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Im Schatten der Königin: Roman

Im Schatten der Königin: Roman

Titel: Im Schatten der Königin: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tanja Kinkel
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er das tut? In ihrem Schoß liegen, wie ein Hund? Gerade jetzt, während wir miteinander sprechen?«
    Amy hatte volle, weiche Lippen, und selbst, wenn sie nicht sprach, schien ihr Mund immer leicht geöffnet zu bleiben; niemals wirkte er verkniffen. Warum konnte ich das alles auf einmal nicht länger übersehen. Warum jetzt?
    »My lady«, sagte ich und legte ihr die Hand auf die Schulter. Tröstend, das schwöre ich.
    »Ist es denn zu viel verlangt? Ein Mann, ein Kind. Ich will doch nur, was mir zusteht«, flüsterte sie und schlang ihre Arme um meinen Hals. »Was jede Frau hat.«
    Ich roch den Duft in ihrem Haar, das sich hervorstahl unter ihrer französischen Haube, die ohnehin viel mehr frei ließ als unsere englische, und spürte die zarte Haut ihrer Hände auf meinem Nacken. Dann verstärkte sich ihr Griff, und ihre Fingernägel, so unvermutet scharf, drangen bis zu meinem Blut.

    »Der Tod einer jungen Frau«, sagte der Bürgermeister von Abingdon zu mir, als ich ihn in Forsters Gemach fand, »ist ein furchtbarer Schlag des Schicksals.«
    »Eine Prüfung Gottes, wie Ihr sagt.«
    »Oder Teufelswerk«, berichtigte er streng. »Master Blount, ich nehme meine Pflichten hier sehr ernst, ganz gleich, was Master Appleyard denken mag. Alle meine Pflichten.«
    Es war erst früher Nachmittag, und ich fühlte mich bereits müde. Margery hatte doch recht. Mir schlug mittlerweile so viel auf die Knochen.
    »Ganz gleich, welchen Standes der Tote ist?«, fragte ich.
    »Ganz gleich«, bestätigte er in strenger Selbstgewissheit. Ein Gerechter weilt unter uns, dachte ich. Gott helfe uns. Ich erinnerte mich an den törichten Felton mit seinen nicht enden wollenden Unschuldsbekundungen und an den toten Harkness und sein kaum getrocknetes Blut. Mag sein, dass mich wirklich der Teufel ritt, aber ich konnte nichts anders: »Auf dem Hof des Bauern Humphrey liegt ein toter Knecht, und ich glaube kaum, dass sonst jemand für ihn sprechen wird, denn er hatte keine Freunde dort. Und der Mann, den sie als seinen Mörder festhalten, ein rechter Einfaltspinsel, der scheint ebenfalls keine zu haben. Wird Euch Eure Pflicht auch zu ihnen führen, Sir?«
    Er musterte mich mit einiger Verwunderung. »War es denn Eure Pflicht, die Euch auf den Hof dieses Bauern geführt hat, Master Blount?«
    Ich nickte, schwieg aber. Wenn ich musste, dann würde ich erklären, warum ich mit Harkness hatte sprechen wollen; sonst nicht. Was ich mir selbst nicht erklären konnte, war, warum ich trotz bester Vorsätze ausgerechnet den Bürgermeister durch meine Worte auf eine mögliche Verbindung zwischen den beiden Todesfällen hingewiesen hatte. Dies war nicht mein Jahr, um gute Vorsätze umzusetzen. Doch vielleicht konnte ich so in dieser Nacht ein wenig schlafen, und zu den Gedanken an Amy würde sich nicht auch noch ein schlechtes Gewissen wegen des verwünschten Knechts gesellen, auf den mit Sicherheit der Strang wartete.
    »Und wie steht es mit Mr.Forster?«, wollte der Bürgermeister nun wissen. »Er ist ein angesehener Mann, aber er hat nicht nur Freunde. Dieses Haus hier gehörte einmal zur Abtei, und mehr als der jeweilige Abt galten nur der König und Gott in Abingdon. Manche Leute nehmen es übel, dass ein – verzeiht meine Offenheit – Handlanger im Dienst eines Emporkömmlings nun diese Stätte bewohnt. Mr.Forster war am Sonntag nicht auf dem Jahrmarkt, obwohl sein gesamter Haushalt dort war. Zuerst dachte jeder, das lag daran, dass er sich zu gut dünkte, um an einem Sonntag zu gehen, aber nun will er uns nicht erzählen, wo er stattdessen war. Zu was mag ihn die Pflicht Eurem gemeinsamen Patron gegenüber getrieben haben?«
    »Ich kann nicht für Anthony Forster sprechen«, sagte ich langsam. »Er hat auch mir nicht erzählt, wohin er am Sonntag ging. Doch ich kenne ihn als gottesfürchtigen Mann. Ich glaube nicht, dass er einer unschuldigen Frau irgendein Leid zugefügt hätte.«
    Um die Wahrheit zu sagen: Ich glaubte lediglich nicht, dass er Amy ermordet hatte, aber derartig eingeschränkte Versicherungen machten in der Regel keinen Eindruck.
    Da Forster genau wie ich selbst Robins Mann war, würde es überdies niemanden geben, der glaubte, er habe auf eigene Faust gehandelt, wenn die Geschworenen ihn für den Schuldigen hielten. Ich beschloss, einen Versuch zu machen, das Gespräch auf ein anderes Thema zu lenken, auf eine Frage, die mich seit dem Streit Appleyards mit den Geschworenen umtrieb.
    »Stammt Master Irsby wirklich aus

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