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Im Schatten der Drachen (MYTHENLAND - Band 1 bis 5 komplett) (German Edition)

Im Schatten der Drachen (MYTHENLAND - Band 1 bis 5 komplett) (German Edition)

Titel: Im Schatten der Drachen (MYTHENLAND - Band 1 bis 5 komplett) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Volker Ferkau
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Blick und drückte sich schließlich an seinem Stab in den Stand. »Wenn Ihr unbedingt einen qualvollen Tod sterben wollt, werde ich Euch gewiss nicht aufhalten. Nur will es mir nicht in den Kopf, warum es ausgerechnet auf diese Weise geschehen sollt.«
    Statt einer Erklärung wuchtete Agaldir einen Beutel, prall gefüllt mit Münzen, auf den Tisch. »Das ist alles was ich besitze. Nehmt es. Nehmt alles, aber stellt keine weiteren Fragen mehr.«
    Tedley Galandier war der einzige Runenmaler der Stadt und auch der einzige, den man überhaupt im Menschenreich kannte. Geschichten über ihn gab es zuhauf. Bessere und Schlechtere. Doch sie alle behaupteten einstimmig, daß er seine ausgefallene Kunst einst von den Elfen erlernt hatte. Denn nur sie besaßen allgemein hin die Gabe, die magischen Muster in den Tiefen der Erde zu sehen und mit Feder und Tinte so auf ein Pergament oder die bloße Haut zu setzen, daß sie diese Energie weiterhin in sich trugen.
    Angeblich hatte Tedley für das Privileg unterrichtet zu werden, zweihundert Jahre gegeben. Zweihundert Jahre im Dienst der Elfen, um durch einen magischen Bund die nötige Zeit zu gewinnen, die sonst ein Menschenleben überstiegen hätte. Ob diese Legende stimmte, darüber schwieg er sich aus, so oft man ihn auch danach fragte.
    Auf Agaldir wirkte der großgewachsene Mann mit dem ausgedünnten Haarschopf nicht älter als vielleicht sechzig Jahre. Die Haut runzlig, der Körper leicht nach vorne gekrümmt, doch seine Hand bewegte er zielstrebig und ruhig, sobald sie eine Feder führte.
    »Die Runenbilder brauchen Zeit, um sich mit den Energiebahnen des Trägers zu verbinden, daher sollte man nicht mehr als zwei zugleich auftragen«, fuhr Tedley schließlich in seinem Vortrag fort und schlurfte zu einer der vielen Regale, in denen Dutzende Kästchen und dicke ledergebundene Folianten aufgestapelt lagen.
    »Ich habe keine Zeit zu warten«, entgegnete Agaldir mit ernster Miene und eiserner Entschlossenheit.
    Doch Tedley ließ sich nicht so einfach aus seinem Trott bringen. »Ihr wolltet wohl eher sagen, Ihr habt keine Geduld. Das sind durchaus zwei verschiedene Dinge.«
    Gemächlich griff der Maler nach einem der Bücher, klemmte es sich unter den Arm und machte sich auf den Rückweg zu seinem Platz. »Wer so viel Macht erlangen will, wie ihr, der mehr als nur Gold bieten um dem Handel gerecht zu werden.«
    Die Stimme ruhig und die Worte geradezu beiläufig, doch Agaldir wusste sofort, daß der Preis einer sein würde, den wohl niemand sonst je hatte zahlen wollen. Aber er hatte nichts mehr zu verlieren. »Sprecht. Sagt, was Ihr begehrt und Ihr werdet es erhalten.«
    Kurz glomm im Blick des Alten eine dunkle Flamme auf, die Agaldir zur Vorsicht rief.
    »Ihr wollt Macht an euch nehmen, also gebt Ihr auch. Wählt einen eurer Sinne aus, den ihr mir als Pfand überlasst. Einen eurer Sinne, den ich sicher verwahren werde. Sonst könntet ihr versucht sein, mich um meinen Lohn und mein Leben zu betrügen.«
    Mit diesen Worten setzte Tedley sich ein wenig umständlich, legte das mitgebrachte Buch auf den Tisch, klappte es auf, schob sich den Nasenkneifer höher und blätterte durch Seiten, geradeso als wäre nichts gewesen.
    »Einen meiner Sinne?«, wiederholte Agaldir mehr für sich selbst, denn an den Maler gerichtet.
    Wie würde er sich noch verteidigen können, wenn er den Gegner nicht mehr sah oder nicht mehr hörte? Zu welchem Genuss konnte ein Leben noch führen, wenn er den Duft der Welt nicht mehr riechen, die Süße und Bitterkeit einer Frucht nicht mehr schmecken können würde? Welche Bedeutung hätte sein Leben noch, wenn ihm selbst der Hass genommen sein würde?
    Unschlüssig starrte er vor sich hin, ließ seine Gedanken frei zu einzelnen Stationen seines Daseins wandern, bis ihm die Antwort klar vor Augen stand. Es war immer nur der eine Sinn gewesen, der ihm im Weg gestanden war - sehend und doch blind.
    Wahre Schönheit wie auch Wahrheit waren nicht an der äußeren Hülle abzulesen. Sie stecken im Inneren. Und um in das Innere eines Wesens zu blicken, dafür bedurfte es keiner Augen.
    »Nehmt mir das Sehen, wenn ihr etwas nehmen müsst«, antwortete er also. »Und ganz gleich was Ihr noch an Hürden vor mir auftürmen wollt, es spielt keine Rolle. Nicht spielt mehr eine Rolle, außer die Rache, die ich an jedem einzelnen Wesen üben werde, das sich aus Unterwelt an die Oberfläche wagt.«
    Damit ballte Agaldir die Hand zur Faust und starrte im Schmerz versunken auf

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