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Im Schatten der Leidenschaft

Titel: Im Schatten der Leidenschaft Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jane Feather
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übellaunigen Temperament seines Lenkers, verschwand. Er war zwar nicht Jaspers eigener Sohn, hatte aber doch die gleiche jähzornige Art. Eine kleine Gruppe von Menschen hatte sich auf der anderen Straßenseite versammelt, und eine laute Auseinandersetzung war im Gange. Mit einer unangenehmen Vorahnung ging Hugo hinüber und drängte sich durch die Menge.
    Seine Vorahnung war gerechtfertigt. Chloe hatte keine Ähnlichkeit mehr mit dem enttäuschten Mädchen aus dem Schneidergeschäft. Wie ein kleiner Teufel beschimpfte sie einen massigen Mann, der auf dem Kutschbock eines mit Rüben gefüllten Wagens saß.
    Hugo warf einen Blick auf das Pferd, das davorgespannt war, und verstand. Das bejammernswert aussehende Tier ließ den Kopf hängen, sein Fell war mit Narben von alten Peitschenhieben bedeckt und Blut strömte aus frischen Striemen. Seine Rippen waren einzeln zu erkennen, und es atmete schwer, während es sich anstrengte, den Wagen das letzte Stück den Hügel hinaufzuziehen.
    »Grobian! Ich lasse Sie von der Polizei verhaften!« schrie Chloe. Ihre Hände, die das Geschirr des Pferdes lösten, arbeiteten trotz ihrer Wut effizient. »Man sollte Sie an den Pranger stellen!« Sie löste das Gebiß und stieß einen erneuten Wortschwall hervor, als sie den Zustand des Pferdemauls sah, das ganz aufgerissen von dem Metall war.
    Der Rübenverkäufer sprang mit für einen so massigen Mann erstaunlicher Behendigkeit von seinem Wagen. »Was zum Teufel tust du eigentlich da?« Er packte Chloes Arm. Sie drehte sich schwungvoll um und trat ihn zwischen die Beine.
    Die Menge schnappte nach Luft, als der Mann zusammenklappte, als wäre die Luft aus seinem Körper gelassen worden. Chloe wandte sich wieder dem Pferd zu und löste die Schnalle am Zaum.
    »Chloe!« rief Hugo scharf.
    Sie sah ungeduldig auf, und er erkannte, daß sie im Augenblick nichts als das Pferd interessierte. Sie war sich nicht des Eindrucks auf die Umstehenden bewußt, den sie möglicherweise machte, nicht einmal die Leute in der Nähe interessierten sie. »Geben Sie dem Mann Geld«, sagte sie. »Ich nehme sein Pferd mit. Auch wenn er das arme Tier wirklich schändlich behandelt hat, wäre es nicht richtig, es ihm einfach so wegzunehmen.«
    »Du erwartest, daß ich -«
    »Ja, genau«, gab sie scharf zurück. »Nicht Ihr Geld - meines!« Sie hatte das Tier endlich losgebunden, führte es am Halfter von der Deichsel weg und streichelte seinen ausgemergelten Hals. Die Menge wich zurück, als der Besitzer des Pferdes sich aus seiner schmerzverzerrten Hocke aufrichten wollte.
    »Wenn Sie mein Pferd mitnehmen, werd’ ich -« Er verstummte und schnappte nach Luft. Die Leute begannen neugierig zu murmeln.
    Eilig steckte Hugo die Hand in die Tasche und warf zwei
    Goldsovereigns auf den Boden zwischen die Füße des Mannes. Das heruntergekommene Tier wirkte, als würde es nicht einmal die kommende Nacht überleben, aber die Menge würde sich sicher auf die Seite des Pferdebesitzers schlagen, und er mußte Chloe heil von hier wegbringen.
    »Beweg dich!« befahl erleise.
    Chloe schien zu verstehen, worum es ging, und führte ihre bemitleidenswerte Neuerwerbung durch die Menschenschar, während sie noch über die Sovereigns staunten.
    »Danke«, sagte sie etwas verspätet, als sie die andere Straßenseite erreicht hatten.
    »Oh, danke nicht mir«, erwiderte er mit einer ironisch erhobenen Augenbraue. »Wenn ich mich recht erinnere, war es ja dein Geld.«
    »Wozu hat man Geld, wenn man es nicht für das verwenden kann, was einem richtig erscheint?« wollte sie wissen und streichelte mit einer Hand zärtlich den Hals des Pferdes.
    Wie zum Beispiel Taftkleider und Tüllhüte, dachte Hugo. Das elend aussehende, gequälte Tier war wohl ein passender Ausgleich für das Hurenkleid. Er war sich im Augenblick jedoch nicht sicher, ob er Lust hatte, je wieder einen solchen Tag zu verbringen. Sein völlig unberechenbares Mündel war eine anstrengende Begleiterin. Und er hatte bis jetzt noch nichts Vernünftiges zu trinken bekommen.
    Trotzdem wollte er es lieber nicht darauf ankommen lassen, daß sie sich allein beschäftigte in dieser Stadt der Unruhe und Gefahren, während er im »Georg mit dem Drachen« saß. Ohne weitere Erfrischung drängte er Chloe und die befreite Mähre des Rübenverkäufers nach Hause.

KAPITEL 6
    »Wo ist Dante?« Chloe rutschte im Hof von ihrem Pony und sah sich mit gerunzelter Stirn um. Die Abwesenheit des Hundes stimmte sie mißtrauisch. Sie konnte sich

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