Im Schatten der Leidenschaft
mir Spaß. Du hast doch gesagt, ich soll tun, was mir Spaß macht.«
»Bitte keine Spitzfindigkeiten, kleine Chloe. Diese Ausflüge ohne Anstandsdame müssen aufhören.«
»Aber du kannst doch nicht von Lady Smallwood erwarten, daß sie mich dabei begleitet. Sie kann doch gar nicht Schritt halten. «
»Ich erwarte von dir, daß du Dinge unternimmst, bei denen sie mithalten kann«, erklärte er. »Und das meine ich ganz ernst, Chloe.«
»Also gut«, sagte sie. »Darf ich jetzt gehen? Sie erwarten mich im Morgenzimmer. Da wir nicht Weggehen dürfen, werden wir eben ein Brettspiel spielen.«
Hugo ließ sie gehen und schüttelte geschlagen den Kopf. Wenigstens konnten Brettspiele, wie wild es dabei auch zugehen mochte, von seiner Kusine beaufsichtigt werden.
Aber was war mit Denis DeLacy, dem neuesten Kandidaten in Chloes ständig wachsendem Kreis von Verehrern?
Er nahm Hut und Stock, verließ das Haus und machte einen raschen Spaziergang, während er über die Lage nachdachte. Wenn DeLacy von dem Duell wußte, war es denkbar, daß er Chloe davon erzählte. Aber warum sollte er das tun? Es gab keinen Grund, weswegen er gegen Hugo irgendeinen Groll hegen sollte, und gewinnen konnte er durch eine solche Enthüllung auch nichts. Zur Zeit von Stephens Tod mußte er ein Kleinkind von vier oder fünf Jahren gewesen sein.
Aber was, wenn er es Chloe doch erzählte ?
Hugo ging die Bond Street schneller hinunter. Es war undenkbar, daß Chloe die Geschichte vom Tod ihres Vaters durch die Hand ihres Vormunds ... ihres Geliebten von einem Fremden erfuhr. Er hatte ihr völliges Vertrauen, und das würde er dadurch verlieren - wie konnte es anders sein ?
Also sollte er es ihr selbst sagen und damit jeder Möglichkeit vorgreifen, daß sie es von jemand anderem hörte? Aber er konnte den Gedanken nicht ertragen, eine solche Geschichte ans Licht kommen zu lassen. Er würde ihr auch von der Krypta erzählen müssen ... von der unglaublichen Häßlichkeit seiner frühen Jahre. Er konnte ihre Unschuld unmöglich mit einer solchen Geschichte beschmutzen.
Also wie groß war die Gefahr, daß sie es von jemand anderem hörte?
Jasper würde es ihr womöglich sagen. Ja, er konnte sich vor-stellen, daß Jasper großes Vergnügen dabei empfinden würde, derartige Zwietracht zu säen und jedes Vertrauen zwischen seiner jungen Schwester und dem Vormund zu zerstören, den er so innig verabscheute. Aber Jasper war zu umgehen. Hier in London würde Chloe weder etwas mit ihrem Bruder noch mit seinem Stiefsohn zu tun haben.
Mit gerunzelter Stirn beschloß Hugo, daß durch ein paar sorgfältig formulierte Fragen eigentlich in Erfahrung zu bringen sein müßte, was der junge DeLacy wußte. Und wenn er irgendeine konkrete Gefahr sah, würde er Chloe aus der Nähe des jungen Mannes entfernen müssen.
Nachdem das geklärt war, ging er zu Jacksons Boxschule. Herr Jackson beaufsichtigte einen Probekampf zweier junger Männer, doch als er Hugo sah, kam er herüber und begrüßte den Neuankömmling.
»Kommen Sie zum Üben, Sir Hugo ? Oder würden Sie gern an einem Kampf teilnehmen?«
»Ich würde gern ein paar Runden mit Ihnen kämpfen, Jackson.«
»Mit Vergnügen, Sir.«
Hugo ging in den Umkleideraum und war sich durchaus der Tatsache bewußt, daß es eine Ehre war, daß Jackson gegen ihn antrat, da er das nur bei jenen seiner Kunden machte, die er für meisterhaft genug hielt, ihm standzuhalten.
Marcus Devlin kam herüber, um bei dem Kampf zuzusehen. Da er selbst diesen Sport recht kunstvoll beherrschte, war er um so mehr von Hugo Lattimer beeindruckt, der seinem Meister doch ein paar Treffer beizubringen vermochte.
»Wie geht es der schönen jungen Dame mit dem guten Herzen?«, fragte Marcus, als sie danach zusammen in den Umkleideraum gingen.
»Nicht einzuschüchtern«, sagte Hugo. »Und im Augenblick fühle ich mich in ihrer Nähe alt und müde. Als ich fortging, war mein Haus erfüllt von bezauberten jungen Männern, die Brettspiele mit ihr spielen wollten.«
»Keine Heiratsanwärter in Sicht?«
»Die will sie alle nicht«, sagte er bekümmert, während er sich den Kopf trocken rieb.
»Kommen Sie zum Berkeley Square, dann trinken wir eine Flasche Burgunder zusammen«, schlug Marcus vor, als sie die Boxschule verließen. »Vielleicht hat meine Frau ein paar gute Vorschläge, wie Miss Gresham zum Traualtar zu locken ist. Sie hat Chloe wirklich liebgewonnen. Ihre unkonventionelle Art ist genau das, was sie liebt.« Er schmunzelte und
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