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Im Schatten der Königin: Roman

Im Schatten der Königin: Roman

Titel: Im Schatten der Königin: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tanja Kinkel
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wäre. Ich konnte auch nicht zu ihr sagen: »Ich würde Euch nie verraten«, denn wir wussten beide, dass ich es bereits getan hatte, einmal aus Angst vor der Folter, als ich den Herren vom Kronrat alles erzählte, was ich wusste, und vorher, weil ich es überhaupt so weit kommen ließ, statt sie vor Seymour zu beschützen.
    Also sagte ich nichts, sondern knickste nur und machte mich auf den Weg ins Vorzimmer. Ich war kaum an Mall Sidney vorbei, da holte mein Mädchen mich ein und schlang ihre Arme um mich.
    »Kat«, murmelte sie, »Kat, es tut mir leid. Ich weiß, dass du es nur gut meinst.«
    Sie müssen ihr irgendwann Kopien meiner Aussagen gezeigt haben, damals, als man sie verhörte. Aber sie hat mich nie danach gefragt.
    »Als ich gesagt habe, es würde nie einen Herrn hier geben, sondern nur eine Herrin, da hat das auch Cecil mit eingeschlossen«, fuhr sie fort, ohne mich weiter als Armeslänge von sich fortzulassen. » Divide et impera. Latein ist eine Sprache, die ich nicht von dir gelernt habe, aber das Motto Teile und herrsche kennst du doch gewiss genauso gut wie die Gelehrten. Es ist für einen Fürsten nicht gut, wenn es in seinem Hofstaat nur einen mächtigen Mann gibt, nur eine Partei. So ein Mann käme immer in Versuchung, sich für den eigentlichen Herrscher zu halten, und sei er auch noch so loyal. Deswegen ist es gut, wenn es mehrere gibt. Hast du daran schon einmal gedacht?«
    Ich dachte, dass sie nach Ausreden suchte, um einen anderen Grund als ihre Zuneigung zu ihm zu haben, Robin Dudley auch bei einem Schuldspruch nicht fallenzulassen.
    »Der Herzog von Norfolk und Graf Suffolk sind mächtige Männer«, sagte ich und achtete darauf, weiterhin Flämisch zu sprechen, »und waren es auch schon unter Euren Geschwistern und Eurem Vater.«
    Sie nickte. »Du sagst es. Und sie schulden mir nichts. Sie können darauf rechnen, auch noch mächtige Männer zu sein, wenn ich morgen stürbe und diese junge dumme Gans von einer Schottin auf dem französischen Thron oder einer von Lady Lennox’ Sprösslingen sich die englische Krone aufsetzte. Ich dagegen brauche Männer um mich, die ihre Macht und ihren Einfluss durch mich beziehen, die mir alles schulden, nicht ihrer Abstammung, und in deren Interesse es liegt, mir so gut wie möglich zu dienen, weil niemand sonst ihnen die Gelegenheit geben wird, die ich ihnen biete, statt jedes Mal nach dem nächsten Herrscher Ausschau zu halten, wenn sie unzufrieden sind. Robin ist so ein Mann.«
    »Solche Freunde sind teuer«, sagte ich und versuchte, die Angelegenheit von der nüchternen Seite anzugehen. »Das Geld, das er Euch damals gegeben hat, als Eure Schwester noch lebte, das habt Ihr ihm inzwischen mit all den Ämtern und Privilegien doppelt und dreifach erstattet. Ein Mann von ererbtem Vermögen und Rang dagegen, den müsst Ihr nicht erst ausstatten wie eine Maid ohne Mitgift.«
    »Ich bin noch keinem Mann begegnet, ganz gleich, ob er von Haus aus reich und berühmt oder ein armer Schlucker ist, der nicht nach einer Anerkennung besser und mehr gearbeitet hätte«, sagte Elizabeth abwehrend, »es sei denn, er wäre ein Dummkopf, und ich habe keine Narren um mich. Ich mache Robin oder Cecil Geschenke, weil ich sie gerne habe, Kat … nicht nur deswegen. Ich tue es aus dem gleichen Grund, aus dem Robin mir damals das Geld geliehen hat und aus dem Cecil mir half, als der gesamte restliche Kronrat meines Bruders mich den Wölfen vorwerfen wollte. Wir investieren alle in die Zukunft, und bei Gott, ich werde dafür sorgen, dass es eine Zukunft ist, in der jeder von uns sein Bestes gibt!«
    Das mochte alles stimmen, aber es gab noch immer etwas, was mir im Magen lag wie Gift. Ich zog sie näher und flüsterte ihr ins Ohr. »Und wenn er sie wirklich getötet hat?«
    Ihre Arme sanken von meiner Taille herab.
    »Wenn er sie wirklich getötet hat?«, wiederholte ich hartnäckig, da ich spürte, dass ich endlich zu ihr durchdrang.
    »Dein Mann in Cumnor hat dir doch noch keinen Bericht erstattet, also wissen wir immer noch nicht mehr«, sagte sie und trat einen Schritt zurück. Ich zögerte, dann gab ich mir einen Ruck und tat etwas, von dem ich wusste, dass es ihr weh tun würde. Es ist nur zu ihrem Besten, sagte ich mir. Genau wie man sie als Kind lehren musste, dass Flammen verbrennen und man daher die Hände vom Feuer lassen sollte.
    »Bess«, sagte ich. Es gab nur zwei Menschen, die sie so genannt hatten, und ich gehörte nicht dazu. Der eine war ihr Vater gewesen,

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