Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Im Schatten der Königin: Roman

Im Schatten der Königin: Roman

Titel: Im Schatten der Königin: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tanja Kinkel
Vom Netzwerk:
ich.«
    »Keine Drohungen. Ich bin ein vielbeschäftigter Mann, Frobisher. Aber wenn du mich unterhalten willst, tu dir keinen Zwang an, und verrate mir, was du von dem Gesinde hier hältst.«
    Er grinste. »Kennt Ihr das Sprichwort über Vögel, die man füttert, ehe sie singen?«
    Ich legte meine Feder und das Messer weg. »Ich glaube, das lautet eher umgekehrt: Sie singen, um gefüttert zu werden. Aber erzähle mir nicht, dass du hier nichts zu essen bekommst. Die kleine Latimer schien sehr angetan von dir zu sein heute Morgen.«
    »Hier hat zurzeit jeder zu viel Angst, um zu stehlen, wie es sonst überall üblich ist«, sagte er zu meiner Überraschung. »Und als Euer Diener bin ich kein wirklicher Gast, also bräuchte sie dazu die Erlaubnis ihres oder meines Herrn.«
    Sein Gerede führte schließlich dazu, dass ich mit ihm Äpfel in dem Zimmer teilte, in dem wir nun, nach Appleyards Ankunft, übernachten würden. Es war das von Forster und seiner in Sussex befindlichen Gemahlin und damit das zweitbeste im Haus. Nun sah es nicht so aus, als ob heute noch jemand außer Appleyard aus Norfolk hier eintreffen würde; nicht jeder war in der Lage, sofort aufzubrechen, wenn er die Nachricht von einem überraschenden Todesfall erhielt. Aber morgen standen die Dinge mit Sicherheit anders, und daher fragte ich mich, ob ich nicht am besten von Oxford direkt nach Kew aufbrechen sollte, um dann mit neuen Anweisungen und etwas mehr Gepäck für mich selbst nach Cumnor zurückzukehren.
    Bei dem Gedanken an ein paar frische Kleidungsstücke fielen mir Pirtos Worte ein und das Fehlen jeder Art von persönlichen Briefen in Amys Truhe. »Du glaubst also nicht, dass hier gestohlen wird«, nahm ich den Faden wieder auf.
    »Nicht jetzt «, verbesserte Frobisher. »Früher und im Allgemeinen natürlich schon. Wenn ich ganz offen sprechen soll: Die haben hier alle Angst, dass einem von ihnen die Schuld an my ladys Tod gegeben wird, als Sündenbock. Also will gerade jetzt keiner Aufmerksamkeit auf sich ziehen. Die Latimers glauben sogar, dass Ihr nur deswegen gestern mit ihnen und den anderen so lange geredet habt. Und jedermanns liebster Stallmeister, der reizende und umgängliche Hughes, hat es so zusammengefasst: Entweder hat my lady sich umgebracht, und dann ist es ein Skandal, weil ihr kein christliches Begräbnis zusteht und Schande über die Familie kommt, oder sie ist umgebracht worden, und dann will my lord gewiss nicht, dass länger nachgeforscht wird, wer es war. Im einen wie im anderen Fall ist es doch das Einfachste, einem Diener oder einer Magd die Schuld zu geben und sie aburteilen zu lassen, denn niemand glaubt einem Dienstboten gegen das Wort der Herrschaft.«
    Ich hätte sagen können, dass Robin mich ausdrücklich beauftragt hatte, ohne Ansehen der Person nach der Wahrheit zu forschen, aber ich durfte erst gar nicht damit anfangen, mich und ihn vor Frobisher zu rechtfertigen. Außerdem mochten Frobishers Worte auf die Latimers, den obersten Koch und Hughes zutreffen, wohlmöglich auch auf die Stallknechte, doch weder Agnes Cross noch Pirto hatten den Eindruck erweckt, Angst um ihr Leben zu haben. Im Gegenteil.
    »Hmmm«, brummte ich und fragte mich, ob Frobisher absichtlich versuchte, mich fehlzuleiten, oder ob er schlicht und einfach nicht dazu gekommen war, mehr als zwei Worte mit den beiden Frauen zu wechseln. »Wie steht es um die Schreibkünste in diesem Haushalt?«
    »O großer Blount, ich bin nur ein einfacher Sterblicher, und freundliche Gespräche mit den Menschen zu führen dauert nun einmal länger. Wenn ich als Euer ergebener Diener sie ohne Umschweife frage, ob sie lesen und schreiben können, werde ich sicher angelogen. Doch fürchtet nicht, ich weiß schon, wie ich eine solche Angelegenheit anfangen muss. Als mir die Latimers von ihrer Furcht erzählten, dass nach Sündenböcken gesucht würde und sie als die Einzigen, die außer Agnes Cross nachweislich im Haus waren, als my lady starb, gewiss als Erste in Frage dafür kämen, da wollte ich wissen, ob sie nicht versuchen könnten, eine andere Stelle zu finden.«
    Worauf er damit hinauswollte, war mir ein Rätsel, aber ich kannte ihn inzwischen gut genug, um zu wissen, dass es mir nicht viel bringen würde, ihn zu unterbrechen.
    »Vielleicht unter anderen Namen. Gar mancher hat schließlich nicht gewusst, dass die Musen ihn zur Darstellung riefen, ehe er das erste Mal den Schurken oder Helden dargeboten hatte, ob auf dem Marktplatz, in einer Schenke oder

Weitere Kostenlose Bücher