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Im Schatten der Königin: Roman

Im Schatten der Königin: Roman

Titel: Im Schatten der Königin: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tanja Kinkel
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durften, dass mein Gesicht und Körper so ruhig blieben, als sei ich ganz und gar aus Marmor gehauen. Frobisher hatte behauptet, ich sei ein schlechter Lügner; das würde sich nun erweisen.
    Pirtos Zungenspitze erschien zwischen den Zähnen, und sie befeuchtete sich die Lippen. Sie sagte noch immer nichts.
    Wir musterten uns und warteten.
    Das wäre wohl noch eine Weile so weitergegangen, wenn nicht just in diesem Moment Anthony Forster erschienen wäre. »Blount«, sagte er mit rauher Stimme, »Blount, ich muss mit dir sprechen.«
    Er schien auch keine ruhigere Nacht als ich gehabt zu haben: Seine Augen waren noch verquollener als die Pirtos, obwohl ich mir nicht vorstellen konnte, dass er geweint hatte. Er trug sein Wams noch nicht, nur das Hemd, und das frisch gestärkte Weiß ließ seine Haut noch etwas bleicher aussehen, als es das Schwarz seiner Hosen tat. Forsters Bart und das Haar wirkten zerzaust, was bei einem Mann wie ihm, der sonst immer darauf achtete, nur ordentlich gekämmt in der Öffentlichkeit zu erscheinen, höchst ungewöhnlich war.
    Er bemerkte Pirto und wies zur Tür. »Lass uns allein, Mädchen.«
    Das war das Letzte, was ich wollte. »Später, Forster«, gab ich zurück. »In einer Stunde stehe ich zu deiner Verfügung.«
    »Du bist hier unter meinem Dach«, sagte er grollend, »und hast noch nicht einmal die Höflichkeit besessen, mich zu begrüßen, als du hier eintrafst? Ich musste es von meinen Dienstboten hören! Du wirst jetzt mit mir sprechen, Blount!«
    Pirto knickste, drehte sich um und huschte aus dem Zimmer. Ich hätte ihr nachrufen können, sie solle stehen bleiben, aber stattdessen reagierte ich instinktiv, stieß den Schemel zurück, auf dem ich gesessen hatte, und setzte ihr nach. Dabei kam ich nicht weit: Anthony Forster hielt mich zurück, und nicht mit einer Hand auf meinem Arm – er packte mich bei beiden Schultern und stieß mich heftig gegen die Wand, wie einfache Dorfbewohner es oft bei einem Fußballspiel taten. Nun war ich kein junger Hitzkopf mehr, aber in den letzten vierundzwanzig Stunden hatte sich in mir genügend Groll aufgestaut, um ein noch viel gewaltigeres Fass durch eine solche Handgreiflichkeit zum Überlaufen zu bringen. Dass der Groll eigentlich nicht Anthony Forster galt, spielte überhaupt keine Rolle.
    Also bat ich nicht um eine Erklärung und bot auch selbst keine. Was Forster bekam, war meine Faust in seinen Magen. Er stöhnte auf und krümmte sich, und ich wollte die Gelegenheit nutzen und Pirto folgen, ehe sie ihre letzte Chance beim Schopf ergriff und John Appleyard Amys Briefe verkaufte. Was ich vergessen hatte, war, dass Anthony Forster genau wie ich selbst sein gerütteltes Maß an Erfahrungen im Kampf hatte.
    Als wir eine Viertelstunde später immer noch damit beschäftigt waren, uns zu prügeln, wusste ich es besser, aber zu diesem Zeitpunkt hatte ich Pirto vergessen und war – ich schäme mich, es zu gestehen – nur froh, eine Entschuldigung zu haben, all dem Zorn, der in mir brannte, endlich nachgegeben zu haben: ohne Wortspiele, ohne Vorsicht, ohne Zurückhaltung.
    Irgendwann lagen wir beide schwer atmend auf dem Fußboden. Ich meinte, mich dunkel erinnern zu können, dass Forsters Gesinde zwischendurch Anstalten gemacht hatte, ihm zu Hilfe zu kommen, und von ihm angebrüllt worden war, sich zum Teufel zu scheren und uns allein zu lassen. Ich spürte das Blut in meinem Mund und spie es auf die Binsen am Boden. Nein, ich bereute keinen der Schläge, weder die, die ich ausgeteilt hatte, noch die, die ich einstecken musste. Doch nun begann mein Verstand allmählich wieder, die Oberhand zu gewinnen. Ich begriff, dass Forster die unangenehme Tatsache, dass Amy unter seinem Dach gestorben war, nicht so zugesetzt haben konnte, dass er eine Prügelei genauso dringend brauchte wie ich. Während ich ihn nun neben mir keuchen hörte, erinnerte ich mich auch daran, dass Frobisher mit einer Erklärung von Anthony Forsters Abwesenheit am Sonntag geprahlt hatte, die er mir heute hier geben wollte.
    »Forster«, begann ich.
    »Ich will keine Entschuldigung«, unterbrach er mich und hustete. Ich war nicht der Einzige mit einer aufgeplatzten Lippe. »Was ich will, ist ein Versprechen, dass du die Familie Cross in Frieden lässt, alle von ihnen.«
    Wenn er sich Federn ins Haar gesteckt und an Ort und Stelle in heidnische Gesänge ausgebrochen wäre, hätte er mich nicht mehr überraschen können. Nicht zuletzt deswegen, weil ich mir auf einmal blind

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