Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Im Schatten der Königin: Roman

Im Schatten der Königin: Roman

Titel: Im Schatten der Königin: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tanja Kinkel
Vom Netzwerk:
diesem Jahr, und vielleicht auch noch nicht im nächsten.«
    »Wer weiß, ob Eure Königin dann noch auf dem Thron sitzt«, brummte er, doch er nickte auch. Wir tauschten noch ein paar Bemerkungen aus, die kein größeres Gewicht in sich trugen; er fragte nach Margery und den Kindern und bekannte, selbst seit Wochen auf Nachrichten von seiner Familie in Spanien zu warten. Wenn er das Gefühl hatte, dass als Gegenleistung für seine Information mehr von mir zu erwarten gewesen wäre, so ließ er sich das nicht anmerken. Wenn er insgeheim triumphierte, dass ich seine Lüge geschluckt hatte, dann zeichnete sich auch davon nichts auf seinem Gesicht ab. Wir nahmen in gegenseitiger Höflichkeit unseren Abschied voneinander, und ich machte mich auf in die Höhle des Löwen.

    Cecil war für mich nicht zu sprechen, was mich erleichterte; sein Sekretär nahm Robins Brief entgegen. »Sir William befindet sich bei Ihrer Majestät«, beschied er mir.
    »Wie schade«, sagte ich, während ich innerlich vor Erleichterung den Atem ausstieß.
    Ich wusste nicht, ob ich angesichts von Diegos Enthüllungen bereits für ein weiteres Rededuell mit Cecil ausreichend gewappnet war, und der Versuch, Cecils Vertraute auszuhorchen, war von vorneherein zum Scheitern verurteilt, wenn er selbst in der Nähe war. »Er war so gütig, sich nach meiner Familie zu erkundigen, als wir uns das letzte Mal sahen, und ich wollte ihm dafür noch einmal meinen Dank aussprechen, neben dem von my lord Dudley.«
    »Er ist ein vielbeschäftigter Mann«, gab sein Sekretär höflich zurück. Er war ein sommersprossiger Mann mit hellbraunem Haar, in das sich schon ein paar graue Strähnen mischten, weniger als bei mir, obwohl wir sonst in einem Alter zu sein schienen. Robe, Jacke und Hosen waren so unauffällig dunkel, dass man nicht hätte ahnen können, dass es sich bei ihm um die rechte Hand des wichtigsten Ministers handelte, aber die Ringe an seiner Hand waren nicht die eines armen kleinen Schreibers. Nein, der Rubin an der linken und der Goldreif an der rechten Hand verrieten, wie nahe er seinem Herrn stehen musste. Dabei wirkten seine Finger überraschend kräftig, als habe er außer Federkielen auch Waffen in den Händen gehalten und sei nicht ewig nur ein Schreiber gewesen.
    »My lord wusste es umso mehr zu schätzen, dass er sich gestern die Zeit nahm, ihm während der schweren Stunden des Verlusts beizustehen.« Ich räusperte mich und senkte die Stimme. »Darf ich offen sein? Das hat mich überrascht und mich dazu gebracht, meine Meinung über Euren Herrn zu ändern. Schließlich ist es kein Geheimnis, dass er und my lord keine Freunde sind. Aber ein Schlag des Schicksals enthüllt eben so manches, und solche menschliche Größe zu zeigen, wie Euer Herr es getan hat, nun, das bringt nur ein wahrer Christ und großer Mann fertig. Ihr seid glücklich zu schätzen, ihm dienen zu dürfen.«
    Vielleicht hatte ich es etwas zu dick aufgetragen, doch wenn er glaubte, dass ich mich bereits nach einem neuen Patron umsah und mich deswegen bei ihm einschmeicheln wollte, dann konnte es Schlimmeres geben.
    Seine Lippen kräuselten sich ein wenig. »Das tue ich«, sagte er bedeutsam. »Er nimmt nicht jeden. Und er weiß, wer in schwierigen Zeiten zu ihm stand. Als er aus Schottland zurückkam, nach all der harten Arbeit, um uns einen anständigen Vertrag mit den Schotten auszuhandeln, und jedermann um Euren Herrn herumscharwenzelte, da war das deutlich erkennbar. Die Zeiten ändern sich sehr schnell, nicht wahr?«
    »Und wir mit ihnen«, sagte ich demütig; der verächtliche Ausdruck in seinen Augen verstärkte sich noch. »Seid Ihr sicher, dass Euer Herr nicht hier und da weitere helfende Hände benötigen könnte? Schließlich sind Verhandlungen mit den Spaniern keine Kleinigkeit. Die Schotten sprechen wenigstens unsere Sprache. Nun, mehr oder weniger.«
    »Ach, und Ihr sprecht Spanisch, wie?«
    Er fragte nicht, welche Verhandlungen mit den Spaniern ich meinte. Wenn Cecil im Auftrag der Königin mit Philipps Leuten über etwas verhandelte, dann gab es für Treffen mit de Quadra eine völlig harmlose Erklärung, und ich hatte nur Diegos Wort, was den Inhalt dieser Gespräche betraf. Andererseits war es durchaus möglich, dass der Schreiber schlicht und einfach zu gut geschult war, um auf meine kleine Falle einzugehen. Aber der Wortschmied war mir noch nicht begegnet, der nicht der Versuchung erlag, zumindest ein wenig mit seiner Bildung zu prahlen.
    »Nur etwas

Weitere Kostenlose Bücher