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Im Schatten der Gerechtigkeit

Im Schatten der Gerechtigkeit

Titel: Im Schatten der Gerechtigkeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Perry
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Sir Herbert. Verlieren Sie den Mut nicht. Wir haben noch etwas Zeit, in der wir Weiteres über Miss Barrymore und eventuelle Feinde und Rivalen in Erfahrung bringen können. Aber überdenken Sie bitte noch einmal die ganze Zeit Ihrer Zusammenarbeit; vielleicht fällt Ihnen ja doch etwas ein, was uns nützlich sein könnte. Wenn wir vor Gericht gehen, müssen wir schon mehr tun, als die Anklage zu bestreiten.« Er lächelte. »Aber versuchen Sie, sich nicht allzu viele Sorgen zu machen. Ich habe exzellente Leute, die mich unterstützen, und wir werden zweifelsohne noch eine ganze Menge entdecken.«
    Nun stand auch Sir Herbert auf. Er war bleich, und die Besorgnis war ihm jetzt, wo er sich nicht mehr auf spezielle Fragen konzentrierte, deutlich anzusehen. Der Ernst der Lage war überwältigend: Bei all seinen Beteuerungen, bei aller Logik und Rathbones Versicherungen drohte ihm, falls das Urteil zu seinen Ungunsten ausfiel, der Strick. Dieses Wissen verdrängte alles andere.
    Er machte Anstalten zu sprechen, fand aber dann keine Worte. Rathbone hatte öfter in Zellen wie dieser gestanden, und das mit Männern und Frauen aller Art, von denen jeder seine eigene Methode hatte, sich seiner Angst zu stellen. Sir Herbert war nach außen hin ruhig, aber Rathbone kannte die schlimmen Ängste, die er ausstehen mußte; er konnte nur nichts dagegen tun. Was immer er ihm sagen würde, sobald sich die große Tür hinter ihm schloß, wäre Sir Herbert für endlose Stunden allein, in denen die Hoffnung zur Verzweiflung würde und der Mut zur Todesangst. Ihm blieb nichts als zu warten und den Kampf anderen zu überlassen.
    »Ich werde meine besten Leute darauf ansetzen«, sagte er und drückte Sir Herberts Hand. »In der Zwischenzeit versuchen Sie, sich an jedes Gespräch zu erinnern, das Sie mit Miss Barrymore geführt haben. Das wird uns helfen, die Beweisführung der Staatsanwaltschaft zu entkräften.«
    »Ja.« Sir Herbert zwang sich zu einem Ausdruck ruhiger Intelligenz. »Selbstverständlich. Guten Tag, Mr. Rathbone. Ich freue mich auf Ihren nächsten Besuch…«
    »In zwei oder drei Tagen«, beantwortete Rathbone die unausgesprochene Frage, dann wandte er sich ab und rief nach dem Aufseher.
    Rathbone war fest entschlossen, alles in seiner Macht Stehende zu tun, in diesem Fall einen anderen Verdächtigen aufzustöbern. Wenn Sir Herbert unschuldig war, dann mußte ein anderer schuldig sein. Und in ganz London gab es keinen, der tüchtiger gewesen wäre, wenn es darum ging, die Wahrheit an den Tag zu bringen, als Monk. Folglich schickte er Monk einen Brief, daß er ihn noch am selben Abend in einer geschäftlichen Angelegenheit in der Fitzroy Street aufsuchen werde. Er kam noch nicht einmal auf den Gedanken, daß Monk anderweitig beschäftigt sein könnte.
    Und Monk hatte in der Tat nichts zu tun. Wie immer seine persönlichen Neigungen aussehen mochten, er brauchte jeden einzelnen Auftrag nicht weniger dringend als Rathbones Wohlwollen. Viele seiner, in beruflicher wie in finanzieller Hinsicht, lohnendsten Fälle waren über Rathbone gekommen.
    Er begrüßte ihn und forderte ihn auf, in einem der beiden bequemen Sessel Platz zu nehmen, dann setzte er sich in den anderen und sah ihn neugierig an. In seinem Brief hatte er nicht gesagt, um welchen Fall es sich handelte.
    Rathbone schürzte die Lippen. »Ich habe eine außerordentlich schwierige Verteidigung zu führen«, begann er vorsichtig und beobachtete dabei Monks Gesicht. »Ich halte meinen Mandanten für unschuldig. Die Indizien stehen auf schwachen Beinen, aber die Beweise für das Motiv sind sehr stark, und ein anderer unmittelbarer Tatverdächtiger bietet sich nicht an.«
    »Kämen denn andere in Frage?« unterbrach ihn Monk.
    »O ja, mehrere sogar.«
    »Mit Motiven?«
    »Gewiß, aber es gibt keinen Beweis dafür, daß eines triftig genug wäre, um eine solche Tat zu zeitigen. Es läßt sich eher darauf schließen, als daß man einen Hinweis hätte.«
    »Eine hübsche Unterscheidung«, meinte Monk lächelnd. »Ich gehe davon aus, daß das Motiv Ihres Mandanten offenkundiger ist?«
    »Ich fürchte, ja. Aber er ist keinesfalls der einzige Verdächtige – nur aufgrund gewisser Umstände der naheliegendste.«
    Monk machte ein nachdenkliches Gesicht. »Er bestreitet die Tat. Bestreitet er denn das Motiv?«
    »Auch das. Er behauptet, das Ganze beruhe auf einem Mißverständnis, das aufgrund von etwas… gestörten Emotionen zustande gekommen sei.« Er sah, wie Monks graue Augen

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