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Im Schatten der Königin: Roman

Im Schatten der Königin: Roman

Titel: Im Schatten der Königin: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tanja Kinkel
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gefragt, ob ich ihre Mutter für schuldig oder unschuldig hielt, und auch sonst niemanden, soweit ich weiß, obwohl sie ihre Boleyn-Verwandten und die Nachkommen der Männer, die mit Anne hingerichtet wurden und bis zum Schluss auf ihrer Unschuld bestanden, offen begünstigt. Aber sie hat mich um das Porträt gebeten. Nun ruht es im Inneren des Rings, der das Erbe ihres königlichen Vaters symbolisiert, des Mannes, der den Befehl zur Hinrichtung ihrer Mutter gegeben hat.
    »Gott schickt seine Engel niemals, um irgendjemandes Unschuld zu beweisen«, sagte sie bitter und drehte den Ring einmal um, so dass die Perle, die das Medaillon in sich barg, unter ihren Fingern verborgen wurde. »Und ich weiß, dass die meisten Robin für schuldig halten werden, wenn ich den Hof morgen von Amy Dudleys Tod unterrichte. Aber du kennst ihn, Kat, für dich ist er kein Fremder, und er steht dir nicht im Weg. Du kennst ihn genauso lange, wie ich es tue. Von dir hätte ich etwas anderes erwartet.«
    Da hatten wir es. Ich wusste doch, dass sie von mir hören wollte, dass ich ihn für unschuldig hielt. Nun war Robin Dudley gewiss ein netter kleiner Junge, als er und mein Schützling acht Jahre waren. Aber was sagt das schon darüber, wozu er jetzt imstande war? Als ich ein junges Ding von vierzehn Jahren war, da sah ich den verstorbenen König Henry zum ersten Mal aus der Ferne, mit seiner ersten Gemahlin, der Spanierin, und er schien mir der liebevollste Gatte, der ritterlichste Herrscher zu sein. Zehn Jahre später hatte er das Land in zwei gespalten, seinen Mentor, den Kardinal, ins Grab getrieben, seinen Lordkanzler und besten Freund ebenso hinrichten lassen wie seine zweite Gemahlin, und dabei wuchs seine Leibesfülle so sehr, dass er, den man einmal den bestaussehenden Herrscher Europas genannt hatte, zum Schluss wie ein wandelndes Fass aus Fett aussah. Die Menschen ändern sich, und wenn es um Macht oder Liebe geht, dann noch schneller als unter allen anderen Umständen.
    »Madam«, sagte ich mit sanfter Stimme, »wenn Ihr so sicher seid, dass er unschuldig ist, warum habt Ihr ihm dann befohlen, sich vom Hof zu entfernen, bis eine Untersuchungskommission über die Ursache des Todes seiner Gemahlin entschieden hat?«
    »Weil ich mir keine Fehler leisten kann«, gab sie heftig zurück und erhob sich ruckartig. Das Nachtgewand, das sie trug, war nicht prächtig und neu wie viele der Roben, die sie seit der Krönung trug, sondern ein Überbleibsel aus unseren alten Tagen in Hatfield, wo schon die Tatsache, dass Anne Boleyns Tochter noch am Leben war, von vielen bei Hofe als Fehler betrachtet wurde. Wenn man jederzeit damit rechnen muss, vom Bruder oder der Schwester in den Tower geschickt zu werden, dann achtet man mehr darauf, warme als schöne Kleidung zu haben, und mein Zögling ist zwar so eitel wie nur je eine Frau, aber vor allem auch praktisch. Sie sagte einmal zu mir, sie wolle auch überleben können, wenn sie in ihren Unterröcken aus dem Königreich vertrieben würde, und so habe ich sie erzogen. Die Franzosen haben angeblich Hemden aus Seide, und darin mögen sie schlottern, wenn kein Kamin brennt, aber Elizabeths Nachtgewand war aus dickem Leinen, und sie trug Wollsocken, nicht die Seidenstrümpfe, mit denen sie tagsüber ihre schlanken Beine betonte.
    »Für alle katholischen Länder in Europa bin ich ein Bastard«, fuhr sie fort, »und selbst unsere Protestanten hierzulande haben ihre Zweifel an meiner Rechtmäßigkeit. Und wer will es ihnen verdenken? Seit mein Vater sich von Rom getrennt hat, ist das Land nicht mehr zur Ruhe gekommen, die Staatskasse ist leer, und unsere letzten Besitzungen in Frankreich haben wir auch verloren. Aber etwas habe ich noch, mit dem ich handeln kann, Kat, und das ist meine Hand.« Sie sah mich ernst an, doch im Gegensatz zu vielen anderen Menschen bei Hofe hatte ich gelernt, dem standzuhalten. »Solange sich einer der Herren aus unserem Hochadel Hoffnung machen kann, König von England zu werden, so lange wird er keinen Aufstand anzetteln. Solange die Fürsten Europas glauben, sie könnten sich England einfach erheiraten, wie es Philipp bei meiner Schwester gemacht hat, werden sie kein Geld in Feldzüge stecken, um das Land zu erobern. Aber wenn diese Männer glauben, dass ich Robin heirate, dann ist es mit dem Frieden vorbei. Und kein Mensch würde daran zweifeln, dass ich ihn heirate, wenn er hierbleibt, solange der Tod seiner Frau ungeklärt ist.«
    Das klang alles sehr vernünftig und

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