Im Schatten der Giganten: Roman
ich es sofort bemerkt. Immerhin war es groß genug und außerdem auch noch bunt.
Ich musste ein wenig hin und her schwingen, bis es mir gelang, das Paket zu erreichen, aber es lohnte die Mühe, denn das erste Objekt, das herausfiel, war ein gekrümmtes Messer. Es erwies sich als verteufelt scharf. Zwei Schnitte genügten, um mich zu befreien, und ich blieb keuchend auf dem Rücken liegen, umgeben von feuchtem Gras.
Schließlich setzte ich mich mühsam auf und sah mir an, was das Paket sonst noch enthielt. Seine Hülle erwies sich als ein Mantel, der das blutige Rot von Moaradrid zeigte, was sich allerdings erst auf den zweiten Blick erkennen ließ, weil der Mantel so schmutzig und verblichen war. Im Innern des Pakets entdeckte ich eine Nietenjacke aus Leder mit einem langen Riss am Saum. Sie konnte nur als Tarnung gedacht sein. Mit einer solchen Jacke, die einmal Teil einer Lederrüstung gewesen sein mochte, wäre ich in Moaradrids bunt zusammengewürfeltem Heer nicht weiter aufgefallen. Das Messer war vermutlich Beutegut von der Leiche eines Nordländers.
War das Estradas Plan? Sollte ich als einer seiner Männer verkleidet Moaradrids Lager betreten, den Wächtern freundlich zuwinken, Salzleck losschneiden und dann mit ihm davonspazieren, ohne dass sich jemand was dabei dachte? Ich hatte mir in meinem Leben schon schlimmere Pläne einfallen lassen, aber nur unter dem Einfluss von ziemlich viel Alkohol. Dieser Plan hatte zweifellos den Vorteil von Dreistigkeit auf seiner Seite, und außerdem erwarteten die Wächter einen Angriff und keinen lächerlich schlecht vorbereiteten Dieb. Unglücklicherweise konnte ich keine weiteren Vorteile erkennen.
Allerdings hatte ich auch keine besseren Ideen. Mit ein bisschen Improvisation war diese Angelegenheit vielleicht etwas weniger selbstmörderisch, als es ein Sprung von der Klippe ohne Seil gewesen wäre.
Ich verbrachte einige Minuten damit, mich umzuziehen. Wenigstens war der Mantel wärmer als jener, den ich mir am vergangenen Tag besorgt hatte. Ich trug ihn offen, damit man die Lederjacke und das Messer am Gürtel sehen konnte. Als ich fertig war, hatte ich etwa ebenso große Ähnlichkeit mit einem Nordländer wie Costas und seine idiotischen Fischer. Ich hoffte, dass es genügte.
Ich brauchte eine Weile, um in der Dunkelheit einen Weg durch die Büsche und Bäume zu finden. Als ich sie schließlich hinter mir zurückließ, machte ich mich so sichtbar wie möglich. Die Straße wies ein leichtes Gefälle auf, und ich war auf dem halben Weg nach unten, als ein Ruf erklang: »Bleib stehen!«
Ich blieb stehen.
»Wer bist du?«
»Wer bist du , verdammt? Ein Mann geht los, um sich abseits aller anderen zu erleichtern, und nicht genug damit, dass er seltsame Sachen im Gestrüpp entdeckt – er kann nicht zurück, ohne angebrüllt zu werden.«
Eine Gestalt kam aus der Finsternis beim nächsten Baum. Zuerst sah ich nur einen undeutlichen Umriss, mehr nicht. Dann bemerkte ich das Schwert, als der Mondschein die breite Klinge fand.
»Seltsame Sachen?«
»Dieser Mantel«, sagte ich und hob meinen alten. »Hing an einem Zweig. Jemand hat ein Zeichen darin hinterlassen.« Dieser Jemand war ich selbst; mit dem Messer hatte ich hinten ein Kreuz hineingeschnitten. »Ich halte das für sehr verdächtig …«
Die Gestalt kam näher und ließ das Schwert sinken. »Lass mich mal sehen.«
Ich zeigte ihm den Mantel. »Was könnte das sein? Vielleicht eine Art Signal?«
Der Soldat steckte das Schwert in die Scheide, da er beide Hände brauchte, um den Mantel entgegenzunehmen.
»Ist ziemlich schmutzig. Und auch zerrissen. Gehörte wahrscheinlich einem Vagabunden.« Es klang unsicher.
Eine ruppige Stimme kam aus dem Innern des Lagers. »Haltet die Klappe, ihr Plappermäuler. Kehrt auf eure Posten zurück!«
Der vor mir stehende Mann wurde plötzlich nervös und drehte sich um. »Tschuldigung, Hauptmann.« Und zu mir: »Geh weiter. Bleib innerhalb des Lagers. Vielleicht fragt beim nächsten Mal niemand und schickt gleich einen Pfeil.« Er gab mir den schmutzigen Mantel zurück.
»Pass gut auf«, sagte ich. »Eine verdächtige Sache, meiner Meinung nach.«
Mit allem Selbstvertrauen, das ich aufbringen konnte, trat ich an dem Soldaten vorbei, der daraufhin wieder in der Dunkelheit verschwand. Ich fürchtete, dass der Hauptmann, den ich eben gehört hatte, vielleicht entschied, mir einige Fragen zu stellen. Bei ihm schien es sich um einen Mann zu handeln, der sich nicht so leicht
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