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Im Schatten der Königin: Roman

Im Schatten der Königin: Roman

Titel: Im Schatten der Königin: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tanja Kinkel
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wenn er guter Stimmung war, die andere die Königinwitwe, die letzte seiner sechs Ehefrauen, ihre Stiefmutter, die dann Thomas Seymour geheiratet hatte und in dem Bewusstsein gestorben war, von ihm mit ihrer Stieftochter betrogen worden zu sein.
    Ihr Gesicht wurde starr, und zum ersten Mal ahnte ich, wie sie wohl aussehen mochte, wenn sie mein jetziges Alter erreicht hatte, wenn ihre Wangen eingefallen waren und ihre lange Nase betonten und das energische Kinn.
    »Mord ist immer Mord«, sagte sie tonlos. »Und Mord findet seine Strafe.«

Kapitel 11
    Freitag, 13. September 1560
    I n London bildete man sich viel auf die Austern aus der Themse ein; in Kew, wo viel weniger Leute danach strebten, besagte Austern aus dem Fluss zu klauben, gab es sowohl mehr als auch wohlschmeckendere.
    Austern waren nicht mein gewöhnliches Frühstück, aber da ich einen Tag bei Hofe vor mir hatte und möglicherweise ein paar heikle Unterhaltungen, wollte ich gut gestärkt losziehen. Ich habe nie an die Vorzüge eines leeren Magens hinsichtlich des Denkvermögens geglaubt. In meiner Kindheit war es uns wegen all der Fastentage ein gutes Drittel des Jahres lang verboten gewesen, Fleisch zu essen, und wenn ich mir das Schicksal meines Landes in jenen Jahren betrachte, hat das bei niemandem die Weisheit erhöht.
    Robin hatte mir seinen Brief an Cecil noch am gestrigen Abend gegeben; ich erwartete eigentlich, dass er mir auch noch einen an die Königin überreichen würde, aber wenn er ihr in jenen Tagen schrieb, ob Bittschriften oder Liebesbriefe, dann nicht mit mir als Boten.
    Ich habe Amy nie geschrieben, nachdem sie Kidderminster verlassen hatte. Margery tat es ein paarmal, freundliche, respektvolle Briefe, die sie mir stets zeigte und denen sie meine guten Wünsche hinzufügte. Amy ihrerseits schrieb Margery, und nur Margery. Jedesmal, wenn eines ihrer kurzen Schreiben eintraf, war ich beunruhigt, und jedes Mal, wenn nichts darin stand als Harmlosigkeiten und Klagen über ihre Gesundheit, war ich erleichtert. Nun, ich will es gestehen: ein winziger, törichter Teil von mir mochte manchmal enttäuscht gewesen sein. Doch in Herz und Kopf hatte ich immer gewusst, dass alles, was geschah, nur geschehen war, weil sie sich einsam fühlte und weil sie glaubte, sich auf diese Weise an Robin rächen zu können. Es hatte nichts mit mir zu tun. Natürlich hatte ich dies gewusst – und nicht ungern geschehen lassen.
    Der Hof befand sich immer noch in Windsor; die Königin war noch nicht nach Hampton Court oder Richmond weitergezogen. Düster gestimmt, wie ich war, fragte ich mich, ob sie einen zeitweiligen neuen Oberstallmeister ernannt hatte, um Robin zu ersetzen, wenn es zum nächsten Umzug kam. Die Räume, die Robin bewohnt hatte, waren auf jeden Fall schon vergeben, was mich nicht weiter wunderte; es waren ständig viel mehr Leute bei Hofe, als dort Obdach fanden, und diejenigen, die in London logierten, mussten täglich die acht Meilen hin und zurück auf sich nehmen. Immerhin war es ein gutes Omen, dass Robins Räume nicht an Hinz oder Kunz vergeben worden waren, sondern an Henry Sidney, den Gatten seiner Schwester Mall, auch wenn Mall selbst als Hofdame der Königin in deren Vorzimmer schlief.
    Henry Sidney war ein stattlicher Mann von dreißig Jahren und neigte bereits zum Bauchansatz, was bei dem neuen Höflingsstil, der für Männer enge Wämser über den Kniebundhosen vorschrieb, besonders auffiel. Für gewöhnlich strahlte er eine entspannte Ruhe aus, daher passte die leichte Fülle zu ihm. An diesem Tag indessen schien sich alles in und an ihm zu sträuben, bis hin zu seinem rotblonden Bart.
    »Vetter Blount«, sagte er, als ich meine Verbeugung gemacht hatte, »was für eine Misere! Was für eine gottverfluchte Misere.«
    Mir lag eine allgemeine Floskel wie »Der Herr gibt, und der Herr nimmt« auf der Zunge, wohl, weil mir das Gespräch mit Cecil am Vortag noch nachging. Ehrlich zu antworten kam mir nicht in den Sinn. Henry und Amy mochten Schwager und Schwägerin gewesen sein, aber soweit ich wusste, hatte er keine fünf Sätze mit ihr gewechselt. Doch er sprach schon weiter, und ich erkannte, dass es nicht eigentlich Amys Tod war, auf den er sich bezog.
    »Warum hat er nicht gewartet?«, fragte er. »Sie siechte doch dahin, das wussten wir alle, schließlich beklagte sie sich oft genug darüber. Warum hat er seine unsterbliche Seele gefährdet und uns alle in Schande gestürzt, statt zu warten?«
    Nun war ich der festen Ansicht

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