Im Schatten der Lüge: Thriller (German Edition)
Körpern. Der Raum ist voll schweigender Gespenster, die vier Stunden zuvor noch der Mittelpunkt der Cafeteria waren.
Es wird ein herrlicher Tag werden. Jackie sieht zum wolkenlosen, blauen Himmel hinauf, als sie die Vorderseite des Vergnügungsparks entlanggehen, und grinst. » Also, ich geh zum Strand runter«, sagt sie. » Ich muss ja nicht unbedingt heim, sondern werde einfach in der Sonne pennen.«
» Im Ernst?«, fragt Amber.
» Nö«, gibt Jackie zurück. » War nur ein Witz.«
Amber schüttelt den Kopf. » Du solltest wissen, dass man um diese Uhrzeit besser keine Witze macht.«
Jackie schüttelt eine Zigarette aus ihrer Jackentasche und zündet sie an. » Klar.«
» Wie kannst du jetzt rauchen?«, fragt Blessed. » Wird dir davon nicht schlecht?«
» Also, vielleicht wenn ich grade aufgestanden wäre«, erwidert Jackie und entlässt eine Rauchwolke in die prickelnde Luft. » Aber da ich grade von der Arbeit komme, ist für mich eigentlich wie fünf Uhr Nachmittag. Und was hast du heute Tolles vor, Blessed?«
» Das Übliche«, antwortet sie. Sie wird Benedick wecken, kontrollieren, ob er seine Hausaufgaben gemacht hat, ihm etwas zu essen machen und ihn zur Schule schicken. Erst seit etwa einem Jahr begleitet sie ihn nicht mehr dorthin. Seit er in der Pubertät ist, kam es deshalb häufig zum Streit mit ihm. Anschließend wird sie ein paar Stunden schlafen, aufstehen, duschen und ihre Nachmittagsschicht bei Londis antreten. Die dauert nur vier Stunden, sodass sie den Abend mit ihrem Sohn verbringen kann, bevor Amber sie um Viertel vor zehn wieder abholt.
Jackie zieht erneut an ihrer Zigarette. » Ich verstehe nicht, wie du die ganze Zeit bloß arbeiten kannst. Amüsierst du dich eigentlich nie?«
» In diesem Land habt ihr alle keine Ahnung von Arbeit, und das ist das Problem«, erklärt Blessed.
» Und das Problem mit der Dritten Welt ist«, gibt Jackie zurück, » dass ihr alle Trottel seid.«
» Vielen Dank, Jackie«, sagt Blessed. » Ich versuche, es mir zu merken. Aber wir sind zu zweit, und nur einer von uns darf arbeiten. Es dauert nur noch ein paar Jahre, bis Benedick Arzt ist, und dann kann er mich unterstützen.«
Amber bleibt auf dem Gehweg stehen und schlägt sich an die Stirn. » Mist«, sagt sie.
» Was denn?«
» Tut mir leid, Blessed. Ich habe es vergessen. Eigentlich wollte ich ihn dir in der Teepause geben. Er ist in meinem Büro. Ich würde glatt meinen Kopf vergessen, wenn er nicht angeschraubt wäre.«
» Bitte noch mal einen Tick langsamer«, sagt Blessed. » Ich komme nicht mit.«
» Der Computer. Ich hab’s geschafft, einen für Ben zu ergattern. Maria Murphy, ob ihr’s glaubt oder nicht. Sie haben Jared eine Wii gekauft, und jetzt braucht er seinen alten Laptop nicht mehr.«
Blesseds Stimmung hebt sich. » Wirklich? Das hast du für mich getan?«
» Ich hab dir doch gesagt, dass ich es versuchen werde.« Amber lächelt stolz. Sie sieht echt müde aus, denkt Blessed. Als hätte sie nicht geschlafen. Aber Gott sei Dank, ich habe um ein Wunder gebetet, und Amber Gordon hat es uns beschert.
» Du bist ein Engel«, sagt sie. Das Leben hat sie mit trockenen Augen und Geduld ausgestattet, aber jetzt fühlt sie Tränen in ihrer Kehle aufsteigen. » Ich schwöre bei Gott, er wird dankbar dafür sein. Das weiß ich. Aber nicht dankbarer, als ich es bin.«
Amber schüttelt den Kopf. » Ist schon okay. Nicht der Rede wert. Bloß ein paar Anrufe. Hör mal, ich geh ihn jetzt holen, dann kannst du ihn ihm geben, wenn er aufsteht.«
Sie zieht ihre Schlüssel aus der Tasche und wirft sie Jackie zu. » Setzt euch schon mal ins Auto. Dauert nicht lange.«
Schweigend gehen sie weiter, Blessed ganz erfüllt von all den Wohltaten, Jackie vom Mangel daran. Trotz ihrer Führungsposition hat Amber kein Anrecht auf einen Stellplatz auf dem Personalparkplatz, deshalb lässt sie ihren Wagen immer am Koh-Z-Nook stehen, der anglo-thailändischen Teestube auf der anderen Seite des Piers. Sie hat nur vom Frühstück bis sechs Uhr abends geöffnet, weshalb man dort immer einen Platz findet. Außerdem ist es sicherer dort, als ihn die ganze Nacht auf der Klubmeile stehenzulassen. Es ist ein langweiliger kleiner Fußmarsch dorthin, nichts als Beton und geschlossene Fensterläden. Sobald man jedoch die hohen, verschlossenen Tore zum Pier hinter sich gelassen hat, hat man einen herrlichen Blick aufs Meer.
» Wie schön«, sagt Jackie.
» Wunderschön«, bestätigt Blessed.
» Wieso tut so
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