Im Schatten der Königin: Roman
Mitglieder der spanischen Delegation persönlich«, unterbrach ich ihn beschwörend. »Ich könnte ihm wirklich dienlich sein!«
»Es gibt keine Verhandlungen mit Spaniern, und damit Punktum. Lebt wohl!«
Als ich ihn verließ, Enttäuschung heuchelnd, stand mir nachträglich der Schweiß auf der Stirn. Schließlich hätte er mich fragen können, welche Spanier ich kannte. Er hätte auf die mehr als begründete Idee kommen können, dass ich ganz andere Dinge wissen wollte. Aber er schien mir wirklich auf den Leim gegangen zu sein, und dafür hatte ich nun zumindest einen Grund mehr, zu glauben, dass Diego die Wahrheit gesagt hatte.
Ich suchte noch ein paar weitere alte Bekannte auf, die in der Vergangenheit vorsichtig genug gewesen waren, um weder für Robin noch für Cecil Partei zu beziehen.
Das waren nicht wenige. Wenn man unter Henry VIII. groß geworden war und danach erlebt hatte, wie erst sein protestantischer Sohn und dann seine katholische Tochter regierten, hatte man nicht nur gelernt, sein Mäntelchen nach dem Wind zu hängen, sondern auch, dass der Wind schon morgen umschlagen konnte und man sich es lieber mit keiner Partei ganz und gar verscherzen sollte. Natürlich überschlugen sie sich nicht gerade vor Freude, mich zu sehen, aber nach einigem Hin und Her ließen sie sich immer ein paar Würmer aus der Nase ziehen:
»Ich weiß nicht, ob der Vertrag mit den Schotten gut oder schlecht ist, aber es gab keine neuen Ehrungen oder Feiern für Cecil, als er aus Schottland zurückkam, oder könnt Ihr Euch an etwas dergleichen erinnern? Da wundert es mich nicht, dass er in der letzten Woche mit einer sauren Miene herumlief. Nein, soweit ich weiß, war er nie abwesend bei Hofe. In dieser Woche auch nur gestern.«
»Cecil? Der kann sich dieser Tage vor Petitionen kaum mehr retten, aber letzte Woche sah es noch anders aus. Da hatte er sogar Zeit, um mit dem spanischen Botschafter zu parlieren, und der spricht doch so fürchterlich schlecht Englisch, dass es eine halbe Ewigkeit braucht, bis er drei Sätze verständlich gemacht hat. Nein, ich weiß nicht, an welchem Tag das war. Am Freitag oder am Samstag? Vielleicht auch am Sonntag. Am nächsten Tag fand die große Jagd statt, das weiß ich noch.«
»Die Jagd? Lasst mich nachdenken. Eigentlich solltet Ihr das doch wissen, schließlich ist Euer Vetter der Oberstallmeister – oder wurde ihm das Amt wieder genommen?«
»Master Blount! Welche Freude, Euch wiederzusehen. Wann kommt denn Lord Robert zurück? Ja, natürlich weiß ich noch, wann wir für die große Jagd gesattelt haben. Das war am Montag.«
Ich fragte mich, ob es sich lohnte, sich nach Cecils Sekretär und seiner Reise nach Oxford zu erkundigen, aber erstens war er gewiss mit dem Boot unterwegs gewesen, und zweitens nützte es mir nichts, wenn mir jemand bestätigte, dass er vor kurzem dort gewesen war; dafür konnte es eine Menge harmlose Erklärungen geben. Für alle Fälle erkundigte ich mich, ob jemand einen Master Irsby kannte, und beschrieb den Geschworenen, so gut ich mich erinnerte, erntete aber nur allgemeines Achselzucken.
Ich hatte die Ställe noch nicht wieder hinter mir gelassen und durchquerte gerade eine dunkle Ecke, in Gedanken mit meinem Bericht an Robin und dem Problem beschäftigt, dass ich die neuen Informationen über Cecil keinem Brief anvertrauen durfte, sondern nur in einem direkten Gespräch wiederholen sollte, als ich etwas hinter mir hörte.
Ich hatte keine Zeit mehr, um mich umzudrehen.
Der dumpfe, plötzliche Schmerz in meinem Nacken war das Letzte, was ich spürte, ehe es dunkel um mich wurde.
Kapitel 12
Freitag, 13. September 1560
D as Erste, was ich bemerkte, als ich wieder zu mir kam, war, dass es nach Pferdepisse stank. Nach Pferdepisse und Duftwasser. Das Nächste, was mir auffiel, war, dass mir jemand kaltes Wasser ins Gesicht schüttete. Ich spie aus und fluchte, was das Zeug hielt.
»Master Blount«, erklärte eine vertraute Stimme belustigt, »ich kann Euch bei Gott nicht aus den Augen lassen. Nicht, wenn die Einsamkeit Euch in solche Schwierigkeiten bringt.« Über mir, mit einem Eimer in der Hand, stand kein anderer als …
Frobisher!
Nun war ich vielleicht nicht mehr so schnell wie früher und offensichtlich in dieser Woche nicht immer vom Glück gesegnet, aber dazu, vom Boden aufzuspringen, mir Frobisher zu schnappen und mein Messer an seine Gurgel zu setzen, brauchte ich nicht länger als er dazu, den Eimer fallen zu lassen. Mein Kopf und
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