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Im Schatten der Giganten: Roman

Im Schatten der Giganten: Roman

Titel: Im Schatten der Giganten: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Tallerman , Andreas Brandhorst
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nicht entkommen konnten.
    Mir kam ein Gedanke: Wenn ich Salzleck den Befehl gab, würde er sie alle töten. Ein Dutzend Männer – ein geworfener Felsbrocken genügte wahrscheinlich. Vielleicht hätte ich diese Möglichkeit schon vor Tagen nutzen sollen, etwa in Panchettos Palast. Dann wäre der Prinz jetzt noch am Leben. Ich sah zu Salzleck. Seit fast einer Stunde lief er – oder vielleicht war es für ihn schnelles Gehen –, und seine Haut glänzte schweißnass. Doch das Gesicht zeigte keine Müdigkeit, nur unerschütterliche Freude.
    Offenbar bedeutete die Heimkehr ihm so viel, dass all die von Furcht und Gewalt bestimmten Tage plötzlich keine Rolle mehr spielten. Ich wollte nicht, dass das Blut jener Mistkerle an Salzlecks Händen klebte, wenn er mit seinem Volk Wiedersehen feierte. Zum Teufel mit Moaradrid – sollte er uns einholen.
    Und genau das wollte seine Gruppe: uns einholen. Als ich das nächste Mal Ausschau hielt, war sie etwas näher gekommen. Die Männer kamen nicht viel schneller voran als wir, aber das mussten sie auch nicht. Es genügte, wenn sie pro Stunde einen Schritt gewannen; früher oder später würden sie uns erreichen.
    Mir wurde allmählich klar, dass ich nicht dauernd an die Verfolger denken durfte, wenn ich nicht viel früher sterben wollte. Der Weg war schrecklich, eigentlich gar kein richtiger Weg. Abgesehen von Moaradrid und seinen Soldaten vor einigen Wochen konnte hier seit Jahren nichts Größeres als eine Ziege unterwegs gewesen sein. Eine größere Streitmacht hatte der Kriegsherr bestimmt nicht in diese Höhen gebracht; vermutlich hatte er das Heer weiter unten lagern lassen. Unter den Hufen unserer Pferde erstreckte sich nur ein schmales Felsband, und daneben reichte der Hang fast senkrecht bis zu den Felsen tief unten.
    Schließlich erreichten wir eine Stelle, wo es weniger steil aufwärts ging und der Abstand zwischen Berg und Abgrund so breit wurde, dass Estrada und ich nebeneinander reiten konnten, mit Salzleck an unserer Seite. Der Riese zögerte nicht, die gefährlichere Position einzunehmen. Er ging am Rand des Weges, völlig unbeeindruckt von dem Abgrund neben ihm. Estrada ritt an der Innenseite und ich in der Mitte.
    Killer hatte inzwischen sein ungestümes Temperament verloren. Mit großer Vorsicht setzte er einen Huf vor den anderen, und gelegentlich kam ein besorgtes Schnaufen von ihm. Er brauchte immer mehr Führung und machte keinen Hehl daraus, wie sehr er es verabscheute, dass ich immer wieder über die Schulter nach Moaradrids Männern sah. Dann rückte er näher zum Rand des Weges und verhielt sich so, als wären es nur meine Hände an den Zügeln, die ihn – und damit auch mich – vor einem Sturz in den Abgrund bewahrten. Ich sah ein, dass ich mich ganz auf ihn konzentrieren musste, wenn ich vermeiden wollte, dass er uns beide seiner Sturheit opferte.
    Leider kam diese Einsicht ein bisschen zu spät.
    Estradas Pferd wieherte fast schrill, als es plötzlich ausrutschte, und zwar auf mich zu. Ich zügelte Killer, aber etwas zu stark. Der Hengst wich nicht etwa aus, sondern blieb stehen. Estradas Pferd prallte gegen ihn, wodurch er ebenfalls ins Rutschen geriet. Ich starrte zum Rand des Weges, der viel zu schnell näher kam.
    »Salzleck!«
    Er drehte den Kopf und sah beide Pferde auf sich zukommen, mit Hufen, die keinen Halt mehr fanden. Für einen Moment wirkte er verwirrt. Dann streckte er die Arme aus, und zwar gerade noch rechtzeitig, denn Killer war heran. Salzleck drückte seine großen Hände an die Flanke des Hengstes, was den aber noch mehr erschreckte. Er bäumte sich auf und trat mit den Vorderbeinen, und ich schlang ihm die Arme um den Hals. Salzleck duckte sich, um nicht von den Hufen getroffen zu werden.
    Estrada war es inzwischen gelungen, ihr Pferd wieder unter Kontrolle zu bringen, doch Killer hatte einfach zu viel Angst. Er wollte nach vorn springen, aber ebenso gut hätte er versuchen können, auf Eis zu laufen – er rutschte noch mehr, und der Rand des Weges kam noch näher. Der Hengst wieherte entsetzt, und ich sah die Miniaturlandschaft tief, tief unten, bestehend aus winzigen Bäumen und Felsen. Killer versuchte einen weiteren Sprung, zurück in die Mitte des Weges, aber das Geröll gab unter ihm nach, und plötzlich fanden seine Vorderläufe nur noch leere Luft.
    Wir stürzten in die Tiefe.
    Ich spürte den Wind und hörte sein Pfeifen. Ich fühlte, wie ich fiel.
    Das teilte mir zumindest mein Verstand mit. Die Augen

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