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Im Schatten der Giganten: Roman

Im Schatten der Giganten: Roman

Titel: Im Schatten der Giganten: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Tallerman , Andreas Brandhorst
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die einen strategischen Wert besaß, es sei denn, dass Reis und Oliven bei der Strategie der einen oder anderen Seite wichtige Rollen spielten. Die castovalanische Streitmacht, vor allem Milizen aus den Städten, bestand größtenteils aus Kavalleristen und war schnell genug, um sich vom Gegner abzusetzen und die Brücke zu zerstören, wenn sich das Kriegsglück gegen sie wenden sollte. Ich hielt den Plan für gut, soweit ich ihn beurteilen konnte, denn er berücksichtigte sowohl die Vorteile der Castovalaner als auch das Terrain.
    Meine Landsleute hatten trotzdem keine Chance.
    Was uns betraf … Unsere Aufgabe wurde schnell klar. Als wir schließlich anhielten, bemerkte ich rechts von uns zwei weitere Gruppen aus schmuddeligen Freiwilligen. Lugos ließ uns vier Reihen bilden, und der Riese baute sich trampelnd hinter uns auf; Leon klammerte sich kniend an eine Plattform über seinen Schultern. Die anderen Gruppen formierten sich ähnlich, und zusammen deckten wir ein ganzes Stück des Hanges ab. Wir bildeten einen Kordon, der die Verteidiger daran hindern sollte, in die Berge zu fliehen. Es spielte keine Rolle, ob wir zu kämpfen verstanden oder nicht. Während die Castovalaner uns unter sich zertraten, würden die Verfolger herankommen und sie von hinten niedermetzeln.
    Im Tal geschah etwas. Hörner erklangen. Ein dumpfes Dröhnen begann und wurde immer lauter, bis ich begriff, dass es von stampfenden Füßen und Hufschlägen stammte. Im gleichen Moment begann es zu nieseln, und die Sonne stieg über den Horizont, tödlich blass und wie geschrumpft in ihrer Decke aus Wolken.
    Die beiden Heere trafen mit einem Radau aufeinander, der zwischen den Bergen widerhallte und selbst in unserer Höhe noch erstaunlich laut war. Das Klirren von Metall gesellte sich dem Stampfen hinzu. Die beiden dunklen Massen wogten und vermischten sich, bis es nicht mehr möglich war, Freund von Feind zu unterscheiden, oder festzustellen, wer sich gegen wen durchsetzte.
    Moaradrid verstand sein Handwerk. Welchen besseren Zeitpunkt als das Morgengrauen hätte er für den Angriff seiner Truppen wählen können als diese Düsternis, aus der plötzlich monströse Gestalten drangen? Hatte er auch den Regen eingeplant? Er fiel jetzt stärker von einem Himmel, der wieder dunkel geworden war, fast so dunkel wie in der Nacht. Nur gelegentlich tat sich eine Lücke auf, durch die die Sonne etwas Licht auf die Erde schickte.
    Ich weiß nicht, wie viel Zeit verging. Zeit schien plötzlich keine Rolle mehr zu spielen. Doch irgendwann zeichnete sich die Niederlage der Verteidiger ab. Mir fehlte militärisches Wissen, und so stellte ich mir vor, dass sie vielleicht einen Trick versuchten, dass sie an einer Stelle zurückwichen, um an einer anderen vorzustoßen. Vielleicht stimmte das sogar teilweise, aber im Großen und Ganzen mussten die Verteidiger zurückweichen, und zwar immer mehr, je älter der Morgen wurde.
    Bestimmt hielt Moaradrid noch mehr Riesen in Reserve. Ich hatte mindestens vier Dutzend der geheimnisvollen Planwagen gesehen, bevor ich erwischt worden war. Jede der drei Freiwilligenbrigaden verfügte über einen Riesen, und damit hatte es sich. Wir waren so weit von den Verteidigern entfernt, dass sie die monströsen Gestalten noch nicht bemerkt haben konnten – Moaradrids Überraschungsmoment blieb also intakt. Worauf wartete er?
    Gewisse Anzeichen deuteten darauf hin, dass die Castovalaner den Rückzug antreten wollten. Sie zogen ihre Flanken zur Brücke zurück, obwohl noch niemand Anstalten gemacht hatte, sie zu überqueren. Moaradrids Truppen nutzten die Gelegenheit und breiteten sich hinter ihnen zu einem Einkesselungsmanöver aus, rückten nach Norden und auf höheres Gelände unter uns vor. Wenn die Castovalaner nach Westen flohen, brauchte ich mir keine Sorgen zu machen. Das Castoval ging dann wahrscheinlich verloren, was mir aber nicht mehr sehr wichtig erschien. Sollten sich die Verteidiger über die Brücke absetzen, dann war alles in Ordnung.
    Hinter der Brücke, jenseits der Kämpfe, weckte etwas meine Aufmerksamkeit. Das Wasser schäumte dort, als brächen sich Wellen an aufragenden Felsen.
    Nein, es waren keine Felsen, sondern die Riesen.
    Der Fluss war dort seichter, aber Menschen konnten trotzdem nicht hoffen, ihn zu überqueren, nicht einmal auf Pferden. Bei den Riesen sah die Sache anders aus. Ihre Köpfe ragten von Schaum umgeben aus dem Wasser und bewegten sich mit quälender Langsamkeit. Ich hoffte, dass sie

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