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Im Schatten der Gerechtigkeit

Im Schatten der Gerechtigkeit

Titel: Im Schatten der Gerechtigkeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Perry
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Geoffrey Taunton persönlich ein. Er war eine angenehme Erscheinung, Anfang Dreißig, groß, von gutem Wuchs und trug das zeitlose Schwarz der Trauer. Sein Teint war weder hell noch dunkel, seine Züge fein, regelmäßig und wohlproportioniert. Sein von Natur aus milder Gesichtsausdruck war im Augenblick vom Schmerz gezeichnet.
    »Mr. Monk? Guten Tag. Womit kann ich Ihnen und dem Verwaltungsrat dienen?« Er streckte ihm eine Hand entgegen.
    Monk ergriff sie mit einem schlechten Gewissen, sich unter falschen Voraussetzungen Zutritt verschafft zu haben, aber das war rasch abgeschüttelt. Es war nur eine Frage der Prioritäten.
    »Ich danke Ihnen, daß Sie mir Ihre Zeit widmen, Sir, und mir meinen unangemeldeten Besuch nachsehen«, entschuldigte er sich. »Aber ich habe erst durch Mr. Barrymore von Ihnen erfahren, den ich heute morgen aufgesucht habe. Wie Sie vielleicht bereits vermuten, hat man mich im Zusammenhang mit dem Tod von Miss Prudence Barrymore zu Rate gezogen.«
    »Zu Rate gezogen?« Taunton legte die Stirn in Falten. »Das ist doch wohl Sache der Polizei?« Seine Miene drücke schärfste Mißbilligung aus. »Falls sich der Verwaltungsrat Sorgen um einen Skandal macht, so kann ich nichts, aber auch gar nichts tun, um ihm zu helfen. Wenn man junge Frauen eine solche Arbeit verrichten läßt, kann das zu allen möglichen unseligen Umständen führen, wie ich Miss Barrymore immer wieder klarzumachen versuchte, wenn auch ohne Erfolg. Hospitäler sind weder dem Körper zuträglich noch der Moral«, fuhr er in strengem Ton fort. »Es ist schlimm genug, eines aufsuchen zu müssen, sollte man einer Operation bedürfen, die nicht im eigenen Heim durchzuführen ist, aber eine Frau, die dort in Stellung geht, setzt sich schrecklichen Gefahren aus. Vor allem, wenn die Betreffende aus besserem Hause ist und es somit nicht nötig hat, sich ihren Lebensunterhalt zu verdienen.« Sein Gesicht verdüsterte sich vor Gram über die Sinnlosigkeit des Ganzen, und er schob die Hände tief in die Taschen. Er sah eigensinnig aus, verwirrt und ausgesprochen verletzlich.
    Evan hätte er leid getan; Runcorn hätte ihm zugestimmt. Monk empfand nichts weiter als Zorn über seine Blindheit. Sie standen einander noch immer im kleinen Salon gegenüber, auf einem grünen Teppich, keiner von beiden bereit, sich zu setzen.
    »Ich nehme an, sie hat mehr aus Mitgefühl für die Kranken gearbeitet als um der Entlohnung willen«, sagte er trocken.
    »Nach allem, was ich gehört habe, war sie eine Frau von bemerkenswerten Fähigkeiten und großem Engagement. Daß sie nicht aus finanzieller Not gearbeitet hat, kann ihr doch nur zur Ehre gereichen.«
    »Es hat sie das Leben gekostet!« sagte Taunton bitter, die großen Augen voller Zorn. »Das ist eine Tragödie und ein Verbrechen! Nichts bringt sie wieder zurück, aber ich möchte den Verantwortlichen hängen sehen!«
    »Wenn wir ihn fassen, Sir, dann dürften Sie dieses Privileg sicher haben«, antwortete Monk hart. »Obwohl es meiner Ansicht nach eine scheußliche Sache ist, sich so eine Hinrichtung anzusehen. Ich habe nur zwei gesehen, aber es war jedesmal ein Erlebnis, das ich lieber vergessen würde.«
    Taunton sah ihn bestürzt an, sein Mund wurde schlaff, bevor er mißfällig das Gesicht verzog. »Ich habe das nicht wörtlich gemeint, Mr. Monk! Wie Sie sagen, allein der Gedanke daran ist scheußlich. Ich meinte damit nur, daß er gehängt werden soll!«
    »Oh, ich verstehe. Ja, das ist etwas anderes. Und eine weitverbreitete Haltung obendrein.« Seine Stimme war voller Verachtung für Leute, die unangenehme Aufgaben lieber anderen übertrugen, um sich nicht selbst der schmerzlichen Realität stellen zu müssen; Hauptsache, man schlief ohne Alpträume, ohne gepeinigt zu sein von Schuld, Zweifel und Mitgefühl. Schließlich rief er sich mit einiger Mühe den Zweck seines Besuchs ins Gedächtnis. Er zwang sich, Tauntons Blick mit soviel Höflichkeit wie nur möglich zu begegnen. »Ich werde alles in meiner Macht Stehende tun, daß es dazu kommt, dessen dürfen Sie versichert sein.«
    Taunton war beschwichtigt. Auch er vergaß den Anstoß, den er an Monk genommen hatte, und dachte wieder an Prudence und ihren Tod.
    »Warum kommen Sie zu mir, Mr. Monk? Wie kann ich Ihnen helfen? Ich habe nicht die geringste Erklärung für das, was passiert ist. Abgesehen vom Wesen eines Krankenhauses an sich, seiner Bewohner und der Art von Frauen, die man dort beschäftigt. Aber dessen sind Sie sich ja wohl

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