Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Im Schatten der Leidenschaft

Titel: Im Schatten der Leidenschaft Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jane Feather
Vom Netzwerk:
Hugo wie ein eisiger Wasserfall. Er hatte sie völlig vergessen. Er hatte alles vergessen, was ihn in diese Trunkenheit und die Arme einer entgegenkommenden Hure getrieben hatte. Und als er die zarte Gestalt sah, deutlich Umrissen vom Kerzenlicht in der Halle hinter ihr, das glänzende Haar, das um ihre Schultern hing, da drehte sich ihm plötzlich sein brandyschwerer Magen um. Er versuchte ihr zu sagen, sie solle fortgehen, die Augen von diesem schändlichen Anblick abwenden, aber er brachte kein Wort hervor.
    Und dann war sie fort, hatte die Tür leise hinter sich geschlossen.
    »He, was war das denn«, wollte Betsy wissen. »Was ist denn mit dir los?« Es war ganz offensichtlich, daß ihr Partner nicht mehr interessiert und auch nicht mehr fähig war, ihren Beischlaf fortzusetzen.
    Hugo löste sich von ihr und stand auf. Ihm war schwindlig, als er auf Betsy hinuntersah, die breitbeinig zu seinen Füßen auf dem Teppich lag, und er sah nur die erniedrigende, vulgäre Haltung, ihr weißes Fleisch vor ihrem hochgeschlagenen, schmuddeligen Unterrock. Mit einem leisen Fluch wandte er sich ab.
    »Zieh dich an und geh.«
    »He, was ist denn jetzt los?« Betsy setzte sich auf und schüttelte ihren Unterrock. »Die ganze Nacht, hast du gesagt. Du kannst mich doch nicht einfach so hinauswerfen!«
    »Es ist schon fast Morgen«, sagte er, während er sich die Hose hochzog. »Der Fuhrmann fährt um sechs unten am Tor vorbei. Er wird dich mitnehmen nach Manchester.« Er ging hinüber zu seinem Schreibtisch, zog eine Schublade auf und nahm eine Geldkassette heraus. »Hier, nimm das.«
    Betsy starrte die drei Goldsovereigns an, die im Mondlicht glänzten. So viel verdiente sie sonst in zwei Monaten, und diese Summe hatte sie ohne große Mühe und Unbequemlichkeit eingenommen. »Du bist doch ein seltsamer Kerl«, sagte sie und nahm kopfschüttelnd das Geld. »Ich bin schon weg.«
    Hugo antwortete nicht. Er ging zum Fenster und starrte in die langsam grau werdende Nacht hinaus, während Betsy ihr Kleid und ihre Strümpfe anzog und ihre Füße in die Holzschuhe steckte.
    »Also dann«, sagte sie mit einem kurzen Zögern an der Tür. »Ich bin weg.«
    Die unbewegliche Gestalt rührte sich nicht. Betsy ging mit einem Schulterzucken hinaus in die Halle und machte die Tür hinter sich zu.
    »Wer sind Sie?«
    Betsy erschrak über die leise Frage. Sie drehte sich zu der kleinen Gestalt um, die auf der untersten Treppenstufe saß. »Mein Gott im Himmel! Und was interessiert das dich, wenn ich fragen darf?« Sie kam näher und betrachtete das Mädchen mit dem weißen Gesicht eingehend. »Also bist du gerade hereingekommen?«
    »Ich wußte ja nicht -« sagte Chloe tonlos. »Sind Sie eine Freundin von Hugo ?«
    Betsy lachte ein volles Lachen. »Ach nein, Liebes, so was nennt man wohl nicht direkt Freundin. Es ist mein Beruf, die Herren zu erfreuen, und ich tu’ mein Bestes.« Die Münzen klingelten in ihrer Rocktasche. »Aber warum schleicht ein Kind wie du hier mitten in der Nacht rum und sieht Sachen, die es nicht sehen sollte?«
    »Ich bin kein Kind«, sagte Chloe. »Und ich bin auch nicht rumgeschlichen.«
    Betsy sah näher hin. »Bist wohl doch nicht ganz so klein«, stimmte sie wohlmeinend zu. »Hast dich wohl’n bißchen erschreckt, was, Liebes?«
    Die Tür zur Bibliothek öffnete sich, bevor Chloe antworten konnte. Hugo trat in die Halle. »Geh hinauf in dein Zimmer, Chloe«, befahl er mit ausdrucksloser Stimme.
    Chloe stand langsam auf. »Es tut mir leid, daß ich Sie unterbrochen habe«, sagte sie mit einem ironischen Knicks. »Bitte verzeihen Sie mir. Ich wußte nicht, daß Sie Besuch hatten.« Sie drehte sich um und rannte die Treppe hinauf, ohne sich noch einmal umzusehen.
    »Schöne Bescherung, schätze ich«, bemerkte Betsy weise, als Hugo ihr die Tür öffnete. »Sie würden wohl besser daran tun, Ihre Unternehmungen nicht hier im Haus zu starten, wenn Sie meinen Rat hören wollen.«
    Hugo sagte nichts und schloß nur die Tür hinter ihr. Er ging zurück in die Bibliothek und sammelte alle Flaschen ein, die im Raum verteilt waren, volle, halbvolle und leere. Er brachte sie in die Küche und ging dann hinauf und weckte Samuel.
    Samuel hörte seinen Anordnungen in völligem Schweigen zu. Als sein Arbeitgeber verstummte, sagte er: »Glauben Sie, daß Sie es schaffen?«
    »Ich muß es schaffen«, sagte Hugo einfach, aber in seiner Stimme und seinen Augen lag eine stille Verzweiflung. »Chloe soll auf keinen Fall in die

Weitere Kostenlose Bücher