Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Im Schatten der Giganten: Roman

Im Schatten der Giganten: Roman

Titel: Im Schatten der Giganten: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Tallerman , Andreas Brandhorst
Vom Netzwerk:
war fast noch schlimmer. Wenn Moaradrids Männer dem üblichen Standard der nördlichen Stämme entsprachen, so waren sie wahrscheinlich im Sattel geboren, wohingegen meine mangelnde Kontrolle über Killer uns langsamer vorankommen ließ. Er schien nur zu schnell oder zu langsam laufen zu können, und für eine gleichbleibende Geschwindigkeit musste ich ständig mit ihm ringen. Ich gab mir alle Mühe und wünschte mir sehnlichst, dass endlich die Felsnase vor uns erschien, als könnte sie uns wundersame Rettung bringen.
    Natürlich lief es auf eine Enttäuschung hinaus. Salzleck hatte die Führung übernommen – mit seinen langen Schritten fiel es ihm nicht weiter schwer, ebenso schnell oder vielleicht sogar noch etwas schneller zu sein als unsere Pferde. Wo die Straße die Richtung änderte, um einigen Felsen auszuweichen, führte ein Weg nach rechts. Salzleck nahm ihn, ohne langsamer zu werden, völlig unbeeindruckt von der Steigung. Killer zeigte weitaus mehr Unsicherheit und blieb fast stehen, bevor er ein Gefühl für den lockeren Untergrund bekam.
    Ich ertappte mich bei dem Gedanken, dass Moaradrids Männer die Abzweigung vielleicht übersahen, aber für diese Hoffnung gab es eigentlich keinen Grund. Selbst wenn es in jener Gruppe niemanden gab, der unserer Spur folgen konnte – man musste kein Genie sein, um zu begreifen, wohin wir unterwegs waren. Moaradrid selbst hatte diesen Weg erst vor einigen Monaten genommen. Ich fragte mich kurz, wie er von dem Riesen-Stein erfahren hatte. Oder war er zu den Riesen geritten, um irgendeine Art von Vereinbarung mit ihnen zu treffen oder sie in seine Dienste zu zwingen? Ich wagte mir nicht vorzustellen, was dem rücksichtslosen Kriegsherrn bei jener Gelegenheit durch den Kopf gegangen war.
    Ich konnte der Versuchung nicht widerstehen, einen weiteren Blick über die Schulter zu werfen, in der Hoffnung, dass das Glück dieses eine Mal auf unserer Seite sein würde. Der Weg führte an von Kreideschichten durchzogenen Schieferplatten vorbei, manchmal auch an Böschungen aus fester Erde, von Dornbüschen bewachsen. Die Straße weiter unten blieb außer Sicht. Auf der linken Seite zeigte sich gelegentlich der Fluss, und vor uns ragten die Felswände des Gebirges auf. Ich konnte nicht sagen, ob uns Moaradrids Männer folgten.
    Solange ich es nicht genau wusste, durfte ich hoffen.
    Der Weg wurde immer schwieriger und auch steiler. Killer wäre fast gestürzt und wieherte klagend – dieses Gelände, das sich eher für Esel eignete, behagte ihm ganz und gar nicht. Zwar hatte ich Mitleid mit ihm, als ich fühlte, wie sehr er sich anstrengen musste, aber meine größte Sorge bestand darin, dass wir vielleicht gezwungen sein würden, die Pferde aufzugeben. Nach der Plackerei der letzten Stunden waren Estrada und ich nicht unbedingt in Bestform. Wenn wir die Pferde zurückgelassen hätten, wäre Moaradrid uns gegenüber zweifellos im Vorteil gewesen.
    Natürlich klammerte ich mich noch immer an der vagen Hoffnung fest, dass die Verfolger unsere Spur verloren hatten. Erst als wir den Bereich der kleinen Rinnen und Schluchten verließen und den Beginn des eigentlichen Berghangs erreichten, bekamen wir wieder einen klaren Blick. Dort war der Fluss: Er strömte den Hang hinab und wand sich dann in der Ferne durch bläulichen Dunst. Dort war die Cancasa-Brücke, die vor dem Hintergrund des wilden, schäumenden Wassers lächerlich klein und zerbrechlich wirkte; die Straße führte über sie hinweg.
    Und schließlich sah ich auch Moaradrids kleine Gruppe. Es überraschte mich, wie weit sie zurückgefallen war – sie hatte gerade die Abzweigung erreicht. Aus dieser Entfernung waren die Reiter nur Flecken vor dem Grau des Weges.
    Sie schienen es nicht besonders eilig zu haben. Mounteban hatte ja gesagt, dass Moaradrids unbezahlte, schlecht ernährte Soldaten kurz vor der Meuterei standen. Ließen sich die Verfolger Zeit, weil sie nicht mit ganzem Herzen bei der Sache waren und überlegten, ob es nicht besser sei, umzukehren und diese Angelegenheit einfach zu vergessen? Ein anderes Detail ließ mich daran zweifeln. Mindestens ein halbes Dutzend Reiter hatte sich der Gruppe hinzugesellt, und ich glaubte, auch einige Packtiere zu erkennen. Vielleicht hatten die Männer auf Verstärkung und Ausrüstung gewartet, möglicherweise sogar auf Moaradrid höchstpersönlich. Würde er dies nicht selbst zu Ende bringen wollen?
    Vielleicht beeilten sie sich nicht, weil sie wussten, dass wir ihnen

Weitere Kostenlose Bücher