe, die ich erst dann lösen könne, wenn ich meinen Zorn verlieren.«
    »Und wo ist dein Zorn jetzt?«, fragte Bama.
    Connor seufzte. »Ich weiß es nicht. Ich spüre ihn nicht. Mir ist, als habe mich die letzte Stunde gereinigt. Ein merkwürdiges Gefühl, das ich ergründen muss.«
    Ein Ruf ließ sie hochfahren.
    »LAND IN SICHT!«
    Lysa sprang auf. Ihr Blick streifte Connor, dann war sie hinaus.
    »LAND IN SICHT!«
    Darius trank einen letzten Schluck. »Dandoria! Es kann sich nur um Dandoria handeln.«
    Frethmar kam zu Connor und tätschelte ihm die Schulter, dann stapfte er nach draußen.
    Bob sah seinen Freund mitfühlend an. »Ein hartes Schicksal, Blondling«, murmelte er.
    Als letzter verließ Connor die Kajüte.
     
     
     
     
     
     

8. Kapitel
     
    Die Wing legte im Hafen von Dandoria an. Nach ihren Reiseabenteuern wirkte die Beständigkeit der Stadt auf die Gefährten fast einschüchternd. Sie benötigten kein Beiboot, um an die Mole zu kommen, denn es gab lange Ausleger, an denen sie die Wing pollern konnten. Neben der Wing lagen zwei weitere Schiffe, eine Bark und ein Zweimaster.
    Conner und Bob lehnten an der Reling.
    »Die Stadt wirkt einladend«, sagte Bob. »Hier also sind wir im Herzen von Mythenland.«
    »Weiße Gebäude, braune Lehmhäuser, Stroh bedeckte Hütten, eine bunte Vielfalt«, gab Connor zurück. Er wies nach oben. »Und obendrauf eine graue Burg.«
    Im Hafen herrschte reges Treiben.
    Fuhrwerke ratterten über Kopfstein. Menschen und andere Rassen diskutierten lebhaft. Esel röhrten. Pferde scheuten. Bob wunderte sich über die Vielfalt der Rassen und der Kleidung. Manche waren festlich gekleidet, andere wiederum in einfach wirkenden weißen Umhängen. Frauen trugen ihre Haare kunstvoll frisiert, manche hatte sie hochgesteckt, andere kurzgeschnitten. Bob fiel auf, dass viele Menschenfrauen sehr freizügig angezogen waren und ihre Reize bedenkenlos darboten. Männer waren in Leder gekleidet, andere in weitem Leinen, Halblinge in engen schwarzen Kostümen und zwei Elfen, die in eine Gasse einbogen, die Hände hinter dem Rücken ins Gespräch vertieft,