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Im Schatten der Königin: Roman

Im Schatten der Königin: Roman

Titel: Im Schatten der Königin: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tanja Kinkel
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Wegen.«

    Allmählich begann die Kälte des Regentags selbst in diese so festen alten Klostermauern einzudringen; als ich Mrs.Owens Zimmer betrat, sah ich, wie Agnes Cross sie in eine Decke hüllte, obwohl ihr Witwenkleid aus Wolle bestand und sie schon wärmen musste.
    »Früher war es wärmer«, sagte Mrs.Owen, als habe sie meine Gedanken gelesen. »Mein Seliger hat gesagt, das liegt an … das liegt an …« Ihre Stimme wurde unsicher, und welcher Funke ihren Geist eben noch erhellt hatte, er brannte bereits wieder aus. Ich machte eine kleine Verbeugung und entbot ihr meinen Gruß, wie es sich ziemte. Dann wandte ich mich an Agnes Cross. Im Halbdunkel des Zimmers ließen die dunkle Haube, die jede Strähne ihres Haares bedeckte und von keinerlei Stickereien geziert wurde, wie das sonst bei Frauen der Fall war, und ihre hagere Gestalt sie mehr denn je wie einen Mann in Röcken wirken. Oder vielleicht wie einen Mönch.
    »Cross«, sagte ich anschließend so höflich wie möglich, »ich möchte mit dir sprechen.«
    »Sollen wir vor die Tür gehen, Sir?«, fragte sie sofort. Ich schüttelte den Kopf.
    »O nein. Ich würde dich nie für so eine Belanglosigkeit aus der Gegenwart deiner Herrin entführen. Schließlich sehe ich, wie gut du für sie sorgst, Cross. Du würdest sie nie alleine lassen, wenn sie dich braucht, und wann tut sie das nicht?«
    »Danke, Sir«, erwiderte sie ausdruckslos. Wenn ich Glück hatte, dann wurde sie aus meiner kleinen Rede nicht schlau, was ich hoffte. Sie hatte sich gewiss darauf vorbereitet, von mir noch einmal zum Sonntag befragt zu werden, aber vielleicht erwartete sie die Frage nicht, die ich ihr tatsächlich stellen wollte. »Was kann ich denn für Euch tun, Master Blount?«
    »Oh, es geht nicht um das, was du für mich tun kannst. Es geht um das, was ich für dich tun kann.«
    War das Verblüffung in Agnes Cross stählernen Augen? Sie warf einen Blick auf Mrs.Owen, als wollte sie sagen, ich möge ihr doch kein Bestechungsgeld vor ihrer Herrin anbieten, dann begann sie zögernd: »Sir …«
    »Ich begebe mich morgen nach Oxford, Cross, und als liebende Verwandte möchtest du mir vielleicht eine Nachricht für deine junge Base Barbara mitgeben.«
    Fortuna war mit mir. Mrs.Owen hob den Kopf und wiederholte: »Barbara? Barbara ist ein liebes Mädchen. Ihre Blumengewinde, oh, ihre Blumengewinde sind so hübsch. Warum kommt Barbara nicht mehr, um mir Blumen zu bringen, Cross?« Sie blinzelte, und ein paar Tränen begannen, ihr über die faltigen Wangen zu laufen. »Alle lassen sie mich allein. Mein Gemahl ist so sehr beschäftigt … Ich weiß, im Dienst des Königs steht er, oh ja, das tut er, aber ich wünschte, er wäre mehr bei mir. Und Barbara kommt nicht mehr, und Jane habe ich lange nicht gesehen – warum lassen sie mich alle allein?«
    »Ihr wisst, weswegen, Mistress«, sagte Agnes Cross beruhigend und tätschelte Mrs.Owen die rechte Hand.
    »Wenn Ihr eine Botschaft für Barbara habt, Mrs.Owen, übergebe ich sie gerne«, sagte ich schamlos. »Sobald mir Eure Agnes gesagt hat, wo in Oxford ich sie finde. Und ich werde Euch Blumen von ihr mitbringen.«
    Agnes Cross presste die Lippen zusammen. Sie wirkte, als würde sie mir liebend gerne die Meinung darüber sagen, was sie davon hielt, die Verwirrung alter Frauen auszunutzen, aber ich hatte nie behauptet, ein Unschuldslamm oder ein rücksichtsvoller Mann zu sein, und das war natürlich der Grund, warum ich sie vor Mrs.Owen angesprochen hatte.
    »Cross«, sagte Mrs.Owen denn auch begeistert, »sag dem Herrn, wo er Barbara findet, damit sie ihm Blumengewinde mitgeben kann!«
    »Barbara hat eine schwere Zeit hinter sich, Herrin«, entgegnete Agnes Cross tonlos. »Vielleicht …«
    Die alte Frau begann erneut zu weinen. »Ich möchte meine Blumengewinde! Barbara soll mir wieder Blumenkränze und Sträuße machen! Ich möchte meine Gewinde!«
    »Ihr werdet sie bekommen«, sagte Agnes Cross beschwichtigend. »Master Blount wird dafür sorgen. Er ist ein Mann, der zu seinem Wort steht, und wird gewiss mit Blumen zurückkehren, ganz gleich, was ihm auf dem Weg nach Oxford auch begegnen mag.«
    Mit anderen Worten, dachte ich grimmig, sie wird mir nichts über den Aufenthalt ihrer Nichte verraten, oder nur Lügen. Aber wenn ich nicht trotzdem irgendwo Blumen kaufe, bin ich es, der dann vor Mrs.Owen schlecht dasteht. Das heißt, wenn sie denn in der Lage ist, an ihrem Wunsch lange genug festzuhalten, um gekränkt zu sein.
    »Gewiss

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