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Im Schatten der Königin: Roman

Im Schatten der Königin: Roman

Titel: Im Schatten der Königin: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tanja Kinkel
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nach meinem Mädchen, von dem dieser aufgeblasene Gelehrte Roger Ascham sagte, sie könne mit jedem Professor in Oxford und Cambridge debattieren, als er ihr Schulmeister wurde, aber wenn man sie so lange kannte wie ich, dann hört man auch auf das, was sie nicht sagte. Ich setzte ihr die Nachthaube auf, die auf dem aufgeschlagenen Bett bereitlag, so, wie ich es in all den Jahren ihrer Kindheit getan hatte, und sagte leise: »Dann seid Ihr also auch nicht sicher, dass er unschuldig ist?«
    Ihr Vater hatte wie die meisten Rothaarigen blaue Augen, aber Elizabeth hat die schwarzen Augen ihrer Mutter geerbt, und in dem schwachen Licht der Kerzen, die ihr Schlafzimmer erleuchteten, konnte man nicht sehen, wo die Pupillen aufhörten und die Iris begann. Das ließ ihren Blick sehr eindringlich und unschuldig wirken. Genauso hatte sie auch dreingeblickt, wenn ich ihr verboten hatte, Süßigkeiten zu essen, und sie es hinter meinem Rücken doch tat, obwohl ich ihr sagte, dass sie im Alter nur noch schwarze Zähne haben würde.
    »Ich bin sicher, dass Robin mein Freund ist«, gab sie zurück. »Bei keinem anderen Mann kann ich sicher sein, dass er nicht nur meine Krone im Auge hat, wenn er mir Komplimente macht. Robin wäre auch mein Freund, wenn meine Schwester heute noch auf dem Thron säße. Ob er dann allerdings auch mehr als Freundschaft wollen würde …« Sie zuckte mit den Schultern. Ihre Mundwinkel sanken herab, und in ihrer Stimme lag ein Zynismus, für den sie noch viel zu jung war. »Es hat weiß Gott nie einen Mann gegeben, der nicht bereit gewesen wäre, seine Frau zu opfern, wenn ihm der Gewinn dabei nur wichtig genug erschien. Denk nur an meinen Vater oder …« Sie verstummte jäh. Ich wusste genau, welchen Namen sie nicht nannte, und es stach mir ins Herz.
    Es gab eine Zeit, in der sie vertrauensvoller war, was Männerschwüre betraf, trotz ihres Vaters. Sie war noch nicht vierzehn Jahre alt, als der alte König starb. Die sechste und letzte Gattin des Königs, Catherine Parr, heiratete kurz danach wieder, den Lord Admiral Thomas Seymour, und wir lebten in ihrem Haushalt. Was dann passierte, werde ich mir nicht verzeihen, solange ich lebe. Ich war keine vierzehn Jahre alt wie mein Mädchen, sondern bereits vierzig, und ich war für sie verantwortlich.
    »Nein«, sagte Elizabeth und beantwortete nach all dem Ausweichen damit endlich die Frage, die ich ihr gestellt hatte. »Ich bin mir nicht sicher, ob er unschuldig ist.« Sie griff nach meinem Handgelenk, und ihr Griff war schmerzhaft fest. »Aber ich muss es sein, Kat. Ich muss . Ganz gleich wie, wir müssen die Wahrheit herausfinden.«
    Ich hatte ihren Gesichtsausdruck heute Nachmittag gesehen, als Robin Dudley ihr von der Nachricht erzählte, die ihn aus Cumnor erreicht hatte. Es war der gleiche wie damals, als ein Brief von Thomas Seymour eintraf, dass ihre Stiefmutter Catherine gestorben war, nach jenem unseligen Sommer, der ihre Kindheit endgültig beendet hatte, und danach noch ein Brief, in dem der neue Witwer keiner anderen als ihr einen Heiratsantrag machte. In jenen Tagen hatte ich einen furchtbaren Fehler gemacht, doch ich hatte daraus gelernt.
    Diesmal würden wir nicht blind darauf vertrauen, was uns ein ehrgeiziger Mann zu erzählen hatte.
    Diesmal nicht.

Kapitel 4
    Dienstag, 10. September 1560
    I ch wachte auf und musste feststellen, dass der Wirt vergessen hatte, mir einen Nachttopf in mein Zimmer zu stellen. Nun hatte ich nicht vor, länger als eine Nacht hierzubleiben; Anthony Forster konnte mich in Cumnor unterbringen. Aber in die Binsen zu pinkeln würde mir den Wirt zum Feind machen, und wenn es eines gibt, das ich in meinem Leben gelernt habe, dann dies: Man kann es sich mit jedem verscherzen, nur nicht mit den Leuten, die im Ort das Bier verkaufen. Also schlüpfte ich in meine Sachen und schlich nach draußen, um mich im Innenhof zu erleichtern.
    Der Himmel wurde bereits heller, doch die Sonne war noch nicht aufgegangen. Die verfluchten Stiegen knarzten, und ich konnte nicht anders: Ich musste mir all die verschiedenen Arten vorstellen, wie man eine Treppe herunterfallen und sich den Hals brechen konnte. Wie lange es dauerte, bis man starb, wenn es niemanden gab, der in der Nähe war – oder ein Narr zu Hilfe eilen wollte und den Körper bewegte, was einem nach einem Genickbruch gewöhnlich den Rest gibt.
    Wie lange hatte es bei Amy gedauert?
    Ich hatte meinen Hosenbeutel noch nicht wieder zugeschnürt, als sich herausstellte,

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