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Im Schatten der Giganten: Roman

Im Schatten der Giganten: Roman

Titel: Im Schatten der Giganten: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Tallerman , Andreas Brandhorst
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Sie stellte die Laterne mitten auf den Boden und nahm mir gegenüber Platz, neben der Tür. »Es steht mehr auf dem Spiel, als du ahnst, und das war von Anfang an der Fall. Wer weiß, was deine Dummheiten das Castoval gekostet haben.«
    »Wie viel auch immer, ich komme dafür auf.« Damit es nicht ganz so überstürzt klang, fügte ich hinzu: »Es dauert allerdings eine Weile, weil ich nur in Raten zahlen kann.«
    »Die Frage, die wir uns stellen müssen, lautet: War es wirklich nur Dummheit, oder stecken vielleicht Schläue und Schlitzohrigkeit dahinter? Warum wir uns das fragen, kannst du unschwer erkennen, wenn du die Angelegenheit aus unserem Blickwinkel betrachtest. Wir haben hier einen Mann, der Moaradrid höchstpersönlich begegnet ist, Zeit in seinem Heereslager verbracht hat, Münzen von ihm besitzt und jetzt, na so ein Zufall, bei uns Zuflucht sucht. Meinst du nicht, dass wir Verdacht schöpfen sollten?«
    Mir gefiel nicht, in welche Richtung sich das Gespräch entwickelte. »Ich weiß nicht, wen du mit ›wir‹ meinst. Ich konnte nicht weiterlaufen, und deshalb bin ich nach Muena Palaiya gekommen. Mounteban habe ich nur deshalb um Hilfe gebeten, weil ich sonst niemanden kenne, der mir helfen könnte.«
    »Das stimmt vielleicht.«
    Estrada wandte den Blick ab und strich sich mit langen Fingern durchs Haar. Mir fiel auf, wie zerzaust es war, doch passte es zu ihrem ganzen Erscheinungsbild. Ihr Mantel, für die Reise bestimmt, war fleckig und an einigen Stellen aufgerissen. Schmutz zeigte sich an der einen Seite des Gesichts, unter einem blauen Fleck, den das Haar nur halb verbarg. Hinzu kamen dunkle Ringe unter den Augen und Falten in ihren Winkeln.
    Marina Estrada schien das Verhör nicht weiterführen zu wollen, saß einfach nur da, starrte ins Leere und hing ihren Gedanken nach. Ich nutzte die Gelegenheit, um mich zu fragen, was mir eigentlich zur Last gelegt wurde. Die Annahme, dass ich gemeinsame Sache mit Moaradrid machte, war ebenso absurd wie die, dass ich mich all diesen Mühen unterzogen hatte, nur um einen ehemals kriminellen Kneipenbesitzer und eine Bürgermeisterin in welche Falle auch immer zu locken. Was hatte Mounteban und Estrada überhaupt zusammengeführt? Die Partnerschaft war mehr als ungewöhnlich. Konnte es sein, dass Estradas Maßnahmen gegen das Verbrechen nur eine Tarnung waren, mit der sie über ihre Korruption hinwegtäuschen wollte? Vielleicht bildeten Mounteban und sie ein Liebespaar, vereint von paranoidem Misstrauen und einer Vorliebe für Entführungen.
    »Unter anderem bist du mit einem Riesen geflohen.« Ihre Stimme klang wieder normaler und melodischer. »Und dann hast du ihn verlassen.«
    Diese Worte überraschten mich. »In gewisser Weise hat er mich verlassen.«
    »Willst du das allen Ernstes behaupten?«
    »Nun, ›verlassen‹ ist in diesem Zusammenhang vielleicht ein bisschen übertrieben. Es war so etwas wie eine Trennung in freundlichem Einvernehmen, in der Hoffnung, dass wir uns eines Tages wiedersehen. Ich befand mich in einer recht schwierigen Situation. In akuter Lebensgefahr kann ich nie klar denken.«
    »Du hast den Riesen zurückgelassen und ein Pferd gestohlen, das du kurze Zeit später ebenfalls sich selbst überlassen hast. Anschließend haben wir für eine Weile deine Spur verloren. Als man dich das nächste Mal sah, warst du dabei, über die Felswand in die Stadt zu klettern. Zum Glück für dich waren die Wächter angewiesen, dich in Ruhe zu lassen. Du hast dich auf den Weg zu Castilio gemacht, wie wir hofften, und jetzt sind wir hier.«
    »Und wo ist ›hier‹?«
    »Das brauchst du nicht zu wissen. Bis kein Zweifel mehr daran besteht, dass wir dir trauen können, brauchst du gar nichts zu wissen. Bisher schließen wir nicht ganz aus, dass deine Behauptungen vielleicht der Wahrheit entsprechen, und dafür gibt es nur einen Grund: Du könntest nützlich für uns sein. Trotzdem gibt es Leute, die meinen, dass wir auf Nummer sicher gehen und dich hängen sollten.«
    »Bürgermeisterin Estrada, Ihr habt recht«, sagte ich und hielt es für angebracht, besonders höflich zu sein. »Ich kann nützlich sein. Unter den richtigen Umständen kann ich sogar sehr nützlich sein. Wenn man es so sieht … Wie, glaubt Ihr, stehen dann die Chancen für mehr Brot, diesmal mit ein wenig Öl und vielleicht auch einem Becher Wein?«
    Estrada stand auf und nahm ihre Laterne. »Komm, Damasco«, sagte sie. »Ich möchte dir etwas zeigen.«
    Ich seufzte, stemmte mich

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