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Im Schatten der Lüge: Thriller (German Edition)

Im Schatten der Lüge: Thriller (German Edition)

Titel: Im Schatten der Lüge: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alex Marwood
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Schwing’s einfach drüber.«
    Chloe sieht nach unten, als würde sie den Boden zum ersten Mal wahrnehmen, dann knickt sie in der Taille ein und liegt nun der Länge nach auf der obersten Strebe. Der Anorak ist zwischen ihrem Rumpf und dem Gatter eingeklemmt, eine äußerst rutschige Unterlage, um sie zu tragen.
    » Komm schon«, sagt Jade. Chloe starrt sie an, stocksteif. Klammert sich mit den Schenkeln an die Strebe.
    » Los, mach schon, Chloe!«
    Bel wird wütend. Sie weiß nicht, woher es kommt, weiß nur, sie will, dass dieser Nachmittag endlich vorbei ist. Sie hat es satt, geduldig zu sein, hat es satt, wie dieser Tag für sie verläuft, hat die Disteln und Kuhfladen und harten Erdklümpchen satt, die sie in die Schuhe bekommt, und sie kann den Anblick dieses Kindes nicht mehr ertragen. Sie will, dass sie von diesem Gatter runter ist. Also hüpft sie in die Höhe und stößt mit aller verbleibenden Kraft zu.
    Chloe rutscht über die Strebe und stürzt kopfüber durch die Luft.
    Es scheint unendlich lange zu dauern, bis sie unten ankommt.

KAPITEL 42
    Schon kurz nachdem sie aufgebrochen sind, errät er, dass sie Whitmouth ansteuert. Und da das Radio während der Fahrt ständig Nachrichten bringt, hat er eine ziemlich genaue Ahnung, was sie dorthin treibt. Als sie um halb vier morgens ankommen, fühlt er sich beinahe hereingelegt. Sämtliche Journalisten des Landes sind wahrscheinlich in diesem Moment in der Stadt versammelt, es besteht also wenig Hoffnung, sie irgendwo allein zu erwischen. Doch was immer er mit ihr machen wird, dafür muss er mit ihr allein sein. Allerdings weiß er nicht genau, was er mit ihr machen will. Er weiß nur eines: dass sie es nicht eine Minute lang genießen wird. Er ist versucht, für heute das Handtuch zu werfen, heimzugehen und ein bisschen zu schlafen, schließlich würde sie morgen früh ja immer noch hier sein. Doch dann tut sie etwas, das ihn überrascht. Statt ihren Wagen an ihrem üblichen Platz am Bahnhof abzustellen oder im Voyagers Rest einzuchecken, fährt sie die Brighton Road weiter und ins Stadtzentrum. Neugierig folgt er ihr.
    Sie kommen nur langsam voran. Ein feiner Nieselregen hängt in der Luft, und die Bars haben geschlossen, trotzdem ist die Stadt voller Menschen. Allerdings nicht die üblichen Horden Jugendlicher, sondern Männer und Frauen mittleren Alters mit entschlossenen Gesichtern und Kricketschlägern. Selbst durch die fest geschlossenen Autofenster nimmt er die gespannte Atmosphäre wahr. Er lächelt, als er begreift, dass die ganz Stadt die Neuigkeiten über Amber Gordon gehört hat. Da hat es ja mal genau die Richtige getroffen, denkt er.
    Anscheinend rotten sie sich rund um das Polizeirevier zusammen, obwohl an praktisch jeder Straßenecke jemand steht. Muskulöse Männer in T-Shirts, mit Hälsen wie Baumstümpfe und Armen, die die Nähte spannen lassen; Frauen, deren bevorzugter Gesichtsausdruck seit früher Jugend Missbilligung ist. Schweigend und wachsam stehen sie herum und bohren ihren Blick in die Dunkelheit, als erwarteten sie, dass sich jeden Moment eine Schwadron kriegerischer Außerirdischer aus der dünnen Luft materialisierte. Vor dem Polizeirevier findet unter dem ausdruckslosen Blick der verschlossenen Türen eine finstere, aufgebrachte Party statt. Presse natürlich, auf der Suche nach der Morgensensation– aber auch viel, weitaus mehr, ganz normales Volk. Seine Nachbarn, vom Jagdgeruch aus ihren Höhlen gescheucht.
    Er rechnet damit, dass Kirsty irgendwo in der Nähe abbiegt, aber sie fährt weiter, kriecht mit hochgekurbelten Fenstern an den sich sammelnden Massen vorbei, als rechne sie damit, ausgeraubt zu werden. Martin runzelt die Stirn und lässt sich ein paar Meter zurückfallen. Sie sind die einzigen beiden Autos auf der Straße, und er will nicht, dass sie ihn jetzt noch entdeckt.
    Kirsty fährt langsam. Sie fragt sich, ob sie etwas in ihrer Reisetasche hat– einen Schal, eine Stola, eine Kappe–, womit sie Ambers Gesicht verhüllen kann, falls sie sie findet. Ohne eine solche Maßnahme würden sie es nicht zurück durch die Stadt schaffen, nicht bei all diesen Augen, die beim Vorbeifahren misstrauisch in die Fenster starren. Als sie sich dem Meer nähert, werden es langsam weniger Menschen. Ein paar Nachzügler aus den Bars torkeln durch den stärker werdenden Regen, doch hier unten achtet niemand auf etwas anderes als auf die eigenen Füße. Die Corniche selbst ist ein menschenleeres Meer aus Fastfood-Verpackungen und

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