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Im Schatten der Königin: Roman

Im Schatten der Königin: Roman

Titel: Im Schatten der Königin: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tanja Kinkel
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wäre es Mrs.Owen eine Freude, ein paar Zeilen von Barbaras Hand zu erhalten«, schlug ich freundlich vor.
    »Gewiss«, sagte Agnes Cross, ebenso freundlich lächelnd. »Aber unsere liebe Barbara hat nie gelernt, zu schreiben.«
    Am Ende behauptete sie, ihre Nichte sei zwei Häuser von St. Michael entfernt am Nordtor zu finden, und ich wusste, dass ich dort umsonst nach einer Barbara Cross fragen würde.
    »Du bist mir eine große Hilfe gewesen, Cross.«
    »Es war mir eine Freude, Sir. Darf ich fragen, welche Geschäfte Euch sonst noch nach Oxford führen?«
    »Ich will mir den Platz ansehen, auf dem Erzbischof Cranmer vor fünf Jahren verbrannt worden ist«, sagte ich – und fügte dann mit harter Stimme hinzu: »Hinrichtungen inspirieren mich dieser Tage.«

    In meinem nächsten Brief an Robin schrieb ich von dem Bürgermeister, den Geschworenen und Appleyards Eintreffen, aber erwähnte weder die neue Leiche in diesem Landstrich noch den Umstand, dass mit Pirto und Agness Cross mittlerweile zwei Mägde angedeutet hatten, dass sie eine neue Stelle bei den Dudleys wollten; auch nichts über den Arzt aus Cambridge oder dass Appleyard erwartete, Amys Erbe auf die eine oder andere Weise anzutreten. Mehr werde ich Euch berichten, wenn wir uns sehen, schloss ich stattdessen; je nachdem, was sich am morgigen Tag in Oxford begab, würde ich entweder direkt danach oder übermorgen mit dem Schiff nach Kew fahren, um mit ihm zu sprechen. Es kam mir in den Sinn, dass Robin nie gerne stillgesessen hatte, wenngleich er es im Tower hatte lernen müssen.
    Ich war noch dabei, mit einem Messer die Feder, die mir Forster geliehen hatte, etwas zu schärfen, als Frobisher auftauchte.
    »Der trauernde Bruder hat seine Sachen in Euer Zimmer bringen lassen«, sagte er. »Und wollte den Schlüssel für die Truhen haben. Pirto sagte, den hättet Ihr, also betrachtet Euch gewarnt, denn er wird gewiss bald auftauchen. Wird es nun zu einer Schlacht um Truhen und Zimmer kommen?«
    »Mit dem Bruder einer Toten zu streiten, während ihr aufgebahrter Körper nur einen Steinwurf weit entfernt liegt, ist geschmacklos«, sagte ich. »So etwas bringen höchstens Franzosen fertig.« Ich konnte nicht widerstehen: »Oder Vagabunden.«
    Frobishers Mundwinkel zuckten. »Oh, ich weiß, was Ihr meint, Durchlauchtigster; in einem Schauspiel wäre es eine packende Szene. Malt Euch doch nur einmal einen feierlichen Begräbniszug aus, Trauerreden, wie sie nun einmal zu einem solchen Anlass gehalten werden, voller frommer Allgemeinheiten. Dabei sagt niemand etwas darüber, wie die Verstorbene wirklich war. Und dann tritt plötzlich der lang verschollene Verlobte aus seinem Versteck, oder besser noch, der heimliche Geliebte, und er schleudert dem Bruder seine Wahrheiten an den Kopf!«
    Während er sprach, veränderte er ständig seine Haltung: Erst mimte er eine Amtsperson, die eine Rede hielt. Seine Schultern schienen auf einmal zwanzig Jahre herabzusacken, sein Gesicht wirkte ernst, doch auch leicht selbstgefällig, und ich schwöre, dass er sogar auf einmal ein Ränzlein wie so viele Ratsherren zu haben schien, jenen Bauch, den sich ein Mann in Amt und Würden eigentlich unweigerlich anisst. Dann führte er ein nicht existentes Taschentuch an die Augen und wurde zum trauernden Familienangehörigen, der sich Tränen aus dem Gesicht wischte, aber nur so lange, bis er vorsprang und zu einem heftig gestikulierenden jugendlichen Heißsporn wurde. Ich muss gestehen, bei dem Wort Geliebter wäre ich um ein Haar zusammengezuckt und wurde nur dank meiner Selbstbeherrschung davor bewahrt. Frobisher war jedoch zu sehr im Bann seiner selbst ausgemalten Szene, um es zu bemerken. Dennoch schien es mir angebracht, unser Gespräch auf ein anderes Thema zu lenken.
    »Das einzige Stück, das ich je gesehen habe, handelte vom Jedermann und endete damit, dass er all sein Geld verlor und keinen seiner Diener mehr bezahlen konnte, also hoffst du besser nicht, dass deine Gaukeleien Ähnlichkeit mit meinem Leben haben.«
    »Ihr habt nichts als dieses uralte Stück aus den finsteren Zeiten gesehen?«, rief er entsetzt. »Sir, das muss sich ändern! Unsere Truppe spielt jede Woche wenigstens zwei Stücke, während wir durch die Lande ziehen. Wenn man uns lässt, versteht sich, statt uns fortzuprügeln, weil wir noch niemandes Diener sind. Wenn my lord Dudley uns seine Farben tragen lässt, dann werdet Ihr täglich mit neuen kunstvollen Werken verwöhnt, Master Blount, das schwöre

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