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Im Schatten der Lüge: Thriller (German Edition)

Im Schatten der Lüge: Thriller (German Edition)

Titel: Im Schatten der Lüge: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alex Marwood
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Stan. » Du hast vermutlich recht. Trotzdem, eine Story ist es allemal, oder? Die Sache ist doch die, sobald man erst mal drauf gestoßen wurde, ist es ganz offensichtlich. Man hätte doch annehmen sollen, dass sie ihr dieses verdammte riesige Muttermal im Gesicht entfernen lassen, als sie damals ihren Namen änderten – was meinst du? Irgendwie ist es, als hätten sie gewollt, dass man sie wiedererkennt. Und dann › Amber‹. Da hat man sich auch bei der Namensfindung nicht besonders angestrengt.«
    » Ich…« Ihr Blick fällt auf ihr Spiegelbild in der Scheibe der Eingangstür. Sie starrt es an und sucht in ihrem Gesicht nach Spuren des Kindes, das sie einmal war. Sie sieht wenig, das sie wiedererkennt: Ihr Gesicht war, auch abgesehen von dem Muttermal, schon immer weniger individuell als das von Bel– mehr ein Allerweltsgesicht; die Art Gesicht, das man scharenweise aus Schultoren strömen sieht. Außerdem war ich damals dick, kommt ihr in den Sinn. Meine Züge waren aufgeschwemmt und konturlos von den jahrelangen Pommes mit Ketchup.
    » Also, kommst du nun mit?«
    Willst du mich verdammt noch mal auf den Arm nehmen?, denkt sie. Ich muss mich von Annabel Oldacre so weit wie möglich fernhalten. Ich sollte im nächsten Flugzeug nach Australien sitzen. Jim sagen, dass ich gefeuert bin, den Journalismus aufgeben und einen Job als Pizzaverkäuferin in Queensland oder sonst wo annehmen. Nur dass kein Land, in dem man gern leben wollte, von einer wie mir einen Antrag auf Wohnsitz akzeptieren würde, und überhaupt wäre das dann genau die Art von Job, in dem die Zeitungen mich schon seit Jahren vermuten. Karriere machen, einen Abschluss haben, eine Erfolgsgeschichte der Sozialbehörde zu sein– das war beste Deckung, die ich finden konnte. Mich zwischen den Schakalen zu verstecken, die mich suchen, die wirklich großartigste Tarnung. Besser wäre nur noch ein Job bei der Polizei gewesen.
    » Ich– Scheiße.« Sie sucht nach Ausreden. » Nein. Tut mir leid. Geht nicht. Selbst wenn das inzwischen nicht ohnehin Dave Parks Revier wäre. Wir fahren morgen zu Jims Mutter. Nach Herefordshire. Und ich muss noch die Sachen der Kinder packen, das Haus klarmachen…«
    » Heiliger Strohsack«, sagt Stan. » Prioritäten?«
    » Allerdings, man nennt es Familie«, gibt sie zurück. Weiß genau, wie sehr ihn das ärgern wird, und hofft dass er aus Entrüstung auflegt.
    Sie hört ihn prusten. » Ach, komm, Mädel. Was ist denn mit dir los? Seit Jahren versuchst du schon, einen ordentlichen Auftritt im Nachrichtenteil zu kriegen! Wenn du sie zum Reden bringst, drucken sie es mit deinem Namen und mit deinem Bild. Großer Gott, da ist wahrscheinlich ein fester Job drin, wenn du dem Mirror zuvorkommst.«
    Sie bleibt still. Traut ihrer Stimme nicht, die ihre Angst verraten könnte. Hört, wie er sich eine Zigarette ansteckt, als Vorbereitung auf das, was er noch auf Lager hat. » Fish-and-Chips-Tüten, Kirsty«, sagt er. » Aus dem Mist, den du letzte Woche verzapft hast, werden sie Fish-and-Chips-Tüten machen. Was du da geschrieben hast, gerät sehr schnell in Vergessenheit.«
    Sie tut, als überlege sie.
    » Also gut, sieh mal. Nein, Stan, danke. Ich kann dir gar nicht sagen, wie dankbar ich dir bin, aber es tut mir leid. Ich gebe dir Daves Nummer. Ich kann ihn auch für dich anrufen. Und überhaupt, er wird mich auf immer und ewig auf dem Kieker haben, wenn er denkt, ich hätte ihm den Ruhm geklaut. Du weißt doch, wie er ist.«
    » Na schön. Okay. Aber behaupte nicht, ich hätte dir nie einen Gefallen getan.«
    » Bestimmt nicht«, erwidert sie. Sie kann kaum noch atmen. Will, dass er endlich auflegt, damit sie nachdenken kann. » Tut mir leid, Stan. Ich bin dir unendlich dankbar. Wirklich. Aber ich kann das nicht machen. Muss jetzt aufhören. Tut mir leid.«
    » Leg nicht auf –«, beginnt er, aber sie trennt die Verbindung. Lehnt sich gegen die Treppenstufe hinter ihr. Sophie hat ein ungewaschenes Sweatshirt zwischen die saubere Wäsche geworfen. Sie nimmt es heraus, vergräbt ihr Gesicht in dem moschusartigen Kindergeruch und atmet tief ein. Lieber Gott, die Kinder, denkt sie. Was würde es ihnen antun?
    Sie hat Angst. Es ist eine andere Angst als die, die sie in jener Nacht in Whitmouth verspürte, obwohl sie schon das Gefühl hat, verfolgt zu werden: Es ist eine alte, lange verdrängte Angst, die ihr durch die Eingeweide kriecht, die sie ganz und gar durchdringt wie ein Fieber und ihr das Gefühl völliger Machtlosigkeit

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