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Im Schatten der Königin: Roman

Im Schatten der Königin: Roman

Titel: Im Schatten der Königin: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tanja Kinkel
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Geld eingestrichen und mit dir darüber gelacht. Nein, da du mir nun einmal diese Laus in den Pelz gesetzt hast, blieb mir keine Wahl, als zu stärkeren Mitteln zu greifen.«
    Stärkere Mittel war ein Ausdruck, der mir ganz und gar nicht gefiel. Auf einmal sah ich einen Frobisher mit durchschnittener Kehle vor mir, und die Vorstellung traf mich tiefer als erwartet. Vielleicht hatte ich dem Gaukler mit meinen Verdächtigungen die ganze Zeit unrecht getan? Vielleicht hatte er stets nur das Beste gewollt; Katherine Ashley einen Gefallen tun, mir helfen, Robins Patronage für seine Mitgaukler erringen – vielleicht hatte er wirklich nie etwas anderes gewollt. Immerhin hatte er im Gegensatz zu Pirto und Agnes Cross nie auch nur eine verklausulierte Forderung im Zusammenhang mit Amys Tod an mich gestellt, nie angedeutet, er würde sein Wissen an den Meistbietenden versteigern, wenn ich ihm und seiner Truppe nicht die gewünschte Mitgliedschaft in Robins Haushalt verschaffte.
    »Forster …«
    Ich wusste nicht, ob ich mich empören oder ihm drohen wollte. Den ganzen letzten Tag lang hatte ich mich mit dem Gedanken getragen, Frobisher gemeinsam mit Pirto einem üblen Schicksal auszuliefern, um mich zu schützen. Nun sah es auf einmal so aus, als ob der Tod Frobisher tatsächlich eingeholt hätte, wenn auch nicht durch mein Zutun. Und ein weiterer Gedanke ließ sich nicht unterdrücken: Dass ich mir in diesem Fall zumindest keine Sorgen mehr darüber machen musste, ob er seine Mutmaßungen über Amy und mich weitererzählte. Mir wurde speiübel.
    In diesem Augenblick verstand ich, dass es nicht genügte, zu überleben.
    Es genügte nicht, Stellung und Gut zurückzuerringen oder zu vermehren.
    Man musste das Überleben auch wert sein.
    »Mach dir keine Sorgen, Blount. Deinem Singvogel ist nicht der Hals umgedreht worden«, sagte Anthony Forster. »Er ist nur hinter Gittern, und da bleibt er, bis du hier endgültig verschwunden bist. Geh nach Kidderminster zurück, vertritt deine Gegend im Parlament oder verbring den Rest deiner Tage auf dem Land, das ist mir gleich. Aber wenn du irgendjemandem etwas über Barbara Cross erzählst, dann fischen sie deinen Frobisher am nächsten Morgen aus der Themse.«
    In Frankreich, auf dem Schlachtfeld, hatte ich Männern gegenübergestanden, die bereit gewesen waren, mich zu töten. Nicht aus Hass, sondern aus dem Wissen heraus, dass es sonst sie waren, die das Zeitliche segnen mussten, und daher umso entschlossener. Genau die gleiche Gewissheit stand in Anthony Forsters Miene geschrieben. Dass er Frobisher gefangen gesetzt hatte, um mich erpressen zu können, bewies natürlich, dass er wirklich etwas Schwerwiegendes zu verbergen haben musste. Ich fragte mich, ob es helfen würde, ihn darauf aufmerksam zu machen, dass Frobishers Ableben für mich eher von Nutzen wäre. Dann dachte ich an jemanden, den man tatsächlich tot aufgefunden hatte, den Knecht Harkness, und an Felton, der dafür baumeln würde, wenn dem Scholaren aus Oxford nicht ein Kunststück gelang. Was, wenn Harkness’ Tod ebenfalls nichts mit Amy, aber umso mehr mit Forster zu tun hatte? Wenn Anthony Forster dafür verantwortlich war, dann war er nicht der Mann, der Frobisher jemals freilassen würde. Nein, sehr viel wahrscheinlicher war es, dass er einem nutzlosen Singvogel dann tatsächlich die Kehle durchschnitt.
    Gaukler wurden als Vagabunden betrachtet. Sie hatten keine Rechte. Deswegen hatte Frobisher ja Robins Patronage für sich und seine Leute haben wollen. Als Mitglieder eines Haushalts waren sie sicher. Diener schuldeten ihrem Herrn Treue, aber ihr Herr schuldete ihnen seinen Schutz.
    Eine Woche als mein Diener, das war unsere Vereinbarung gewesen. Und Frobisher, ganz gleich, wie oft er mich belogen hatte, hatte sie gehalten.
    »Du glaubst also, dass mir sein Leben mehr wert ist als die Aussicht darauf, dich dafür dem Henker zu übergeben?«, fragte ich langsam, um Zeit zu gewinnen. Ich fragte mich, ob Forster für mich selbst ebenfalls Pläne hatte. Er musste wissen, dass ich Robin sein Verhalten nicht verschweigen würde. Wenn sowohl Robin als auch ich selbst mich in ihm getäuscht hatten und er bereits einen neuen Patron gefunden hatte, spielte das natürlich keine Rolle für ihn.
    »Du hast gerade erklärt, dass es dir gleich ist, welche Schuld ich auf mich geladen habe, wenn es weder my lady betrifft noch my lords Feinden Waffen gegen ihn in die Hand gibt. Aber das Leben dieses Gauklers ist dir gewiss nicht

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