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Im Schatten der Königin: Roman

Im Schatten der Königin: Roman

Titel: Im Schatten der Königin: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tanja Kinkel
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wurde lauter. Aber ich durfte mich jetzt nicht ablenken lassen. Das waren üble Neuigkeiten, mit denen ich nicht gerechnet hatte. Keine Dame von Rang war jemals ganz allein. Das ziemte sich nicht. Allein in einem Zimmer vielleicht, aber dann wartete im Vorzimmer ihre Zofe oder sonst jemand vom Gesinde. Im Übrigen war Cumnor ein volles Haus – neben Amy und ihren Leuten lebten dort auch Anthony Forster und die Seinen mit ihrem Gesinde, nicht zu vergessen Mrs.Owen, die Witwe des königlichen Leibarztes, der das Haus noch gehörte. Es erschien mir unmöglich, dass Amy tatsächlich alleine gewesen sein sollte.
    »Nein«, sagte ich entschieden, »das kann ich mir nicht vorstellen. Das muss Gerede sein.«
    »Und doch war es so! Es heißt, sie soll am Sonntag sehr früh aufgestanden sein und allen ihren Leuten befohlen haben, ohne Ausnahme auf den Jahrmarkt zu gehen. Nun frage ich Euch, Sir, wer tut so etwas und ist tot, noch ehe die Sonne untergeht, hm?«
    Ich sah Amys Gesicht vor mir, den vorwurfsvollen Blick, den sie mir an jenem Tag zugeworfen hatte, als mir zum ersten Mal auffiel, wie hübsch sie war. Nicht jung genug, um meine Tochter sein zu können, aber jung, viel zu jung, um zu sterben. Ich merkte, wie sich mein Magen zusammenzog.
    »Ja, wer«, sagte ich schleppend.
    Vielleicht übertrieb der Wirt. Wahrscheinlich übertrieb er. Es mochte wohl sein, dass Amy einige ihrer Leute auf den Jahrmarkt geschickt hatte, aber gewiss nicht alle, nicht den gesamten Haushalt; nach allem, was Anthony Forster gesagt hatte, als ich sie zu ihm brachte, war seine Gattin ohnehin zu stolz, um Befehle anzunehmen.
    Ich war müde, mein Bauch rebellierte, und als jetzt draußen gelacht und in die Hände geklatscht wurde, riss mein Geduldsfaden. Ich sprang vom Stuhl auf, in dem ich gesessen hatte, um das Bier zu trinken, das der Wirt mir gebracht hatte, und riss die Tür auf, um herauszufinden, wer um diese Zeit mit so viel Lärm eingetroffen war und keine Ruhe geben wollte.
    Im Innenhof stand mein Bittsteller und Vielleicht-Spitzel, Frobisher, und war dabei, zwei Fackeln in die Luft und von einer Hand in die andere zu werfen. Andere Gäste, die wie ich ein Zimmer für die Nacht genommen hatten, lehnten am Geländer, das den Holzgang zum Hof hin abgrenzte, und waren für das Geraune, Gelächter und Geklatsche verantwortlich, das ich gehört hatte. Im Innenhof selbst stand Gesinde, das zum Wirtshaus gehören musste, und lärmte nicht minder.
    »Euer Mann, Sir?«, fragte der Wirt amüsiert.
    »Nicht, solange ich es verhindern kann«, knurrte ich zurück.

    »Vielleicht sprecht ihr Vagabundenvolk ein anderes Englisch als unsereins«, sagte ich zornig, als Frobisher später in meinem Zimmer auftauchte, »aber bei mir bedeutet sich umhören nicht, alle Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen wie ein bunter Hund.«
    Frobisher machte ein zerknirschtes Gesicht, zu dem seine fröhliche Stimme allerdings nicht passen wollte. »Nun, Herr, Ihr habt nichts davon gesagt, dass Ihr mich bezahlt in der Woche, in der ich Euch zu Diensten stehe, und ich muss von irgendetwas leben. Die Darbietung heute Abend war den Leuten einige Münzen wert, und mit Verlaub gesagt erzählt man einem bunten Hund viel mehr als einem grauen Löwen.«
    Ich fasste mir unwillkürlich an mein Haar. Pfeffer und Salz, dachte ich, nicht grau.
    »Ach wirklich? Und welche Neuigkeiten hast du erfahren, wenn du nicht gerade dabei warst, mit Feuer zu spielen?«
    Er schaute sich in meinem Zimmer um, entdeckte das harte Brot, zog aus dessen ungegessener Existenz die richtige Schlussfolgerung und beäugte sehnsüchtig den Bierkrug, den ich noch nicht ganz geleert hatte.
    »Master Blount, meint Ihr nicht, dass ich mir für solche Kunde vorher die Kehle netzen sollte?«
    Wenn ich das verneinte, dann würde er mit seinen neuerworbenen Münzen wahrscheinlich ein Stockwerk tiefer gehen, und ich würde heute Nacht nichts mehr erfahren. Ich war mir nicht sicher, ob ich diese Aussicht begrüßte oder nicht. Aber da es mir wirklich wichtig war, zu wissen, was so bald schon über den Tod von Amy Dudley geklatscht wurde, jetzt, ehe die gerichtliche Untersuchung losging, nickte ich, und Frobisher stürzte sich auf mein verbliebenes Bier.
    »Ah, das ist Ambrosia vom Himmel. Da nimmt man es in Kauf, dass es am Manna hapert.«
    »Frobisher«, sagte ich in einem drohenden Tonfall, »übertreib es nicht und sprich endlich.«
    »Aber Ihr werdet nicht gerne hören, was ich zu sagen habe.«
    »Mir hat noch kein

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