Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Im Schatten der Lüge: Thriller (German Edition)

Im Schatten der Lüge: Thriller (German Edition)

Titel: Im Schatten der Lüge: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alex Marwood
Vom Netzwerk:
möchte sie wissen, ob Amber Angst hat, so wie sie. Und wenn ja, welche Angst ihr am meisten zusetzt: dass Fremde ihr Gewalt antun oder dass das Leben ihrer Angehörigen zerstört werden könnte.
    Der Gedanke an Jim und die Kinder lässt noch mehr Tränen fließen. Seine Liebenswürdigkeit, seine Verwirrung, wenn er mit Täuschung oder Bosheit in Berührung kommt– beides ist sowohl seine größte Stärke als auch seine größte Schwäche. Bei dem Gedanken an seinen Schmerz, an den Verlust der Kinder bekommt sie keine Luft mehr. Er hält sie für einen guten Menschen, dem das Leben übel mitgespielt hat. Sie dagegen weiß in ihrem tiefsten Inneren, dass sie von Grund auf verdorben ist– sein muss–, und sie kann nur eines tun: andere vor dieser hässlichen Wahrheit schützen.
    Sie weint, bis sie erschöpft ist, ihre Schultern schmerzen und die Haut unter den Augen rot und wund ist. Und als sie sich etwas beruhigt hat, als sie glaubt, dass die Gefahr, die Wahrheit in einem zerstörerischen Beichtversuch einfach auszuspucken, vorüber ist, ruft sie ihren Ehemann an.
    » Hallo«, sagt er. » Wo bewahren wir unsere Ersatzbatterien auf?«
    » Oberste linke Schublade in der Garage«, antwortet sie. » Was geht denn nicht mehr?«
    » Jemand hat mal wieder vergessen, seinen Monstertruck auszuschalten.«
    Sie ist müde und abgeschlagen, aber getröstet, dass das alltägliche Leben auch ohne sie weitergeht. » Das muss er wirklich mal lernen.«
    » Tja«, meint Jim, » nur wird er das nicht, weil er keine Motivation dazu hat.«
    » Was meinst du, tun wir dagegen?«
    » Es ihn selber bezahlen lassen?«
    » Von seinem Taschengeld?«
    » Dafür ist es doch da.«
    » Hm.« Sie überlegt. » Er bekommt wirklich nicht genug Taschengeld, um sich Batterien zu kaufen.«
    » Trotzdem. Wie soll er es denn sonst lernen?«, entgegnet Jim.
    Es tut gut, über so etwas Alltägliches zu reden. Selbst die Tatsache, dass sie das Hauptthema– das endlose, Angst erregende Dahinschmelzen ihrer Ersparnisse– umgehen, ist irgendwie tröstlich.
    Ihre Nase ist verstopft, und sie atmet durch den Mund. Sie will sich nicht verraten, indem sie sich die Nase putzt, aber als sie leise schnieft, ist er trotzdem alarmiert. » Alles in Ordnung mit dir?«, fragt er.
    » Ja«, erwidert sie. » Nur müde. Und ich vermiss dich.«
    » Ach, Liebes.« Sie sieht ihn vor sich, wie er auf ihrem großen Ecksofa liegt, die Fersen auf der Rückenlehne, weil sie ja nicht da ist, um dagegen zu protestieren. Um diese Uhrzeit hat er wahrscheinlich seine Brille nicht mehr auf, und seine Augen sind ohne sie groß und verletzlich. » Ich hasse es, wenn du nicht da bist.«
    Jetzt, da er Bescheid weiß, sieht sie keinen Grund mehr, ihre Tränen zu verstecken. Und gönnt sich ein herzhaftes Schneuzen in ein Stück Toilettenpapier.
    » Iiih«, hört sie ihn sagen. » Danke, dass ich daran teilhaben durfte.« Sie muss trotz allem kichern. Wie kommt es, dass sie sich durch einen einzelnen Menschen um so vieles besser fühlt? Was für eine Verantwortung sie ihm damit aufgebürdet hat!
    » Wie ist denn dein Zimmer?«, erkundigt er sich. » Ich möchte mir dich gern dort vorstellen.«
    » Dafür ist es vielleicht noch ein bisschen zu früh, meinst du nicht?«, neckt sie ihn.
    Sie kann sein Lächeln förmlich hören. » Gib mir ein Bild, das ich mit ins Bad nehmen kann.«
    » Na ja.« Sie sieht sich um und versucht etwas zu finden, das sie beschreiben kann. Doch sie hält sich häufig genug in derlei Geschäftshotels auf, um zu wissen, dass sie alle gleich aussehen.
    » Heute hab ich ein Himmelbett mit nackten Frauen an den Pfosten«, informiert sie ihn. Es ist ein uraltes Spiel zwischen ihnen, das sie spielen, seit sie sich kennen.
    » Mein Lieblingsmodell«, erwidert er feierlich. » Hat es Vorhänge?«
    » Selbstverständlich. Aus rotem Samt mit goldenen Säumen.«
    » Raffiniert.«
    » Sexxy«, sagt sie, das x betonend. » Und der Fußboden ist golden. Aus echtem Gold, glaub ich.«
    » Muss ganz schön kalt sein.«
    » Fußbodenheizung. Oh– und außerdem hab ich einen Eiskühler aus Platin.«
    » Nobel«, meint er. » Gibt es Zimmerservice?«
    » Nein, aber ein Bistro.«
    » Ein Bistro?« Sie hört, dass er sich aufsetzt. » Baby, ich setze die Kinder irgendwo ab und komme schnurstracks zu dir. Warum hast du mir nicht gesagt, dass es bei dir ein Bistro gibt?«
    » Geöffnet von zwölf bis einundzwanzig Uhr«, liest sie vom Informationsschild ab. » Da gibt es diverse leckere

Weitere Kostenlose Bücher