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Im Schatten der Lüge: Thriller (German Edition)

Im Schatten der Lüge: Thriller (German Edition)

Titel: Im Schatten der Lüge: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alex Marwood
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Zigarettenstummeln. Selbst der Fastfood-Wagen ist auf die Brighton Road umgezogen, um dort möglichst viel aus der unerwarteten Kundenschwemme herauszuschlagen. Vielleicht, denkt sie. Vielleicht kommen wir ja noch mal davon. Wenn ich sie in den Kofferraum lege oder auf den Rücksitz.
    Sie fährt in die Ladezone am Fuß des Piers und stellt den Motor ab. Reißt die Tür auf und stellt fest, dass sie zum ersten Mal, seit sie nach Whitmouth kam, tatsächlich das Meer hören kann, lauter als irgendetwas anderes. Es klingt gewaltig, wie es auf den Strand donnert und beim Zurückwälzen große Kieselsteine durcheinanderwirbelt. Der Alltagslärm in dem Ort war offenbar ohrenbetäubender, als sie gedacht hatte, wenn er in der Lage war, dieses ungestüme Meer zu übertönen. Sie wirft einen prüfenden Blick auf die Straße, während sie nach ihrer Tasche tastet. Abgesehen von einem untergehakten Pärchen vor dem Schaufenster von WHS mith ist die Corniche leer. Als sie ihre Jacke anzieht, fährt langsam ein weißer Transporter vorbei und stellt sich auf den verwaisten Platz des Imbisswagens. Sie späht durch die Regenschlieren auf der Windschutzscheibe, aber niemand steigt aus.
    Sie schnappt sich das Handy vom Beifahrersitz, schiebt es auf und drückt die Wahlwiederholung. Es braucht einen Moment, zeigt kurz die Nummer an und wird weiß.
    » Scheiße«, flucht Kirsty laut. Drückt die Taste noch einmal. Nichts. Sie hat den elementarsten aller Schulmädchenfehler gemacht: Sie hat vergessen, das Handy ans Ladegerät anzuschließen, bevor sie ins Bett ging, obwohl sie den Akku doch den ganzen Tag beansprucht hat.
    » Scheiße«, sagt sie noch einmal und schlägt mit der flachen Hand aufs Lenkrad. Kämpft gegen die Tränen. Sie schließt das Fenster und gönnt sich einen Moment der Befreiung, indem sie aus vollem Hals schreit: » Scheiße! Scheiße! Scheiße! Scheiße! Scheiße!« Sie kann nicht telefonieren, Amber nicht sagen, dass sie hier ist, ihren gegenwärtigen Aufenthaltsort nicht ermitteln, kein Treffen organisieren. Die Tore des Piers, hoch und abschreckend, sind geschlossen, und Amber, sofern sie sie nicht schon aufgestöbert haben, zählt den Countdown bis zu Kirstys Vernichtung.
    Ich will nicht aussteigen, denkt sie. Ich habe Angst.
    Dann steigt sie aus, in die Nacht hinein.
    Im Rückspiegel beobachtet Martin, wie sie aus dem Renault steigt. Neben ihm stehen bleibt und zur Stadt zurückblickt. Und dann, als wäre sie überzeugt, unbeobachtet zu sein, dreht sie sich auf dem Absatz um und geht eilig am Pier vorbei zum Strand.
    Das trifft ihn unvorbereitet. Er hat angenommen, sie würde dahin gehen, wo Menschen sind. Kann nicht fassen, dass sie es ihm so leicht macht. Er stürzt aus dem Transporter und schließt die Tür so leise wie möglich hinter sich. Wenn sie wirklich zum Strand geht, werden das Meer und ihre Schritte auf den veralgten Kieselsteinen die meisten Geräusche verschlucken. Trotzdem wäre es dumm, unvorsichtig zu sein. Er joggt zur Straße hinauf, stellt sich in den Schatten des Funnland-Zauns, presst sich gegen eine Eckstütze und lugt um die Ecke.
    Sie spitzt die Ohren, um zu hören, ob jemand in der Nähe ist, aber alles ist still, bis auf das Tosen, das Schleifgeräusch des Sandes auf den Kieseln und das Ächzen des Windes in den Drähten der ausgeschalteten Lichterketten am Ufer. In etwa sieben Meter Entfernung befindet sich an der Seite des Piers, schmal und unscheinbar in die Metallstäbe des Zauns eingefügt, ein kleines Törchen. Reinigungs- und Instandhaltungstrupps benutzen es, um außerhalb der Öffnungszeiten die Anlage zu betreten und zu verlassen. Kirsty springt auf den Kies, spürt, wie zwei Steine unter ihren Füßen verrutschen, und geht in die Knie. » Mist«, murmelt sie und blickt sich sofort panisch um, ob man sie gehört hat. Bescheuerte Turnschuhe, für nicht anderes zu gebrauchen als fürs Laufband. Den restlichen Weg legt sie vorsichtig zurück und hält sich dabei am Zaun fest.
    Abgeschlossen. Natürlich. Doch eine nähere Inspektion ergibt, dass es sich nur um ein einfaches Yale-Schloss handelt, mehr zur Schau als ein echtes Hindernis. Sie kramt ihre Prepaidkarte für die Londoner U-Bahn aus der Tasche– sie hat schon vor Jahren gelernt, für so etwas nicht ihre Kreditkarte zu benutzen–, steckt die Hand zwischen die Gitterstäbe und hat das Ding binnen weniger Sekunden auf.
    Noch einmal sieht sie sich um und prüft, ob die Luft rein ist, dann geht sie hindurch. Sie schließt

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