Im Schatten der Königin: Roman
anzufreunden, auf Frobishers Auskünfte allein angewiesen zu sein, fiel es mir wieder ein. Es war zu der Zeit, als John Dudley sich als ein Mann im Regentschaftsrat etablierte, mit dem man rechnen musste, und Edward Seymour damit beschäftigt war, seinen Bruder des Hochverrats anzuklagen.
»Tom Seymour wird es den Kopf kosten«, sagte John damals zu mir und ein paar weiteren seiner Vertrauten. Wenn ich mich recht erinnerte, war auch Cecil gegenwärtig, aber vielleicht bildete ich mir das auch nur ein, denn damals musste er noch Edward Seymours Sekretär gewesen sein, nicht der Johns. »Die Frage ist, wen noch. Die Gouvernante der Lady Elizabeth und ihr Haushofmeister sind schon im Tower, aber die Lady selbst schwört auf ihre Unschuld, obwohl man ihr doch das Geständnis der Ashley gezeigt hat und sie weiß, dass der Rat für die Frau die peinliche Befragung genehmigt hat. Ob Lady Elizabeth je ihren sechzehnten Geburtstag feiern wird, weiß ich nicht, aber Mut hat sie.«
Katherine Ashley war die Gouvernante der Königin!
Frobisher wirkte angespannt und vorsichtig, aber nicht schuldbewusst, während er darauf wartete, dass ich als Erster sprach. Vielleicht sollte ich seinen Anspruch darauf, die Schauspielerei sei eine Kunst, doch ernster nehmen, als ich es bisher getan hatte. Es konnte durchaus sein, dass er mir gerade den größten Bären aller Zeiten aufgebunden hatte. Doch würde sich ein Lügner dafür nicht einen bekannteren Namen auswählen, den Cecils oder den des Herzogs von Norfolk? Ich hatte mir den Kopf zerbrechen müssen, bis mir überhaupt eingefallen war, um wen es sich bei Mrs.Ashley handelte, und es wäre sehr leicht möglich gewesen, dass ich es überhaupt nicht gewusst hätte. Damit hätte Frobisher rechnen müssen, wenn er so abwegig log.
Andererseits war Frobisher letztendlich daran gelegen, zu Robin selbst vorzudringen, und der hätte natürlich sofort gewusst, wer Katherine Ashley war.
Ich beschloss, den Unwissenden zu spielen, um herauszufinden, was Frobisher als Nächstes vorbringen würde. Daran ließ sich noch am ehesten erkennen, ob er mir gerade die Wahrheit gesagt hatte oder eine sorgsam vorbereitete Lüge.
»Wer zum Teufel«, knurrte ich, »soll Katherine Ashley sein?«
»Mit dem Teufel hat sie gewiss nichts zu tun«, entgegnete Frobisher und hob eine Braue. »Mir kam die Dame im Gegenteil sehr fromm vor.«
»Du hast meine Frage nicht beantwortet. Erzähl mir nicht, dass eine von den Hofdamen sich jetzt schon dafür interessiert, die nächste Lady Dudley zu werden, und dich deswegen gebeten hat, ein Auge auf mich und meine Nachforschungen zu werfen.«
Ich wartete darauf, dass er protestierte und sagte, es handle sich im Gegenteil um die älteste Vertraute der Königin, doch Frobisher grinste nur und meinte: »Da könnt Ihr beruhigt sein. Der Altersunterschied wäre zu groß. Zu Euch würde sie schon eher passen, Master Blount.«
»Wir sind noch längst nicht im Reinen, Bursche«, sagte ich und hob eine Hand, »also achte auf deine Worte!« Doch ich hatte nicht die Absicht, ihn zu schlagen. Er hatte die Gelegenheit nicht genutzt, mit großen Namen Eindruck zu schinden, was wohl hieß, dass er die Wahrheit sprach und nicht allzu erpicht darauf war, seine Verbindung mit Mrs.Ashley an die große Glocke zu hängen.
»Euch werde ich gewiss nicht mehr das Leben retten.«
»Beweise mir erst einmal, dass du es überhaupt getan hast. Woher soll ich wissen, dass nicht du mich niedergeschlagen hast? Immerhin bist du mir hinterhergeschlichen.«
»Master Blount«, sagte Frobisher, »schaut mich an. Ich bin ein Jünger der Musen, ein Mann, dazu geschaffen, nur zur Verschönerung des Lebens beizutragen. Sieht so ein Schläger aus?«
»Mein Junge, die erfolgreichen Beutelschneider dieser Welt gleichen nie Bären in Menschengestalt, sie haben nur Übung darin, aus ihrer Unauffälligkeit Nutzen zu ziehen. Im Übrigen wirst du niemandes Leben mehr verschönern können, wenn du mir nicht endlich erzählst, vor wem du mich angeblich gerettet hast und was es mit dieser Mrs.Ashley auf sich hat.«
Er setzte eine sehr gekränkte Miene auf, die mir inzwischen nur allzu vertraut war und keine Wirkung bei mir hatte. »Nun, ich kann natürlich nicht beschwören, dass der Fettwanst, der sich über Euch beugte, unlautere Absichten hatte, aber er suchte sehr schnell das Weite, als ich aufkreuzte, statt zu bleiben, um sich zu erklären. Und ich bin Euch nicht nachgeschlichen. Ich wollte Eure Abwesenheit
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