Im Schatten der Königin: Roman
fühlte. Dreckskerl , dachte ich.
»Wenige sind so weise wie Ihr, Sir William«, sagte ich, als ich sicher war, wieder ruhig und freundlich sprechen zu können. »Der Rest von uns Sterblichen ist sich der Leichtigkeit, zu irren, nur zu bewusst. Ich darf behaupten, dass der beste Ehemann und treusorgendste Vater, den ich kannte, der Gatte meiner Base Jane war, doch leider war sein Urteilsvermögen in so vielen anderen Dingen beklagenswert. Sogar bei einigen der Menschen, in die er sein größtes Vertrauen setzte. Gott sei seiner Seele gnädig.«
Keiner der Dudleys konnte je gewiss sein, ob Cecil seinerzeit einen Handel mit Königin Mary eingegangen war oder nicht, aber natürlich glaubten das nicht nur Robin und seine überlebenden Geschwister, sondern auch ich. Und er wusste, dass wir es glaubten.
Cecil verstand meine Anspielung daher nur zu genau. Ein feines Lächeln spielte um seine Lippen. Vielleicht hätte er etwas gesagt, das mich mehr traf, als seine vorherige Äußerung es getan hatte, doch zum Glück hatten wir das Haus erreicht, und Cecil verschwendete keine Geistesblitze mehr an mich. Die Diener, die ihm entgegeneilten, stammten noch aus der Zeit direkt nach unserer Rückkehr aus Frankreich, als sich das Schicksal für Robin gerade erst wieder zum Guten gewendet hatte, nicht aus der Zeit nach der Krönung unserer jetzigen Königin, als sein kometenhafter Aufstieg begann und sein Haushalt sich so schnell vergrößerte, dass ich nicht mehr jeden aus dem neuen Gesinde überprüfen konnte. Das verriet mir, wie sehr Robin sich sicher vor Spionen fühlen wollte. Ich hatte eigentlich vorgehabt, sofort mit ihm zu sprechen, aber Cecils Anwesenheit änderte das. Stattdessen ging ich in die Küche und ließ mir Bericht erstatten.
Es hatte keine Besuche von irgendwem gegeben, wenn man von Knechten absah, die Briefe überbracht hatten; weder die sonst üblichen Bittsteller noch jemand vom Hofe, und – wie mir unangenehm auffiel – auch keine Beileidsbesucher. Cecil war der Erste, der Robin seine Aufwartung machte.
»Wird Sir William zum Abendessen bleiben?«, fragte die Köchin ein wenig beunruhigt. Sie hatte offenbar nicht für ein größeres Mahl geplant, und wenn Cecil blieb, dann bedeutete das ein formelles Essen mit mehreren Gängen für ihn und Robin und Verpflegung für seine Leute hier in der Küche.
»Das weiß ich nicht.« Ich konnte es mir nicht vorstellen. Was auch immer er Robin zu sagen hatte, konnte kaum lange dauern, und er wollte gewiss zur Nacht wieder zu Hause sein, treusorgender Vater und Gatte, der er war. Trotzdem sollte man auf das Unerwartete eingerichtet sein, wenn es um Cecil ging, also wies ich sie an, mit den Vorbereitungen für eine ordentliche Mahlzeit zu beginnen. Danach ließ ich mir frische Hosen, ein neues Hemd und ein neues Wams bringen, und einen Trog mit Wasser. In Frankreich, heißt es, haben sie Blechwannen, um darin zu baden; auf dem Schlachtfeld bekommt man so etwas nicht zu sehen, aber es wurde ab und zu davon geredet, und einige Angehörige unseres Hochadels, einschließlich der Königin, reisen jetzt ebenfalls mit einer solchen Wanne. Da es in Robins Aufgabenbereich fällt, ihre Umzüge und Reisen zu organisieren, kann ich das sogar beschwören. Was mich betrifft, ich bin kein Weib und brauche kein heißes Wasser, aber nach den letzten umtriebigen Tagen konnte etwas kaltes Wasser nicht schaden. Im Übrigen hoffte ich, dass es mir helfen würde, meinen Kopf klarzubekommen.
Robin saß in der gerade erst eingerichteten Bibliothek, als ich ihn später fand. Sie war neu wie das meiste in diesem Haus; es war einmal eine Molkerei gewesen, und dem Mann, der es zu einem stattlichen Herrschaftssitz umgebaut hatte, gehörte es nicht lange; er war unter Königin Mary verbrannt worden.
Eigentlich hatte ich vorgehabt, Robin so formell wie möglich zu begrüßen; nach all dem, was mir in den letzten Tagen durch den Kopf gegangen war, bot es uns die Sicherheit dessen, was sich zwischen einem Vertrauten der Königin und seiner rechten Hand ziemte. Der Umgang zwischen einem älteren und einem jüngeren Verwandten war, wie Cecil heute anmerkte, eine andere Angelegenheit. Doch wie so mancher meiner Pläne in diesen Tagen verlief auch dieser im Sand.
Robin sprang auf, machte ein paar schnelle Schritte auf mich zu und umarmte mich stürmisch. »Tom«, murmelte er, während er meine Schultern umklammert hielt, »verdammt noch mal, Tom!«
Er nannte mich so gut wie nie beim Vornamen. Ich
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